NachDenkSeiten
Verkehrte Welt: Ausgerechnet die NachDenkSeiten, die immer wieder Verschwörungsideologien verbreiten und einer aktuellen Gegneranalyse-Fallstudie zufolge „einseitige Meinungsmache“ betreiben, beklagen „Methoden der Manipulation“ in den Qualitätsmedien. Im Zusammenhang mit der Berichterstattung über den Krieg gegen die Ukraine behauptet Herausgeber Albrecht Müller, solche Methoden würden „ständig“ benutzt. Andere Autoren des Portals beobachten eine „antirussische Kampagne“ und schreiben, die „deutsche Medienlandschaft“ sei beim Thema Ukrainekrieg „endgültig im Rausch“ und an „massiver Propaganda“ beteiligt, die „selbst die Corona-Kampagne übertrifft“. Als Beispiele genannt werden Berichte des Deutschlandfunks, der ARD-Tagesschau, der Welt und des Spiegel. In einem anderen Text heißt es zusammenfassend: „Erstaunlich viele glauben den westlichen Erzählungen.“
Nur ein kleiner Teil der Medienlandschaft wird von dieser Kritik ausgenommen: „einige Alternativmedien“, der in der EU verbotene russische Propagandasender RT, die linksradikale Junge Welt, teilweise auch die Berliner Zeitung sowie Der Freitag. Die Rede ist von „Ausnahmen in dem niederschmetternden Gesamtbild“. Die Erwähnung des Freitag in dieser Aufzählung ist insofern bemerkenswert, weil die Wochenzeitung gerade die Zusammenarbeit mit dem langjährigen Russland-Korrespondenten Ulrich Heyden wegen Kreml-naher Positionierungen einstweilen ausgesetzt hat – der schreibt nun regelmäßig für die NachDenkSeiten. Aktuell unterwegs war Heyden für das Portal Ende März in der international nicht anerkannten „Volksrepublik Donezk“, im „von Russland eroberten Gebiet“. Er berichtet: „Der Blick gleitet über eine friedliche Landschaft mit Hügeln und geeggten Feldern.“ Die Pressereise war vom russischen Verteidigungsministerium organisiert, das alles getan habe, „um Gefahren von uns fernzuhalten“.
Erdrückende Beweise, dass es sich beim Massaker in Kleinstadt Butscha um ein russisches Kriegsverbrechen handelt, ignorieren die NachDenkSeiten. Solche Einschätzungen seien „verfrüht“, die Vorgänge seien „ungeklärt“, und „jede Propaganda und jede Politik“, die auf solchen angeblich „nicht bewiesenen Schuldzuweisungen gegen Russland“ basiere, sei „unseriös“. Der prorussische Kurs zeigt sich auch in der Auswahl der veröffentlichten Leserbriefe. Überwiegend wird dort Verständnis für den Angriffskrieg gegen die Ukraine geäußert. Für die Minderheit erwidert ein Leser: „Das ist doch reine Propaganda à la Kreml! (…) Wozu werden gerade die NDS (NachDenkSeiten, Anm. d. Red.) missbraucht und in welchem Auftrag?“ Albrecht Müller versichert: „Die NachDenkSeiten sind von niemandem beauftragt und werden auch nicht missbraucht. Keiner von uns in der Redaktion hätte das nötig.“ m.m.