reitschuster.de
Vielen Fans des Bloggers Boris Reitschuster gefällt nicht, was er seit Ende Februar schreibt. Auf den Kanälen des ehemaligen Russland-Korrespondenten nämlich kann von Putin-Verharmlosung oder der Legende von der Einkreisung Russlands durch die Nato, wie sie von vielen „alternativen“ Medienkanälen verbreitet wird, keine Rede sein. Reitschuster verurteilt die „Kriegstreiberei“ von Putins Russland, schreibt, nichts rechtfertige „einen blutigen Angriffskrieg“ oder bezeichnet die Kreml-Behauptung, die ukrainische Regierung sei eine „durch einen Putsch an die Macht gekommene faschistische Junta“ als „Propaganda“. In seiner Wochenmail erklärt er, warum die russische Propaganda so erfolgreich sei: „weil so zynisch gelogen wird von Moskau und seinen Sprachrohren, weil die Lüge so gigantisch ist, dass sie für jemanden, der kein Russisch kann, kaum zu durchschauen ist – selbst für diejenigen, die durchschaut haben, wie viel Propaganda unsere Medien betreiben“.
Reitschuster war die Pandemie lang nicht müde geworden, mit Suggestivfragen und Halbwahrheiten Misstrauen gegenüber Medien, Politik und Entscheidungsträgerinnen zu schüren. Entsprechend liest sich nun das Unverständnis für seine Putin-kritische Haltung. „Langsam wird’s peinlich“, kommentiert ein Twitter-Follower, „Ich weiß ja nicht ob er hier eine neue Eintrittskarte für die Bundespressekonferenz lösen will“, schreibt Bodo Schiffmann auf Telegram. In zwei Wochen verlor Reitschuster auf Telegram über 15.000 Abonnenten.
Hier zeigt sich, dass das Corona-Narrativ die Bündnisse zwischen den politischen Lagern zwar nicht nachhaltig sichern konnte. Aber Reitschuster wagt einen Spagat. „Der Krieg ist die Fortsetzung der Pandemie“, kommentiert Nutzer BoriS auf Telegram – und macht aus einer angeblich gesteuerten Pandemie einen angeblich inszenierten Krieg. Trotz klarer Haltung zum Krieg gegen die Ukraine wird auch auf reitschuster.de versucht, das Corona-Maßnahmen-Bashing mit dem Kriegsthema zu versöhnen. „Berliner Senat: Flüchtlinge aus der Ukraine schnell gegen Corona impfen. Befremdende Auswüchse des Impfwahnsinns“, heißt es in einer Überschrift und in einer anderen wird der wachsende Hass auf Russen für das passende Corona-Narrativ instrumentalisiert: „Droht jetzt neue Hetze – gegen Russen statt Ungeimpfte?“ Genauso bleibt Raum für radikal antiwestliche oder rechtspopulistische Ressentiments – so spricht Reitschuster im März mit dem rechtsoffenen ehemaligen Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen genauso wie mit Linken-Politiker Diether Dehm, der erzählt, wie Putin sich zum Angriffskrieg habe „provozieren lassen“. svo