Moni­to­ring Oktober:

Wut­win­ter

Ener­gie­krise, Infla­tion und Sorge vor neuer Armut führen zu zuneh­men­der Unzu­frie­den­heit und Pro­test­stim­mung. Auch anti­de­mo­kra­ti­sche Akteu­rIn­nen und Rechts­rex­treme rufen zum „Wut­win­ter“. In soge­nann­ten „Alter­na­tiv­me­dien“ ist die Pro­test­stim­mung ein großes Thema. Viele sehen sich als Teil des Pro­test­ge­sche­hens. Mit ihren Themen und Nar­ra­ti­vem schlie­ßen die „Alter­na­tiv­me­dien“ an aktu­elle Kri­sen­er­fah­run­gen von Coro­na­pan­de­mie und Ukrai­ne­krieg an und ver­bin­den diese oftmals durch bereits gesetzte Ver­schwö­rungs­er­zäh­lun­gen oder Feindbilder.

Für den anste­hen­den Herbst und Winter rechnen viele mit einer Pro­test­welle, erste Pro­teste gibt es bereits. Anti­de­mo­kra­ti­sche Akteu­rIn­nen nutzen die wach­sende Pro­test­stim­mung für ihre sys­tem­op­po­si­tio­nelle Agenda. „Alter­na­tiv­me­dien“ wie auch Ver­schwö­rungs­ideo­lo­gIn­nen und Rechts­extreme schlie­ßen hierbei an aktu­elle Kri­sen­er­fah­run­gen von Coro­na­pan­de­mie und Ukrai­ne­krieg an. Viel­fach wird gefor­dert, Wider­stand gegen die „Corona-Dik­ta­tur“ zu leisten oder „das System“ zu stürzen. Zu den zen­tra­len For­de­run­gen gehört, in Zeiten des rus­si­schen Angriffs­kriegs die Sank­tio­nen gegen Russ­land zu beenden in der Hoff­nung, so wieder an bil­li­ges Gas zu kommen. Ins­be­son­dere im Osten Deutsch­lands haben die Mobi­li­sie­run­gen eine natio­na­lis­ti­sche Schlag­seite. Zuneh­mend finden sich dort auch ras­sis­ti­sche Posi­tio­nen, die sich unter anderem gegen Geflüch­tete richten. Regel­mä­ßig werden Jour­na­lis­tIn­nen ange­grif­fen. Viel­fach sind in die Mobi­li­sie­rung und Orga­ni­sa­tion rechts­extreme Akteu­rIn­nen involviert.

Sys­tem­op­po­si­tio­nelle Akteu­rIn­nen waren bei den „Coro­na­pro­tes­ten“ und soge­nann­ten „Spa­zier­gän­gen“ erfolg­reich mit der Stra­te­gie, an Unzu­frie­den­heit anzu­knüp­fen und den Unmut für eigene Zwecke zu instru­men­ta­li­sie­ren. Auch in den „Alter­na­tiv­me­dien“ sind die Pro­teste ein großes Thema. Sie werden breit und positiv rezi­piert. Teil­weise wird auf einen „Wut­win­ter“ oder „heißen Herbst“ hin­ge­schrie­ben. Jürgen Elsäs­ser, Chef­re­dak­teur des rechts­extre­men Maga­zins Compact, rief unlängst zu einem Zusam­men­schluss von Ultra­rech­ten, „Quer­den­kern“, „selbst­den­ken­den Linken“ und „alter­na­ti­ven Medien“ auf. Sein Ziel ist eine Quer­front „gegen das System“. Und tat­säch­lich sehen sich nicht wenige „Alter­na­tiv­me­dien“ als Teil des Pro­test­ge­sche­hens. Das ehe­ma­lige Quer­den­ker-Organ Demo­kra­ti­scher Wider­stand etwa agiert als dezi­dier­tes Mobi­li­sie­rungs­blatt, auch dessen Chef Anselm Lenz war zu Gast bei Elsäs­sers Compact-Fest. Und der jüngst nach Deutsch­land expan­dierte öster­rei­chi­sche Ver­schwö­rungs­sen­der Auf1.TV ist zuneh­mend bei Pro­tes­ten präsent.

Alter­na­tiv­me­dien“ und ihre Themen wirken in die Gesell­schaft hinein. Seit Monaten schüren sie mit wach­sen­der Reich­weite Ängste und Unsi­cher­hei­ten und befeu­ern das Miss­trauen gegen­über der Demo­kra­tie und ihren Insti­tu­tio­nen, der Wis­sen­schaft, Politik oder den Qua­li­täts­me­dien. Die Auf­hän­ger sind dabei häufig aus­tausch­bar und schlie­ßen mit­hilfe ver­bin­den­der Metaer­zäh­lun­gen anein­an­der an. So inte­grie­ren viele „Alter­na­ti­vmedien“ die Ener­gie­krise und ihre sozia­len Folgen in bereits gesetzte ver­schwö­rungs­ideo­lo­gi­sche, demo­kra­tie­feind­li­che oder apo­ka­lyp­ti­schen Welt­bil­der. So wird die der­zei­tige Krise, wie schon die Pan­de­mie oder der rus­si­sche Angriff auf die Ukraine, zu einer Station in einem angeb­li­chen Eska­la­ti­ons­sze­na­rio hin zum behaup­te­ten „Great Reset“ oder der „Neuen Welt­ord­nung“. Die für jeden spür­ba­ren Folgen von Infla­tion und stei­gen­den Ener­gie­prei­sen ver­schär­fen die Wir­kungs­macht solcher Unter­gangs­apos­tel und jener, die apo­ka­lyp­ti­sche und beängs­ti­gende Gesell­schafts­sze­na­rien beschwö­ren – diese dienen als Beleg ent­we­der für die angeb­li­che Unzu­läng­lich­keit der Demo­kra­tie oder für die angeb­lich ver­bor­gene Agenda der Eliten. Hier schlie­ßen nicht selten Umsturz­fan­ta­sien oder Aufrufe zum „Wider­stand“ an.

Im Oktober haben wir nach­ge­le­sen, welche Themen die jewei­li­gen „Alter­na­tiv­me­dien“ für die nahe Zukunft setzen. Zumeist sind diese eng ver­knüpft mit den – häufig rechten – Mobi­li­sie­run­gen zu den Herbstprotesten.

P.S.: Mit diesem Moni­to­ring geht unsere monat­li­che Unter­su­chung zu den Inhal­ten der „Alter­na­tiv­me­dien“ vorerst zu Ende. Wir werden jedoch noch einige Debat­ten­bei­träge, Inter­views und Fall­stu­dien ver­öf­fent­li­chen. Falls Sie weiter von uns lesen wollen, können Sie uns auf Social Media folgen und auf der Website vorbeischauen.

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