Behauptungen:
„Die versteckte Agenda“
Das Herunterbrechen der Realität in Verschwörungserzählungen von „Great Reset“ bis „großer Austausch“
Ein Grundmotiv von Verschwörungserzählungen ist die Vorstellung, „die Mächtigen“ folgten einer „versteckten Agenda“ und täuschten die Bevölkerung über ihre wahren Interessen. „Die versteckte Agenda“ ist in einigen Aspekten eine Zuspitzung des Ressentiments von „denen da oben“ (siehe Behauptung „die da oben“).
„Die versteckte Agenda“ hat immer zwei Seiten. Wenn eine Seite täuscht, gibt es auch eine andere, die die Täuschungen durchschaut und ans Licht bringt. Diese Aufgabe übernehmen die „alternativen“ Medien und darum ist die Verkündung der angeblichen Wahrheit genauso wie die Entlarvung von angeblichen Lügen zentral für sie (siehe Behauptung „Systempresse“). Hierin steckt bereits ein grundsätzlicher Dualismus, in dem die einen die Verschwörung durchschauen und die anderen an ihr teilhaben.
Zur „versteckten Agenda“ gibt es eine Vielzahl von Verschwörungserzählungen in verschiedenen Ausprägungen. Häufig ist ihr Ausgangspunkt eine Vorstellung von Fremdherrschaft. So heißt es in einigen „alternativen“ Medien, Deutschland sei kein souveräner Staat (mehr) und werde von „fremden“ Mächten im Land beherrscht, von realen transnationalen Institutionen wie der EU oder gar einer fiktiven Weltregierung. In dieser Verschwörungserzählung finden sich völkische und antisemitische Denkmuster. Eine Nuance hiervon ist die Behauptung, Deutschland tarne sich als Demokratie, sei aber in Wahrheit bereits eine Diktatur („Demokratur“) oder befinde sich auf dem Weg dorthin.
Eine links-konnotierte Variante der „versteckten Agenda“ ist der ressentimentgeladene Antikapitalismus, nach dem die Herrschaft durch verschwiegene globale Kapitalinteressen, deren Lobbygruppen und Vertreterinnen die Unterdrückung und Ausbeutung der Bevölkerung bedingt.
Drei sehr konkrete Verschwörungstheorien haben sich in der jüngeren Vergangenheit besonders verbreitet.
A: „The Great Reset“
Der „Great Reset“ bezeichnet eigentlich eine Initiative des Weltwirtschaftsforum 2020 zur Neugestaltung der Wirtschaft nach der COVID-19-Pandemie. Verschwörungsgläubige verbreiten dazu ein eigenes Narrativ, das dem von der Schaffung einer „Neuen Weltordnung“ ähnelt. Kern der Verschwörung ist die Idee, dass einflussreiche Politikerinnen und die „globalen Finanzeliten“ die COVID-19-Pandemie erfunden hätten, um die wirtschaftliche und politische Kontrolle auf der gesamten Welt zu erringen. Der „Great Reset“ greift auf Elemente der antisemitischen Fantasie einer „jüdischen Weltverschwörung“ zurück.
B „der große Austausch“
„Der große Austausch“ ist ein Kampfbegriff der Neuen Rechten. Diese rassistische und antimuslimische Verschwörungserzählung imaginiert den angeblichen Plan, die weiße Bevölkerung in Deutschland durch Nicht-Weiße und (vor allem männliche) Muslime zu ersetzen. Dabei wird davon ausgegangen, dass Einwanderung und Flucht gezielt herbeigeführt würden, um „die Deutschen“ zu verdrängen oder eine deutsche oder aber europäische Kultur zu vernichten. Während der COVID-19-Pandemie trat die Rede vom „großen Austausch“ eher in den Hintergrund.
C „Transhumanismus“
Der „Transhumanismus“ ist eine Verschwörungserzählung, die den Menschen als solchen berührt. Sie geht davon aus, dass es einen Plan gebe, die Menscheit durch z. B. Gentechnik, Digitalisierung und KI, ganz konkret durch die COVID-19-Impfung oder aber ideologische Einflussnahme durch angebliche „Gender-Propaganda“ (siehe Behauptung „Gender-Gaga“) grundlegend umzuprogrammieren. Dies sei die Voraussetzung, um Menschen zur reinen Verfügungsmasse „fremder“ Interessen etwa der „Globalisten“ und ihrer wirtschaftlichen Ziele werden zu lassen. Insbesondere durch die COVID-19-Pandemie und die Argumente von Impfgegnerinnen hat sich diese Verschwörung verbreitet.