„Wir zeigen den fehlenden Teil zum Gesamtbild. Also genau jenen Part, der sonst verschwiegen oder weggeschnitten wird.“ – Mit diesem Anspruch betrat der russische Auslandssender RT 2014 den deutschen Medienmarkt, zunächst mit einem Online-Portal. Russlands weltweite Medienoffensive war eine Antwort auf den Krieg in der Ukraine. RT DE verbreitete die Version der angeblichen Machtergreifung von „Faschisten“ – als Rechtfertigung für Russlands Annexion der Krim. RT sieht sich selbst als eine „Informationswaffe“, wie Chefredakteurin Margarita Simonjan sagte. Ihre Strategie: eine alternative Gegenöffentlichkeit zu schaffen und die „Kämpfer gegen das System“ als Ressource „im nächsten Informationskrieg“ zu nutzen.
Die Berichterstattung zeigt, dass diese Strategie erfolgreich ist. Erst die Flüchtlingskrise, dann der Brexit, aktuell die Corona-Krise: RT DE nutzt die Unzufriedenheit der Menschen und steigert so seine Nutzerzahlen. Rechte Kreise und Pegida-Aktivistinnen, EU-Skeptiker und Kritikerinnen der Corona-Maßnahmen finden bei RT DE eine publizistische Bühne. RT DE steigerte sein Auditorium auf 1,4 Millionen Nutzer im September 2021 und präsentiert sich als „führende alternative Nachrichtenquelle“. Der Verfassungsschutz warnte jedoch vor der Desinformation, die RT DE zu Corona verbreitet.
Auch im November konzentriert sich RT DE auf die Krisen: Flüchtlinge im polnisch-belarussischen Grenzgebiet und die Corona-Pandemie. Die Beiträge kritisieren das harte Vorgehen Polens gegen die Flüchtlinge und sehen ein Versagen der EU-Asylpolitik. Zu Corona verbreitet RT DE, dass die Impfung mit westlichen Vakzinen angeblich schwere Nebenwirkungen und zahlreiche Todesfälle verursachen. RT DE solidarisiert sich mit den „Ungeimpften“ und schürt die Unzufriedenheit mit der Corona-Politik, während in Russland eine Impflicht für manche Berufsgruppen längst existiert. ssp