Monitoring September:
Klima-Diktatur
„Klima-Propaganda“, „Klima-Diktatur“, „Mega-Blackouts“ – in „Alternativmedien“ sind die Berichte über Klima- und Energiekrise eng miteinander verwoben und oft auch mit weiteren apokalyptischen Botschaften aufgeladen.
Um die Realität des Klimawandels selbst geht es dabei kaum. Vielmehr dienen Klimapolitik oder das Reizwort „Klima“ wie schon Corona oder der Krieg gegen die Ukraine als Beleg für die Behauptung, eine elitäre Gruppe nutze herbeigeredete Krisenszenarien, um ihre Interessen gegen die Bevölkerung durchzusetzen, sie zu kontrollieren oder zu unterjochen.
Einige „Alternativmedien“ verbreiten seit einiger Zeit, dass die – angeblich geplante oder überdramatisierte – Pandemie dazu gedient habe, die Bevölkerung gefügig zu machen. Auf diese Weise ließen sich nun klimapolitische Maßnahmen leichter durchsetzen: Lebenswandel, Ernährung, Mobilität, Wohnen. Das Ringen um mögliche Wege durch die Klimakrise wird umgedeutet in einen Plan zur Umerziehung und „linksgrünen“ Ideologisierung. Für viele ProtagonistInnen stehen die Verantwortlichen auch für Teuerungen fest: die Grünen und (linke) Klimaaktivistinnen.
Die Emotionen schlagen hoch. Denn von der derzeitigen Energiekrise sind alle betroffen. Unzufriedenheit und Protestbereitschaft sind entsprechend groß. Und Proteste etwa gegen Mehrbelastungen und wachsende Ungleichheit gehören zur Demokratie. Sie sind wichtige Formen der politischen Teilhabe und bieten die Möglichkeit, Einfluss auf die Politik zu nehmen. Antidemokratischen AkteurInnen wie Rechtsextreme, VerschwörungsideologInnen, aber auch „Alternativmedien“ nutzen diese Proteststimmung für ihre systemoppositionelle Agenda und Umsturzpläne. Mit dieser Instrumentalisierung waren sie bereits in der Coronapandemie erfolgreich.
Extremismusforscher Andreas Zick rechnet für die „Querdenker“-Szene mit einer „Reorganisation, die sich im Herbst bemerkbar machen wird“. Alte Feindbilder würden durch neue ersetzt: Gegen „alle, die lokal oder im Land ‚Eliten‘ darstellen“. Auch „Alternativmedien“ integrieren die Energie- und Klimakrise problemlos in ihre verschwörungsideologischen, elitenfeindlichen oder apokalyptischen Weltbilder. Die Debatten um Versorgungssicherheit oder die Inflation gelten ihnen als Bestätigung ihrer Darstellungen. Die alarmierende Beschwörung: Auf den „Covid-Lockdown“ folge der „Klima-Lockdown“.
Und während der Klimawandel zumeist als Panikmache abgetan wird, werden aus den „Alternativmedien“ selbst Ängste geschürt – oft mit rassistischen Narrativen. Einmal ist die Rede von angeblich durch die Klimapolitik benachteiligten Deutschen, mal vom angeblichen Plan zur „Deindustrialisierung“ Deutschlands. Die Herabwürdigung der Demokratie als „(Klima-)Diktatur“ ist dabei eine viel gebrauchte populistische Strategie. Diese Infragestellung der Demokratie und ihrer Grundlagen lässt Aufrufe zum „Widerstand als Pflicht“ konsequent erscheinen. Das antidemokratische Mobilisierungspotential für Herbst und Winter ist entsprechend groß.
Was ausgewählte Gegenmedien im September rund um das Thema „Klima-Diktatur“ und Energiekrise schrieben, können Sie hier lesen.