reitschuster.de
Boris Reitschuster ist bekannt für seine einseitigen Berichte von der Bundespressekonferenz (BPK). Der Blogger nutze die BPK „als Bühne für Verschwörungsmythen und Fake News“, schrieb die Süddeutsche Zeitung dazu. Im Dezember stellte der Verein BPK fest, Reitschuster erfülle die Voraussetzungen einer Mitgliedschaft nicht mehr – wegen des Firmensitzes außerhalb Deutschlands. Reitschuster legte Widerspruch ein und bleibt darum bis auf weiteres Mitglied. „Beginnt jetzt die ‚Säuberung‘“, fragte Reitschuster darauf auf Telegram und mutmaßte, er und seine Leserschaft sollten „mundtot“ gemacht werden.
Der ehemalige Moskau-Korrespondent des Magazins Focus ist heute Blogger und eine wichtige Quelle für Querdenker, Impfskeptikerinnen und Verschwörungsideologen. Während der Pandemie stieg seine Reichweite rasant. Reitschuster übt sich im Schulterschluss auch mit Kritikern der Corona-Maßnahmen anderer politischer Lager. So preist der Linken-Politiker Diether Dehm im Interview mit reitschuster.de ein „Volksfrontbündnis gegen das Monopolkapital, den Biontech-Clan, die NATO“ – und zeichnet so das Bild einer verschworenen Gruppe, die gegen die Interessen der Bevölkerung herrsche. Dies entspricht ganz dem Grundton des Blogs. Dort wird auch die neue Regierung als antidemokratisch dargestellt. Was das „‚eigentliche Projekt‘“ des Gesundheitsministers sei, fragt Reitschuster etwa in einer Überschrift und fährt mit dem Zitat einer namenlosen Person fort, die meine: „Wenn man die Maßnahmen der Regierung analysiere, bekomme man den Eindruck, es gehe weniger um die Bekämpfung von Corona, als vielmehr um einen Umbau der Gesellschaft und ein Abwickeln der Demokratie hin zu einem autoritären öko-sozialistischen Überwachungs- und Erziehungsstaat nach chinesischem Vorbild“.
Die Rede von einer vorgeblichen Zensur genauso wie die Diskreditierung der Politik als antidemokratisch trägt zur Stimmung gegen „die da oben“ bei, wie sie auch auf radikalisierten Corona-Demos zu beobachten ist – mitsamt Drohungen gegen Politiker und Angriffen auf Journalistinnen. Es hat darüber hinaus etwas Aufwieglerisches, wenn etwa Bodo Neumann in einem Gastbeitrag behauptet, Deutschland betreibe die „Spaltung in eine erschöpfte, verunsicherte Mehrheit und eine Widerstand leistende Minderheit“ als „politisches Mittel“. Denn welchen Schluss soll die Leserschaft daraus ziehen, als selbst die Seite des Widerstands zu wählen? svo