NachDenkSeiten
Der Krieg gegen die Ukraine ist zentrales Thema auf den NachDenkSeiten seit dem 24. Februar – wobei, das macht Herausgeber Albrecht Müller in einem Kommentar deutlich, die Formulierung „Putins Krieg“, wie sie in einem folgenden Artikel verwendet wird, als „undifferenziert“ zu gelten habe. Es gibt eine gewisse Uneinigkeit auf dem Portal, ob und wie scharf die Invasion zu verurteilen ist. Dennoch herrscht bei vielen Autoren Verständnis und zum Teil gar Rechtfertigung für das Vorgehen des russischen Präsidenten Wladimir Putin vor. Schon am Tag des Kriegsbeginns gibt Autor Jens Berger die Linie vor. Er spricht davon, dass die „Invasion der Ukraine durch russische Truppen“ – darauffolgend als „Militäraktion“ umschrieben – „auch für uns überraschend“ gekommen und „klar zu verurteilen“ sei. Aber andererseits: Letztendlich sei die Invasion in der Ukraine das „traurige Ergebnis einer fehlgeleiteten Eskalationspolitik des Westens“. Anstatt eine dauerhafte Friedensordnung zu entwerfen, habe man Russland eingekesselt und gedemütigt.
Ebenfalls am 24. Februar nennt Oskar Lafontaine, ehemaliger Vorsitzender von SPD und Die Linke, den „Angriffskrieg“ in einem Gastbeitrag einen „brutalen Bruch des Völkerrechts“, der auch durch die „völkerrechtswidrigen Kriege der USA und ihrer Verbündeten“ nicht zu rechtfertigen sei. Lafontaine warnt vor Sanktionen, welche lediglich die „Doppelmoral und Heuchelei“ der westlichen „Lügengemeinschaft“ offenbaren würden. Herausgeber Müller sieht Russland „in die Enge getrieben“. Er skizziert eine Allianz zwischen „transatlantischen Dumpfbacken“ wie Kanzler Olaf Scholz, Außenministerin Annalena Baerbock und CDU-Chef Friedrich Merz, die gemeinsam mit den „weitgehend mit ihnen korrespondierenden Medien“ den Zusammenhang zwischen der Entscheidung Moskaus und dem „Vorlauf transatlantischer und auch militärischer ‚Tätigkeit‘ in der Ukraine“ nicht wahrnehmen wollten.
In unterschiedliche Richtungen weisend und mit jeweils vorsichtiger Distanzierung der Redaktion ragen zwei Texte heraus: Der schottische Aktivist Craig Murray äußerst zwar „großes Verständnis für die russischen Sicherheitsbedenken“, warnt andererseits vor einem Regimewechsel in Kyjiv und der Installierung eines Putin-freundlichen „Marionettenregimes“, das aus seiner Sicht nur durch Autoritarismus und extreme Repression aufrechterhalten werden könne. Tobias Riegel, regelmäßiger Autor der NachDenkSeiten, dagegen liegt voll auf der propagandistischen Linie des Kremls – und möchte den russischen Kriegseinsatz „teilweise als Notwehr einordnen“. m.m.