Querdenken auf Telegram
Es ist der mindestens indirekte Aufruf zum Widerstand. Immer wieder in den vergangenen Tagen verbreitete Querdenken-711, der Telegram-Kanal am Stammsitz der Bewegung mit aktuell rund 55.000 Abonnenten, Reklame für Demonstrationen zum „Freedom Day“, beispielsweise in Stuttgart und in Dresden. Initiator Michael Ballweg wiederholt sein Dogma: „Die Bevölkerung entscheidet, wann die Pandemie vorbei ist.“ Zugleich werden die Anhängerinnen der Bewegung aufgefordert, sich auch juristisch zu wehren – etwa in Auseinandersetzungen um den Genesenenstatus oder um Polizeieinsätze bei „Querdenker“-Protesten. Ballweg erklärt, es sei das „Ziel erreicht“, die „dezentrale Demonstrationsbewegung hat sich verselbstständigt“. Im Umkehrschluss heißt das: Wie die Anhänger der Querdenken-Bewegung die von ihnen verlangte Gegenwehr konkret umsetzen, ist der Kontrolle von ihm und seinen Mitstreitern längst entzogen.
Im Querdenken-Umfeld populär ist beispielsweise die Website www.20–03-freedom.day, auf der, ohne Impressum und ohne Hinweis auf die Urheber, appelliert wird, nach dem 20. März „gemeinschaftlich keine Corona-Maßnahmen mehr zu akzeptieren“– weder Kontaktbeschränkungen noch Maskenpflicht, Impf- oder Testnachweise. Und fast täglich lässt sich im Telegram-Kanal der rechtsextremen „Freien Sachsen“ (fast 148.000 Abonnenten) nachlesen, wie unverhohlen Gewalt angekündigt wird. In Kommentaren dort heißt es, es dürfe „erst nachgelassen werden, wenn SÄMTLICHE Terrormaßnahmen gefallen sind“ und „ALLE, die das Terrorregime stützten und ermöglichten, vor Gericht stehen“. Mit Blick auf Sachsens Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD), gegen die mit einem Fackelmarsch vor ihrem Wohnhaus demonstriert wurde, schreibt ein Anhänger der „Freien Sachsen“: „Die TOTESSTRAFE UND NICHTS ANDERES FÜR DIE ROTE BRUT.“
Doch die Protestbereitschaft ist nicht auf die extreme Rechte beschränkt. Laut einer repräsentativen Studie des Centers für Monitoring, Analyse und Strategie (CeMAS) erklärten 4,3 Prozent aller Befragten, sie seien bereit, auch an illegalen Aktionen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen teilzunehmen. Der Aussage „Die Zeit des friedlichen Widerstandes gegen die Maßnahmen ist vorbei“ stimmten 13,7 Prozent eher bzw. vollkommen zu. m.m.