Epoch Times
Es ist die Light-Version der Fake News: False Balance, falsche Ausgewogenheit. Ein Musterbeispiel dafür ist der Beitrag „Informationskrieg um Butscha-Massaker“ von Bettina Schwarz, der am 8. April auf Epoch Times erschienen ist. Es ist eine recht bizarre Ansammlung von Berichten zu den mutmaßlichen Kriegsverbrechen in der Stadt nahe Kyjiw – und immerhin zwei Quellen werden zitiert, die von einem russischen Massaker ausgehen. Zum einen das US-Verteidigungsministerium, dessen Sprecher von „Gräueltaten“ spricht. Und zum anderen „ein überlebender Ukrainer“, demzufolge die Truppen des tschetschenischen Machthaber Ramsan Kadyrow in Butscha gewütet hätten.
Die Gegenposition aber wird wesentlich breiter abgebildet und spiegelt die russische Staatspropaganda wieder – zum Beispiel mit Zitaten von Dmitrij Polanskij, Vertreter Russlands bei den UN, des belarussischen Geheimdienstes KGB, einer Erklärung des russischen Militärs, die vom russischen Auslandssender Russia Today (RT) im Wortlaut veröffentlicht wurde, einem RT-Interview mit dem „Ersten Stellvertretenden Informationsminister der Volksrepublik Donezk (DVR), Daniil Bessonow“ und dem Bericht des Kriegsreporters der Komsomolskaja Prawda (eine russische Zeitung, die als Kreml-nah eingeordnet wird). Als weiterer Beleg für die Darstellung des Kremls wird der prorussische Aktivist und selbsternannte „Volksgouverneur“ von Donezk Pawel Gubarew zitiert. All diese Quellen ergeben eine Engführung des Textes hin zu jener Legende, Butscha sei „eine Inszenierung“ mit dem Ziel „medienwirksamer Bilder“ gewesen (wie es Bessonow im Sender RT sagte). Am Ende solcher Berichte, die formal ausgewogen wirken sollen, steht Verwirrung – und der brutal geführte Angriffskrieg wird verharmlost.
Die Linie der Epoch Times ist nicht eindeutig. Tatsächlich bemüht sich das Portal in den vergangenen Wochen seit Beginn des Angriffskriegs am 24. Februar immer wieder auch um journalistische Professionalität. In zahlreichen nachrichtlichen Texten, oft mit internationalen Nachrichtenagenturen wie AFP und dpa als Quellen, wird über den Krieg mit Erklärungen von russischer aber auch ukrainischer Seite berichtet, etwa wenn es um die Kämpfe um den Donbass oder Mariupol geht, Explosionen an der Front oder um die vom russischen Außenministerium behauptete Beteiligung Deutschlands an ukrainischen Biolaboren. Und in einem anderen Beitrag, der am 14. April von der chinesischen Epoch Times übernommen wurde, wird dann auch das Massaker in Butscha klar benannt, nicht nur als „Tragödie“ und „schweres Verbrechen gegen die Menschlichkeit“, sondern mit dem Satz: „Es ist ‚Völkermord‘.“ m.m.