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05 Apr.: Fall­stu­die 4: RT DE

RT DE wurde 2014 als deutsch­spra­chiger Ableger des rus­si­schen Staats­sen­ders RT gegrün­det. Der Sender folgt der poli­ti­schen Agenda des Kreml. Auf­grund von Aus­stat­tung und Reich­weite kommt RT DE im Feld der „Alter­na­tiv­me­dien“ eine Son­der­rolle als eine Art Leit­me­dium zu. Hierbei werden ver­schie­de­ne Metho­den der Des­in­for­ma­tion, ver­zerrte und falsche Dar­stel­lun­gen genutzt. Im März 2022 wurde die Ver­brei­tung von RT euro­pa­weit ver­bo­ten, der Sender ist aber weiter erreichbar.

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17 Nov.: Fall­stu­die 3: Auf 1

Der Online­sen­der aus Öster­reich ver­brei­tet Ver­schwö­rungs­ideo­lo­gien, Coro­na­ver­harm­lo­sung, anti­se­mi­ti­sche Codes und Ras­sis­mus. Damit erreicht er über die rechts­extreme Nische hinaus ein immer brei­te­res Publikum.

27 Okt.: Compact

Seit 2010 erscheint das als rechts­extrem eige­stufte Hoch­glanz­ma­ga­zin Compact – aktuell mit einer Auflage von monat­lich (nach eigenen Angaben) rund 40.000 Exem­pla­ren. Beglei­tet wird das Magazin von the­ma­ti­schen Son­der­edi­tio­nen, einer Web­seite mit zusätz­li­chen Online-For­ma­ten, einem Youtube-Kanal, zwei Tele­gram-Gruppen und Kanälen in den Sozia­len Medien. Der Ver­fas­sungs­schutz bezeich­nete Compact als einen „ideo­lo­gi­schen Super­sprea­der, der Ver­schwö­rungs­theo­rien eine milieu­über­grei­fende Platt­form bietet, sie bündelt, ver­stärkt und ziel­ge­rich­tet weiterverbreitet“.

Inhalt­lich bedient Compact regel­mä­ßig auch im Kontext aktu­el­ler Debat­ten Ver­schwö­rungs­nar­ra­tive und völ­kisch-natio­nale Erzäh­lun­gen. Gleich­zei­tig ringt das Magazin um eine breite Anschluss­fä­hig­keit. So wirbt die Oktober-Ausgabe mit einem „Winnetou“-Bild und dem Titel „Staats­feind Win­ne­tou – Wie die Helden unserer Jugend aus­ge­löscht werden”. Beides sind Anspie­lun­gen auf die jüngst geführte Debatte um den Umgang mit ras­sis­ti­schen Motiven in Karl Mays “Winnetou”-Literatur und deren Ver­fil­mun­gen – in der emo­tio­nal geführ­ten Dis­kus­sion ging es sowohl um mediale Reprä­sen­ta­tion und kul­tu­relle Aneig­nung, als auch um eine Kritik an nost­al­gisch auf­ge­la­de­ner Kultur, die von Vielen schmerz­lich oder gar als Zensur erlebt wurde. Im Leit­ar­ti­kel „Staats­feind Win­ne­tou“ schließt sich Compact-Autor Sven Eggers dem Vorwurf der Zensur an und über­führt ihn in den Kontext der Coro­na­pro­teste und des soge­nann­ten „Heißen Herbst“: „Es reicht! Viele Deut­sche sind empört. Hinter die Maske gezwun­gen, zum Frieren ver­don­nert und jetzt auch noch genö­tigt, Karl May (1842 – 1912) zu ächten? Nein! Jetzt erst recht!“ wettert Eggers und ver­mischt damit drei unter­schied­li­che, auf­ge­la­dene Themen. So wird der Ein­druck erweckt, es gehe jeweils darum, den Deut­schen gegen ihren Willen etwas auf­zu­zwin­gen. So nutzt er die Empö­rung der Win­ne­tou-Debatte für die Mobi­li­sie­rung von wei­te­ren, bereits gesetz­ten Res­sen­ti­ments und Feindbildern.

Vor dem Hin­ter­grund der Schar­nier­funk­tion des rechts­extre­men Maga­zins und Elsäs­sers wie­der­hol­ten Aufruf zum gemein­sa­men Protest von Rechten und Linken wird Compact oftmals als Quer­front­ma­ga­zin bezeich­net – ein Nar­ra­tiv, das für die Selbst­in­sze­nie­rung des Maga­zins eine zen­trale Rolle spielt. So lobt Autor Sven Reuth im Online-Text „Prag: Quer­front-Demo gegen Ener­gie­preise“ eine Demons­tra­tion in Prag mit 70.000 Demons­trie­ren­den im Sep­tem­ber, auf der sowohl Rechte wie Linke ver­tre­ten gewesen seien. Er schreibt: „Es ist der erste ganz große Weckruf eines euro­päi­schen Volkes gegen die von den eigenen poli­ti­schen Eliten her­bei­ge­führte Ener­gie­preis­explo­sion.“ In der beschrie­be­nen Demo sieht er bereits den von rechten Akteu­ren pro­pa­gier­ten „heiße(n) Herbst“ rea­li­siert. Im Artikel „Es geht nicht mehr um Ideo­lo­gien“ der aktu­el­len Print­aus­gabe spielt Chef­re­dak­teur Jürgen Elsäs­ser darauf an, wenn er schreibt: „Wenn wir einen Heißen Herbst wollen, dann müssen wir mit den Gangs­tern in unserer Regie­rung Tsche­chisch reden.“ Er fordert ein „breite(s) Bündnis aus dem Volk – unge­ach­tet ideo­lo­gi­scher Tren­nun­gen aus der Ver­gan­gen­heit“. Als Teil dieser Bewe­gung sieht er extreme Rechte von Björn Höcke bis Martin Sellner, Quer­den­ker, Linke wie Oskar Lafon­taine und Sahra Wagen­knecht sowie soge­nannte „alter­na­tive“ Medien „mit dem Flagg­schiff Compact an der Spitze“. KW

26 Okt.: R​T​ D​E

RT DE bleibt im Oktober seiner Linie treu, in Deutsch­land den Zusam­men­bruch des Systems zu pro­phe­zeien und den Unmut der Bürger zu schüren. Mit wei­te­rem Verlauf des Ukraine-Kriegs werden die Töne aller­dings immer schril­ler. Viele Texte haben die Stoß­rich­tung, die Wut der Men­schen auf die Sank­tio­nen zu lenken. Dabei wird Russ­lands Rolle als Ver­ur­sa­cher des Krieges und Aggres­sor aus­ge­blen­det. „Ein System, das auf Angst basiert, ist zum Schei­tern ver­ur­teilt“, titelte RT DE etwa und meint damit das gesell­schaft­li­che und poli­ti­sche Gefüge. Der gesell­schaft­li­che Zusam­men­halt und eben dieses System würden sich „weiter nach und nach in Luft auf­lö­sen“. Autor Tom Well­b­rock führte aus: „Im Osten Deutsch­lands zeich­net sich etwas ab, das das Poten­tial zu großem, flä­chen­de­cken­dem Wider­stand hat.“ Die Unzu­frie­den­heit nehme zu, weil die Bürger Angst hätten, ihre Meinung öffent­lich zu sagen und ihre Kritik nicht ernst genom­men werde, behaup­tet Well­b­rock. Er sieht das „Ende einer Wohl­stands­ge­sell­schaft“ gekom­men. Die Ursache dafür seien „fatale poli­ti­sche Ent­schei­dun­gen“, womit er vor allem die „ver­meint­li­che Soli­da­ri­tät mit der Ukraine“ meint.

RT DE steht an der Seite der Pro­teste, die sich gegen die Sank­tio­nen gegen Russ­land und Regie­run­gen richten. Über Demons­tra­tio­nen in Frank­reich und Deutsch­land wird wohl­wol­lend berich­tet. Die Sank­tio­nen werden als Ursache der Ener­gie­krise dar­ge­stellt, wenn es bei­spiels­weise heißt: „Diese (die Sank­tio­nen, Anm. d. Red.) schla­gen wie ein Bume­rang zurück: Es droht eine Ener­gie­krise bedingt durch Gas­knapp­heit.“ Dies ist eine sehr eigen­wil­lige Inter­pre­ta­tion, da Gas nicht zu den von der EU sank­tio­nier­ten Gütern gehört. Die Rolle des Ener­gie­kon­zerns Gazprom, der bis Ende August 2022 die Gas­lie­fe­run­gen dros­selte und dann kom­plett ein­stellte, wird nicht erwähnt: Die Gas­knapp­heit wurde von Gazprom mit Rücken­de­ckung der Putin-Führung gezielt her­bei­ge­führt. Mit zahl­rei­chen Bei­trä­gen wird nun die „Ener­gie­ar­mut in Deutsch­land“ beschrie­ben und die Unzu­frie­den­heit der Men­schen geschürt. Für Russ­land hin­ge­gen ist die Rolle des Opfers vor­ge­se­hen, wenn RT DE-Autorin Dagmar Henn bei­spiels­weise über phi­lo­so­phiert, dass die „Feind­se­lig­keit Russen gegen­über“ an „die Beschrei­bung schwar­zer Sklaven“ erin­nere. ssp

25 Okt.: reitschuster.de

Die Umwand­lung einer frei­heit­li­chen Demo­kra­tie in eine Gesin­nungs­ge­sell­schaft“ – dies drohe derzeit laut Boris Reit­schus­ter in Deutsch­land. In einem Inter­view mit der Zeitung Junge Frei­heit, einem Sprach­rohr der Neuen Rechten, erläu­terte er: „Meine Angst ist, dass wir die realen Gefah­ren völlig unter­schät­zen. Weil wir ganz im Bann einer Ver­gan­gen­heit mit Kon­zen­tra­ti­ons­la­gern stehen und immer auf das kata­stro­phale Maximum starren und deshalb ver­ges­sen, daß Auto­ri­ta­ris­mus nicht erst dort anfängt.“ Dass die Frei­heit nicht „schlag­ar­tig“ sondern „meist stück­chen­weise stirbt“, würden wir deshalb nicht sehen, so der Corona-Blogger.

Boris Reit­schus­ter war Moskau-Kor­re­spon­dent des Focus und machte sich in den ver­gan­ge­nen Jahren als Stich­wort­ge­ber für Quer­den­ker, Impf­skep­ti­ke­rin­nen und Ver­schwö­rungs­gläu­bige einen Namen. Mit irre­füh­ren­den Framings etwa erweckt er den Ein­druck, dass Imp­fun­gen gefähr­li­cher seien als eine Covid-Infektion.

Sein Ste­cken­pferd ist noch immer die Kritik an Coronamaß­nah­men und das Anzwei­feln der Wirk­sam­keit von Imp­fun­gen, die der Blogger häufig in den Kontext einer angeb­lich geschei­ter­ten Regie­rung stellt. Die der­zei­ti­gen Demons­tra­tio­nen, die ins­be­son­dere im Osten Deutsch­lands von einer Viel­zahl rechts­extre­mer Akteu­rIn­nen beglei­tet werden und Themen auch vor­he­ri­ger Bewe­gun­gen auf­neh­men, beschreibt er ent­spre­chend positiv. „Der Protest rich­tete sich gegen hohe Preise, die Corona-Politik, den Ukraine-Krieg und die Ener­gie­po­li­tik“, so Reit­schus­ter. Unter dem Titel „90.000 Men­schen gingen gegen die Regie­rung auf die Straße ...und unsere Medien ver­schwei­gen es eisern“ unter­stellt er eta­blier­ten Medien, diese Zahlen – gesam­melt wie­derum von der Jungen Frei­heit, wie Reit­schus­ter lobt – zu unter­schla­gen. Eine Erklä­rung liefert er auch: Dem sei so, weil die Pro­teste sich „nicht gegen die Kri­ti­ker der Regie­rung, sondern gegen die Regie­rung selbst“ rich­te­ten – „Also so, wie das mal üblich war, bevor Angela Merkel unser Land in einen demo­kra­ti­schen Tief­schlaf ver­setzte und eine schlei­chende DDR-isie­rung einsetzte.“

Direkte Aufrufe zu Demons­tra­tioen gibt es nicht. Dennoch geht das Blog häufig auf die Demons­tra­tio­nen ein, betont deren Wich­tig­keit und Größe. Und auch im ver­link­ten Shop kann man sich mit Hoodies, Fahnen und Demo-Merch mit der Auf­schrift „Herbst 2022 – Ich glaub es geht schon wieder los…“, „Spa­zier­gän­ger“ oder „Game Over“ eindecken.

Ver­ächt­lich­ma­chun­gen des Gesell­schafts­sys­tems von „DDR-isie­rung“ über „Gesin­nungs­ge­sell­schaft“ bis „regie­rungs­treue Medien“ sowie Halb­wahr­hei­ten, die im Kontext der Pro­teste Stim­mung gegen Medien, Politik und Ent­schei­dungs­trä­ge­rin­nen machen, schlie­ßen direkt an jene Nar­ra­tive an, die Reit­schus­ter während der Pan­de­mie groß machten. Ob „Wie weit will Karl Lau­ter­bach noch gehen?“, „Steht schon bald die Impf-Polizei vor der Tür?“ oder „Die nächste Ver­schwö­rungs­theo­rie bewahr­hei­tet sich. Nach ‚Grund­im­mu­ni­sie­rung‘, ‚voll­stän­di­ger Impfung‘ und ‚Booster‘ kommt jetzt das Impf-Abo!“ – auf Tele­gram sind die Coro­nabei­träge wei­ter­hin die beliebtesten.

Ein anderes, einst sehr prä­sen­tes Thema, sucht man indes ver­geb­lich. Der rus­si­sche Angriffs­krieg, den der ehe­ma­lige Moskau-Kor­re­spon­dent beinah als Solitär der „Alter­na­tiv­me­dien“ und zum Unmut vieler Fol­lower, kon­se­quent ver­ur­teilte, kommt nur noch am Rande vor. svo

24 Okt.: Auf1

Der öster­rei­chi­sche Online­ka­nal Auf1.tv ver­steht sich als “der erste wirk­lich zu 100% unab­hän­gige und alter­na­tive TV-Sender im deutsch­spra­chi­gen Raum”. Seit 2021 ver­brei­tet er über seine Web­seite, Youtube und Tele­gram täglich Bei­träge im Nach­rich­ten­stil. Inhalt­lich bedie­nen sich die Bei­träge regel­mä­ßig Ver­schwö­rungs­er­zäh­lun­gen, sowie völ­ki­scher und extrem rechter Nar­ra­tive. Ein Format, das schein­bar Erfolg hat: Auf Tele­gram ver­bucht der gut ein Jahr alte Sender über 220.000 Abon­nen­ten – Tendenz stei­gend. In Öster­reich werden Auf1-Bei­träge auch über den Lokal­sen­der RTV im Fern­se­hen aus­ge­strahlt. In den letzten Monaten expan­dierte der Sender unter Chef­re­dak­teur Stefan Magnet, der für seine Ver­bin­dun­gen in die rechts­extreme Szene bekannt ist, nach Deutsch­land. Seit Juli gibt es eine Ber­li­ner Redak­tion mit Martin Müller-Mertens, ehe­ma­li­ger TV-Chef des rechts­extre­men Compact-Maga­zins, als Haupt­stadt-Kor­re­spon­den­ten. Aber auch auf der Straße wird Auf1 sicht­ba­rer. Im August star­tete der Sender eine Wer­be­kam­pa­gne mit LKW-Bannern mit der Auf­schrift „Hier rollt die Medien-Revo­lu­tion“, die laut eigener Angabe für zwölf Monate durch Öster­reich und Deutsch­land fahren sollen. Und auch bei den Pro­tes­ten in Deutsch­land sind immer wieder Luft­bal­lons und Plakate des Senders zu sehen.

Ist im ver­gan­ge­nen Jahr die Coro­na­pan­de­mie Haupt­thema gewesen, zeich­nen aktuell immer mehr Bei­träge Kata­stro­phen­sze­na­rien, die zur Blau­pause für den Protest gegen ein angeb­lich dys­funk­tio­na­les poli­ti­sches System in Deutsch­land und Öster­reich werden. Der Beitrag “Kata­stro­phen­schutz: Ist Deutsch­land über­haupt auf irgend­ei­nen Ernst­fall vor­be­rei­tet?” zum Bei­spiel beschreibt ein hypo­the­ti­sches Kriegs­sze­na­rio in Bild und Ton, dem die deut­sche Regie­rung nicht gewach­sen sei und folgert: “Im Kriegs­fall wäre Deutsch­land genauso schlecht dran wie ein Ent­wick­lungs­land“. Es gebe zu wenige Bunker und man­gelnde medi­zi­ni­sche Not­fall­struk­tur, deso­late kri­ti­sche Infra­struk­tur, Mangel an Nah­rungs­not­re­ser­ven und Not­brun­nen. „Und dafür trägt der Deut­sche mit die höchste Steu­er­last der Welt. Das ist nicht nur eine Schande, sondern beschwört gera­dezu sprich­wört­lich Kata­stro­phen herauf.” Auch Inter­views mit ver­meint­li­chen Exper­ten wie “Obmann der Obdach­lo­sen Hilfs­ak­tion: ‚Die Armut steigt rasant an!‘“ und “Gerald Grosz: ‚Regie­rung führt Wirt­schafts­krieg gegen eigene Bevöl­ke­rung‘“ (via Exrem­news) warnen vor Sze­na­rien wie Mas­sen­ar­beits­lo­sig­keit und mas­sen­haf­ter Ver­ar­mung. Im Inter­view “Eike Hamer: ‚Mas­sen­ar­beits­lo­sig­keit kommt – im nächs­ten oder über­nächs­ten Jahr!‘“ setzen Eike Hamer und Mode­ra­tor Bern­hard Riegler eine mög­li­cher­weise bevor­ste­hende Infla­tion in den Kontext des „Great Reset“ – ein unter Ver­schwö­rungs­gläu­bi­gen ver­brei­te­tes Sze­na­rio, das eine poli­tisch orches­trierte gesell­schaft­li­che Umge­stal­tung beschreibt. Hamer ver­bin­det diese Ver­schwö­rung mit dem Willen zum Wider­stand, er sagt: “Diese Leute (der Mit­tel­stand, d. A.) werden sich – meines Erach­tens – radi­ka­li­sie­ren. Warum? Weil diese Krise eben nicht von Gott gegeben kommt, sondern bewusst, aktiv und wis­sent­lich von der Politik aus Berlin und Brüssel her­bei­ge­führt ist”.

All diese Bei­träge bedie­nen Ängste um aktu­elle Debat­ten zu stei­gen­den Energie- und Lebens­hal­tungs­prei­sen im Zusam­men­hang mit den Wirt­schafts­sank­tio­nen gegen Russ­land und lenken sie gegen bereits ein­ge­führte Feind­bil­der – ein Thema, das diesen Herbst und Winter die Coro­na­pan­de­mie zur Mobi­li­sie­rung erset­zen und die Bildung einer neuen Quer­front, wie sie ins­be­son­dere von rechter Seite bewor­ben wird, befeu­ern kann. Der Auf1-Beitrag “‘Rechts­extrem – na und?‘: Deu­tungs­ho­heit wird zuneh­mend in Frage gestellt” lässt Demons­tran­ten von rechter und linker Seite zu Wort kommen, wirbt aber zwi­schen den Zeilen für eine Ver­bin­dung beider. Im Text zum Video heißt es: “Um Pro­teste zu dif­fa­mie­ren, nutzt das Polit- und Medi­en­kar­tell Tot­schlag­be­griffe wie rechts­ra­di­kal, um Unbe­darfte von einer Teil­nahme abzu­hal­ten. Doch spä­tes­tens mit dem Wider­stand gegen das Corona-Régime ver­lo­ren der­ar­tige Beschimp­fun­gen, ihre ein­schüch­ternde Wirkung, nicht zuletzt deshalb weil rechts zu sein, ja schließ­lich nichts unan­stän­di­ges ist.“ KW

17 Okt.: Nach­Denk­Sei­ten

Zuletzt wurde von Rechts­extre­men wie dem Compact-Chef Jürgen Elsäs­ser zum „Wut-Winter“ zu einem Schul­ter­schluss von Ultra­rech­ten, „Quer­den­kern“ und soge­nann­ten „alter­na­ti­ven Medien“ bis zu „selbst­den­ken­den Linken in der geis­ti­gen Rich­tung von Sahra Wagen­knecht“ auf­ge­ru­fen. Wie ver­hal­ten sich Portale mit linker His­to­rie wie die Nach­Denk­Sei­ten vor dem Hin­ter­grund einer mög­li­chen Pro­test­welle gegen Regie­rungs­po­li­tik und Ukraine-Krieg zu einer solchen mut­maß­li­chen Querfront?

Von der Groß­de­mons­tra­tion mit der AfD am 8. Oktober in Berlin, bei der die Kam­pa­gne „Unser Land zuerst!“ gestar­tet wurde, kom­men­tierte das Blog nicht. Florian Warweg indes, der vom rus­si­schen Pro­pa­gan­da­me­dium RT DE zu den Nach­Denk­Sei­ten gesto­ßen ist, berich­tete aus­führ­lich über einen von linken Gruppen orga­ni­sier­ten Protest „Für Heizung, Brot und Frieden“ am 5. Sep­tem­ber in Berlin, bei dem auch die Linken-Bun­des­tags­ab­ge­ord­nete Sevim Dağ­de­len vor der Grünen-Par­tei­zen­trale auftrat. Warweg zitiert Dağ­de­len mit den Worten: „Manch­mal sagen sie, wir sind Rechte, manch­mal sagen sie, wir sind ‚Putin-Trolle‘. Wir sind nichts von dem. Wir sind Demo­kra­ten, die hier das Recht auf Ver­samm­lungs­frei­heit prak­ti­zie­ren und gegen die Ampel-Regie­rung protestieren.“

Mehr­fach gaben die Nach­Denk­Sei­ten zuletzt auch einem „Forum für Demo­kra­tie und Frei­heit“ eine Bühne – einer Gruppe, die in Plauen im Vogt­land Demons­tra­ti­ons­züge gegen die Energie-Politik orga­ni­siert und laut Medi­en­be­richt ein Ende der „bös­ar­ti­gen Sank­tio­nen“ gegen Russ­land fordert. Im Oktober zitierte das Portal die Akti­vis­tin Moreen Thümm­ler, eine Hei­ler­zie­hungs­pfle­ge­rin: „Die über Jahr­zehnte auf­ge­bau­ten Mauern sind noch in vielen Köpfen vor­han­den, Ost-West, Links-Rechts. Wir sind vor allem eins: Men­schen! Eine Gemein­schaft!“ Schon im August hieß es in einem Beitrag auf den Nach­denk­sei­ten affir­ma­tiv, Thümm­ler habe mit ihrer Rede in Plauen die Zuhörer berührt.

Was die Nach­Denk­Sei­ten nicht erwäh­nen: Der Haupt­or­ga­ni­sa­tor der Gruppe, David Thiele, wertet das demo­kra­ti­sche System als solches ab, indem er über Par­teien sagt, sie seien „gene­rell beschis­sen und zum Kotzen“, „geis­ti­ger Müll“, „Gift“ und würden die Gesell­schaft spalten. Zu den 21 Zielen des Forums gehört auch die For­de­rung nach Auf­lö­sung des Bun­des­ta­ges und der Bun­des­re­gie­rung. Auch soll die Gruppe nach einem Bericht des MDR die Mehr­heit des Bun­des­ta­ges als „Volks­ver­rä­ter“ bezeich­nen, bei den Pro­tes­ten wurden auch Fahnen der rechts­extre­men Klein­par­tei „Freie Sachsen“ gezeigt. Während die Nach­Denk­Sei­ten der Gruppe ein Podium bietet, beob­ach­tet etwa das Kul­tur­büro Sachsen bei den Plaue­ner Pro­tes­ten und den Orga­ni­sa­to­ren „klare Reichsbürger-Rhetorik“.

Lob spenden die Nach­Denk­Sei­ten regel­mä­ßig Sahra Wagen­knecht, der frü­he­ren Vor­sit­zen­den der Linken-Bun­des­tags­frak­tion – für ihre Posi­tio­nen jen­seits der Partei-Linie.

Während die Nach­Denk­Sei­ten sich lange gegen rechte Posi­tio­nen und die AfD abge­grenzt haben, finden nun auch Posi­tio­nen der rechts­ra­di­ka­len Partei Zustim­mung. Nach der Nie­der­sach­sen-Wahl im Oktober beton­ten die Nach­Denk­Sei­ten, die AfD habe als einzige Partei die Posi­tion der Bun­des­re­gie­rung zu Ukraine-Krieg und Russ­land-Sank­tio­nen „im Kern kri­ti­siert“, deshalb solle man den Wählern der Partei „nicht ihre demo­kra­ti­sche Gesin­nung abspre­chen“. Jens Berger schrieb in einem Kom­men­tar, „die Frem­den­feind­lich­keit und die reak­tio­nä­ren Wer­te­vor­stel­lun­gen der AfD“ seien „schlimm“. Rhe­to­risch fragte er: „Aber ist eine Politik, die auf einen nuklea­ren Holo­caust in Europa zusteu­ert, nicht sogar noch schlim­mer?“ Und müsste nicht auch der Erfolg der „Kriegs­trei­ber­par­tei“ Die Grünen Anlass zur Sorge geben? In der „exis­ten­zi­el­len Frage“ rund um Ukraine-Krieg und Russ­land-Sank­tio­nen jeden­falls liefere die AfD „eine pro­gres­sive frie­dens­po­li­ti­sche Antwort“ und habe damit „ein Allein­stel­lungs­merk­mal“.  Schon im April hatte Berger eine Bun­des­tags­rede des AfD-Poli­ti­kers Alex­an­der Gauland, in der es um die Lie­fe­rung von Waffen an die Ukraine ging, als „Höhe­punkt der Debatte“ gelobt. Sein Text war über­schrie­ben: „Diese Rede hätten wir gerne vom Bun­des­kanz­ler gehört – doch sie kam von Alex­an­der Gauland“. m.m.

17 Okt.: Demo­kra­ti­scher Widerstand

Der Demo­kra­ti­sche Wider­stand mobi­li­siert seine Anhän­ger zu zahl­rei­chen Pro­test­ak­tio­nen im bevor­ste­hen­den „Wut­herbst“. Dabei ent­zün­det sich der Zorn der Redak­tion tra­di­tio­nell an der Gesetz­ge­bung zur Corona-Krise. Die Zeitung wird von den Orga­ni­sa­to­ren der „Hygie­ne­de­mos“ in Berlin her­aus­ge­ben. Der Titel vom 17. Sep­tem­ber etwa bedient das Nar­ra­tiv von der Elite, die ihre Herr­schaft gegen das Volk ausübt, wenn es heißt „Deutsch­land sagt ‚Nein‘ zum Putsch­ge­setz von Pharma- und Kriegs­lobby“. Das Anti-Corona-Nar­ra­tiv wird hier mühelos mit dem Vorwurf der Kriegs­trei­be­rei an die Adresse der deut­schen Regie­rung ver­bun­den – unter Aus­las­sung der rus­si­schen Aggres­sion. Chef­re­dak­teur Anselm Lenz sieht in einem Kom­men­tar die Ähn­lich­keit des Infek­ti­ons­schutz­ge­set­zes mit Geset­zen von 1933, mit deren Hilfe die Natio­nal­so­zia­lis­ten Deutsch­land in einen tota­li­tä­ren Staat verwandelten.

Aktuell wird auch die Unzu­frie­den­heit der Men­schen über Infla­tion und stei­gende Ener­gie­preise genutzt. Der Demo­kra­ti­sche Wider­stand soli­da­ri­siert sich dabei mit rus­si­schen Posi­tio­nen zum Krieg gegen die Ukraine. Demnach ist nicht Russ­lands Angriff auf die Ukraine Ursache der Krise, sondern die gegen Russ­land ver­häng­ten Sank­tio­nen. „Die Erkennt­nis, dass wir von unseren Regie­run­gen bewusst mit selbst­er­zeug­ten Krisen in die Armut und Abhän­gig­keit getrie­ben werden, ist bei vielen Men­schen noch nicht ange­kom­men“, schreibt Autorin Nadine Strot­mann. Aller­dings: „Immer mehr Men­schen spüren in der selbst­ge­mach­ten Ener­gie­krise, dass die Sank­tio­nen nicht Putin schaden, sondern uns.“ Dies ist ein wenig ver­klau­su­lier­ter Hinweis auf die Anfang Sep­tem­ber begin­nen­den Pro­teste wie in Leipzig – als Auftakt zum „heißen Herbst“.

Die Redak­tion des Demo­kra­ti­schen Wider­stands übt demons­tra­tiv den Schul­ter­schluss mit rechten Kreisen, etwa wenn AfD-Poli­ti­ker wegen ihrer Teil­nahme an den Pro­tes­ten vor dem Bun­des­tag am 8. Sep­tem­ber als „Die letzten Demo­kra­ten“ im Titel eines Berichts gewür­digt werden. Die Ausgabe vom 30. Sep­tem­ber erscheint mit der Warnung auf schwar­zem Grund: „Stop! Oder ich werde rechts.“ Ein Bündnis von rechten und linken Kräften wurde vor allem von rechter Seite bewor­ben. Beim Som­mer­fest des rechts­extre­men Maga­zins Compact war auch Chef­re­dak­teur Anselm Lenz ein­ge­la­den. Compact-Chef­re­dak­teur Jürgen Elsäs­ser führte in seiner bei Youtube hoch­ge­la­de­nen Rede aus, dass die Pro­teste noch wir­kungs­vol­ler würden, wenn sich der rechts­extreme Flügel der AfD um Björn Höcke mit linken Kräften um Sahra Wagen­knecht sowie Anselm Lenz und den Quer­den­kern ver­bän­den. ssp

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27 Sep.: Klima-Dik­ta­tur

Alter­na­ti­vmedien“ inte­grie­ren die Energie- und Kli­ma­krise pro­blem­los in ihre ver­schwö­rungs­ideo­lo­gi­schen, eli­ten­feind­li­chen oder apo­ka­lyp­ti­schen Weltbilder.

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31 Aug.: Moni­to­ring September

Klima-Alar­mis­mus“, „Klima-Dik­ta­tur“, „Mega-Black­outs“ – in „Alter­na­tiv­me­dien“ sind die Berichte über Klima- und Ener­gie­krise ver­wo­ben und auch mit wei­te­ren apo­ka­lyp­ti­schen Bot­schaf­ten ver­bun­den. Um den Kli­ma­wan­del selbst geht es selten, die Ene­grie­krise erscheit statt­des­sen als Blau­pause für anti­de­mo­kra­ti­sche Mobi­li­sie­run­gen. In diesem Monat schauen wir uns an, was zur „Klima-Dik­ta­tur“ geschrie­ben wird.

31 Aug.: Uncut-News

Auf den Coro­na­krieg folgt der Kli­ma­krieg: Die Regie­run­gen schaf­fen neue Krisen, um mit sinn­lo­sen Maß­nah­men die Bevöl­ke­rung zu drang­sa­lie­ren und ihre eigene Macht zu fes­ti­gen – das ist das Nar­ra­tiv, das beim Schwei­zer Nach­rich­ten-Blogs Uncut-News zum Kli­ma­schutz ver­brei­tet wird. Der Tele­gram-Kanal hat im Sep­tem­ber 88.800 Abon­nen­ten, Dut­zende Posts am Tag führen meist auf die Website – und von dort oft weiter auf andere Quellen. Der Schwei­zer Her­aus­ge­ber ver­spricht „unab­hän­gige News und Infos“. Die nament­lich nicht genann­ten Pro­du­zen­ten der Seite bezeich­nen sich selbst als über­par­tei­lich und finan­zie­ren sich durch Spenden.

Der Beitrag „Stell Dir vor, es ist Wet­ter­krieg – und keiner merkt’s“, zuerst erschie­nen im Dude­WEb­log, einer Platt­form, die auch Ver­schwö­rungs­er­zäh­lun­gen ver­brei­tet, spricht von einem „hybri­den Krieg“ gegen die Bevöl­ke­rung: „Wenn du tech­nisch dazu in der Lage bist, das Wetter als Waffe zu miss­brau­chen und es geheim bleiben soll, dann musst du den Men­schen erklä­ren, dass es einen Kli­ma­wan­del gibt“, heißt es auf einem Bild des Bei­trags unter dem Pseud­onym Capricornus.

Ein anderer eben­falls über­nom­me­ner Beitrag pro­gnos­ti­ziert, dass die „Covid-Lock­downs zu Klima-Lock­downs werden“. Darin erläu­tert der US-ame­ri­ka­ni­sche Autor Doug Casey im Inter­view, dass „die COVID-Hys­te­rie als her­vor­ra­gen­des Mittel erwie­sen hat, um die Öffent­lich­keit überall in Angst und Schre­cken zu ver­set­zen. Ver­ängs­tigte Men­schen fordern ‚starke‘ Führer und strenge Kon­trol­len. Das ist ein Geschenk des Himmels für die Art von Men­schen, die in die Regie­rung gehen und nach einem Vorwand suchen, um sich selbst zu erhöhen und mehr Macht zu erlan­gen.“ Der Beitrag ist auf der Uncut-News-Website in den Kate­go­rien „Bevöl­ke­rungs­kon­trolle“ und „Neue Welt­ord­nung“ erschie­nen. Er stützt demnach die Ver­schwö­rungs­er­zäh­lung, wonach die Mäch­ti­gen im Hin­ter­grund eine neue Welt­ord­nung schaf­fen und Krisen nutzen, um die Men­schen zu kon­trol­lie­ren. Doug Casey wird als „legen­dä­rer Inves­tor“ vor­ge­stellt, der erklärt, wie die Leser ange­sichts dieser Bedro­hun­gen „über­le­ben können“. Das Inter­view wurde zuerst auf Caseys Blog „Inter­na­tio­nal Man“ ver­öf­fent­licht. Casey bezeich­net sich selbst als Best­sel­ler-Autor und liber­tä­ren Phi­lo­so­phen. ssp

31 Aug.: R​T​ D​E

Trotz EU-Sank­tio­nen, welche die Ver­brei­tung aller RT-Inhalte euro­pa­weit ver­bie­ten, ist der rus­si­sche Aus­lands­sen­der weiter erreich­bar. Such­ma­schi­nen zeigen die Web­sei­ten mit neuen URLs an, der Live­stream des TV-Pro­­­­gramms ist mit VPN zugäng­lich. Der deutsch­spra­chige Ableger RT DE agi­tiert seit langem gegen Kli­ma­schutz­maß­nah­men. Im Fokus der Kritik stehen die Partei der Grünen und Akti­vis­ten wie Greta Thun­berg. Diese Akteure würden so etwas wie einen neuen „Kult“ schaf­fen, dabei aber die Inter­es­sen der Men­schen ver­nach­läs­si­gen, so der gängige Vorwurf. In dem Beitrag „Es ist ein Kult! Klima, Gender, Migra­tion – der grüne Tanz ums goldene Kalb“ etwa wird den Grünen vor­ge­wor­fen, „eine neue Ersatz­re­li­gion, bestehend aus Angst, Repres­sion, Buße und Erlö­sung“ zu schaf­fen. RT-Autor Kaspar Sachse schreibt: „Wer heute die Grünen wählt ‘bekommt‘‚ in erster Linie zwei Dinge: 1. Höhere Preise auf Strom, Sprit, Flug­rei­sen, Fleisch- und Lebens­mit­tel, 2. Tota­li­ta­ris­mus, Unfrei­heit und jede Menge per­sön­li­che Ein­schrän­kun­gen“. Die Bürger, so wird gespie­gelt, würden aber trotz­dem die Grünen wählen, da sie und die Kli­ma­ak­ti­vis­ten ihnen Angst machten und mit ihrer „grünen Heils­lehre“ Erlö­sung versprächen.

Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine schürt RT DE Ängste, indem es den Nie­der­gang Deutsch­lands pro­phe­zeit und die Nutzer mit über­zo­ge­nen Kri­sen­sze­na­rien ver­un­si­chert. Ange­sichts der Krise seien Kli­ma­ziele zweit­ran­ging, so die Bot­schaft. Über den Grünen Land­wirt­schafts­mi­nis­ter Cem Özdemir wurde berich­tet, er habe sich „trotz des infolge der Corona-Pan­de­mie und des Kriegs in der Ukraine dro­hen­den Zusam­men­bruchs der Lebens­mit­tel­ver­sor­gung in Deutsch­land gegen eine Abkehr von den Klima- und Natur­schutz­zie­len aus­ge­spro­chen.“ RT DE titelte: „Özdemir: „Hunger ist kein Argu­ment für Abstri­che bei Bio­di­ver­si­tät und Kli­ma­schutz“. Damit sug­ge­riert RT DE, dass der Grünen-Poli­ti­ker bei seiner Kli­ma­schutz­po­li­tik das Leiden der Men­schen bil­li­gend in Kauf nehme.

Scharf kri­ti­siert wird auch der eben­falls grüne Wirt­schafts­mi­nis­ter Robert Habeck mit seinen Bemü­hun­gen, neue Ener­gie­quel­len für Deutsch­land zu erschlie­ßen und die Abhän­gig­keit von rus­si­schem Gas zu besei­ti­gen. Es ist offen­sicht­lich, dass diese Politik den Inter­es­sen Russ­lands als Ener­gie­ex­por­teur ent­ge­gen­läuft. Rainer Rupp, RT-Autor und ehe­ma­li­ger DDR-Spion, bei­spiels­weise pole­mi­sierte jüngst gegen Habeck – mal als „grüne(n) Rus­sen­has­ser“, mal als „grüne(n) Klima-Ideologe(n)“. Seine Reise nach Katar sei ein „Riesen-Flop“, der Besuch in Kanada eine „ähn­li­che Luft­num­mer“, schrieb Rupp. ssp

31 Aug.: Rubikon

Rubikon ist ein eher linkes Portal. Doch wenn es um die Kli­ma­po­li­tik geht, ähnelt seine Masche ver­schwö­rungs­ideo­lo­gi­schen Platt­for­men, die der radi­ka­len Rechten zuzu­ord­nen sind. Auch bei Rubikon werden Corona und der Kli­ma­wan­del in viel­fa­cher Weise mit­ein­an­der ver­wo­ben. Es ist eine enge Bezie­hung, die auch Mat­thias Quent, Chris­toph Richter und Axel Sal­hei­ser in ihrem neuen Buch „Kli­ma­ras­sis­mus“ fest­stel­len, das sich mit dem Kampf der Rechten gegen die öko­lo­gi­sche Wende befasst. Dort heißt es in der Ein­lei­tung: „Ihnen zufolge beruhen die frei­heits­ein­schrän­ken­den Maß­nah­men auf geziel­ter ‚Plan­de­mie‘ und sind Teil eines grö­ße­ren Plans zur Ein­füh­rung einer ‚Kli­ma­dik­ta­tur‘“.

Bei Rubikon ist in Bei­trä­gen aus den ver­gan­ge­nen Monaten einer­seits mit Blick auf Corona die Rede von einer „Fake-Pan­de­mie“, ander­seits mit Blick auf die Kli­ma­krise von einer „Klima-Droh­ku­lisse“. Das Virus sei „nie eine echte Bedro­hung für die Gesell­schaft“ gewesen, die Krise ledig­lich „insze­niert“, heißt es. Die „Pan­de­mie­er­zäh­lung“ ist in dieser Logik nur eine Ideo­lo­gie. Sie sei, „wie das Bei­spiel Corona zeigt, ein her­vor­ra­gen­des Mittel, um die Men­schen bereit­wil­lig, ja enthu­si­as­tisch ihrer eigenen Ver­skla­vung ent­ge­gen gehen zu lassen“. Auch mit Blick auf die Kli­ma­krise wird von einer „Ideo­lo­gie des Kli­ma­schut­zes“ gespro­chen, die von inter­na­tio­na­len Orga­ni­sa­tio­nen wie dem Welt­wirt­schafts­fo­rum aus­ge­ge­ben werde. In einem Ende August erschie­ne­nen Text mit der Über­schrift „Der falsche Fokus“ heißt es: „Seit Jahren werden wir mit der Hor­ror­vi­sion eines apo­ka­lyp­ti­schen Kli­ma­wan­dels gefüt­tert, die uns direkt in den Kata­stro­phen­mo­dus führt.“ An anderer Stelle ist die Rede von Umwelt- und Kli­ma­schüt­zern, die „eine grüne Dik­ta­tur pro­pa­gie­ren“. In einem im Sep­tem­ber 2022 erschie­ne­nen Text unter der Über­schrift „Ideo­lo­gie und Wirk­lich­keit“ wird die Pan­de­mie dann in eine Reihe gesetzt mit anderen „großen Erzäh­lun­gen“ wie Affen­po­cken, Kli­ma­wan­del, Krieg oder Infla­tion, alles letzt­lich also „Ideo­lo­gien“, bei denen „beson­dere Acht­sam­keit geboten sei“, ver­folg­ten Sie doch „genau diesen Zweck: Macht und Herr­schaft über die breite Masse, die unter­wor­fen und ver­sklavt werden soll.“ Aus dem rus­si­schen Angriffs­krieg gegen die Ukraine wird in dieser Kreml-nahen Pro­pa­ganda von Rubikon fol­ge­rich­tig ein „ganz und gar nicht umwelt­freund­li­cher Krieg in der Ukraine gegen Russ­land“.  m.m.

31 Aug.: Anti-Spiegel

Schon vor Jahren gab der Macher des Anti-Spiegel, Thomas Röper, die Linie vor. „Men­schen­ge­mach­ter Kli­ma­wan­del: Wie einig ist sich die Wis­sen­schaft wirk­lich?“ fragte er in einem Aufsatz Anfang 2020 auf Anti-Spiegel. Und kam zu dem Schluss, dass die Kli­ma­de­batte die „erfolg­reichste Pro­pa­ganda-Kam­pa­gne in der Geschichte der Mensch­heit“ sei. Den Deut­schen würden Mil­li­ar­den aus der Tasche gezogen, um die Ener­gie­wende, den Kli­ma­pakt und die För­de­rung der Elek­tro­au­tos zu finan­zie­ren. Eine „auf Unwahr­hei­ten basierende(n), jahrelangen(n) Medi­en­kam­pa­gne“ würde dazu führen, dass Deut­sche selbst höhere Steuern auf CO2 fordern würden.

Diese Erzäh­lung wird ohne jede Ein­schrän­kung immer wieder fort­ge­schrie­ben. Im Juli 2022 schrieb Röper über den „Kli­ma­wan­del als Geschäfts­mo­dell“. Er wies dabei dem US-ame­ri­ka­ni­schen Unter­neh­mer Bill Gates eine füh­rende Rolle zu, der 2015 einen „ganzen Strauß von Orga­ni­sa­tio­nen gegrün­det“ habe, die sich dem „‘Kampf gegen den Kli­ma­wan­del‘“ ver­schrie­ben hätten. Die Gän­se­füß­chen sind hier wichtig, denn: „Beim angeb­li­chen Kampf gegen den angeb­lich men­schen­ge­mach­ten Kli­ma­wan­del ging es nie um den Kli­ma­wan­del, es ging nur um Geld. Und zwar um richtig viel Geld.“ Es wird der Anschein erweckt, dass die Dring­lich­keit des Kli­ma­wan­dels stra­te­gisch ein­ge­setzt werde – etwa durch „Panik-Studien der Klima-Lob­by­is­ten“, von denen sich noch keine bewahr­hei­tet habe.

Bestä­tigt sieht sich das Kreml-freund­li­che Portal Anti-Spiegel in seinen Thesen durch die ver­schärf­ten Sank­tio­nen gegen Russ­land nach Beginn des völ­ker­rechts­wid­ri­gen Angriffs­krie­ges gegen die Ukraine, ein „Wirt­schafts­krieg gegen Russ­land“, wie Röper im Mai in einem Text unter der Über­schrift „Hurra, Putin hat den Kli­ma­wan­del abge­schafft!“ meint – ähnlich übri­gens wie die Linken-Poli­ti­ke­rin Sahra Wagen­knecht. Eins zu eins gibt der Anti-Spiegel eine eigens über­setzte Analyse der rus­si­schen Nach­rich­ten­agen­tur TASS wieder. Demnach führe ein in der EU dis­ku­tier­tes Embargo für rus­si­sches Öl und Gas dazu, dass schäd­li­che CO2- und Methan­emis­sio­nen in der Atmo­sphäre zunehmen.

In Deutsch­land adres­siert Röper die Kritik vor­nehm­lich an die Grünen, die er, wie es im Juli in einer Über­schrift hieß, für „poli­ti­sche Lügner“ hält, die „alle Masken fal­len­ge­las­sen“ hätten. Ihren Einsatz gegen den CO2-Ausstoß der Koh­le­kraft­werke hätten die Grünen seit Beginn des Ukraine-Krieges gestri­chen, „denn nun setzen sie im Kampf gegen Russ­land wieder auf Koh­le­kraft­werke“. Offen wirbt Röper für den Pipe­lin­e­gas-Handel mit Russ­land: „Das rus­si­sche Gas lässt sich trotz aller Traum­tän­ze­rei, die in Medien und Politik ver­brei­tet wird, auf Jahre nicht erset­zen, ohne den Koh­le­ver­brauch zu erhöhen. Ent­we­der glauben die Grünen ihre eigene Geschichte vom CO2-gemach­ten Kli­ma­wan­del selbst nicht, oder sie sind bereit, die Welt und Mil­lio­nen oder gar Mil­li­ar­den von Men­schen zu opfern, um gegen Putin vor­zu­ge­hen.“ m.m.

31 Aug.: Auf1

Der öster­rei­chi­sche Online-Kanal Auf1.TV hat seit Juli auch eine Redak­tion in Berlin. Ihr Haupt­stadt-Kor­re­spon­dent ist Martin Müller-Mertens, der zuvor Chef­re­dak­teur von Compact-TV beim rechts­extre­men Magazin Compact war. Im Inter­view mit Auf1-Chef­re­dak­teur Stefan Magnet, der durch seine Kon­takte in die rechte Szene Öster­reichs bekannt ist, attes­tiert er der deut­schen Politik einen „extrem bekla­gens­wer­ten Zustand“. Dazu zählt er auch die deut­sche Ener­gie­po­li­tik und rät: „Sie könnten natür­lich Nord Stream 2 öffnen. Sie könnten die für Deutsch­land kata­stro­pha­len Sank­tio­nen gegen Russ­land beenden.“ Dahin­ter steckt eine Mobi­li­sie­rungs­kam­pa­gne gegen die befürch­te­ten Ener­gie­preis­er­hö­hun­gen, die gegen­wär­tig u.a. von rechts­extre­men, alter­na­ti­ven und ver­schwö­rungs­gläu­bi­gen Medien unter dem Kampf­be­griff „heißer Herbst“ betrie­ben wird.

Auch Auf1 bespielt dieses Thema regel­mä­ßig und ver­bin­det es mit zum Teil ras­sis­ti­schen Falsch­mel­dun­gen und Angst­ma­che. So warnt der Beitrag „Alles für den Klima-Wahn: Deut­sche sollen in WGs und Mas­sen­un­ter­künf­ten wohnen“ vor einer Woh­nungs­not in Deutsch­land und einer „mas­sen­haf­ten“ Ein­wan­de­rung von Migran­ten und Geflüch­te­ten, die der deut­schen Bevöl­ke­rung ihre Wohn­räume weg­neh­men würden. Deut­sche würden fortan von „Kli­ma­wan­del­pro­pa­gan­dis­ten“ gezwun­gen, sich räum­lich zu ver­klei­nern und mit anderen zusam­men­zu­zie­hen. So heißt es im Beitrag: „Oma und Opa, die alleine leben, sollten am besten raus aus ihrem Ein­fa­mi­li­en­häus­chen und rein in die WG-Käfige, damit kin­der­rei­che Migran­ten­fa­mi­lien in ihr Eigen­heim ein­zie­hen können.“ Dahin­ter stecke ein soge­nann­ter „Klima-Kom­mu­nis­mus“, mit dem, wie es im Begleit­text heißt, auch im Bereich des Wohnens der „Great Reset im Eil­tempo umge­setzt“ werde.

Solche Nar­ra­tive schlie­ßen an die Erzähl­tra­di­tion von rechten und „alter­na­ti­ven“ Medien an, Kli­ma­ak­ti­vis­ten und grüne Poli­ti­ke­rin­nen als Feind­fi­gu­ren zu sti­li­sie­ren und in zum Teil völ­ki­sche Ver­schwö­rungs­er­zäh­lun­gen wie „Great Reset“, „Gleich­schal­tung“ und den „Großen Aus­tausch“ der deut­schen Bevöl­ke­rung ein­zu­bin­den. So bezeich­net Mode­ra­tor Bern­hard Riegler in den „Nach­rich­ten AUF1 vom 13. Sep­tem­ber 2022“ die Gefahr der glo­ba­len Erd­er­wär­mung als „Unfug“. Dies sei eine Erzäh­lung der „Sys­tem­me­dien“, die zur Bildung von „gewalt­tä­ti­gen und kri­mi­nel­len Öko-Mobs“ geführt habe. Diese Klima-Akti­vis­ten führten „einen regel­rech­ten Par­ti­sa­nen­krieg gegen die eigene Bevöl­ke­rung“. Eine wie­der­keh­rende Feind­fi­gur ist dabei die Akti­vis­tin Greta Thun­berg. Aber auch sie sei eigent­lich fremd­ge­lenkt von den „Draht­zie­hern“ hinter ihr, fährt Riegler fort und resü­miert: „Europa liegt unter dem Bann einer von Glo­ba­lis­ten gesteu­er­ten, zuneh­mend radi­ka­ler agie­ren­den Klima-Sekte, die drauf und dran ist, das Wohl aller zu zer­stö­ren. Wenn diesem Treiben einer fana­ti­schen, fern­ge­steu­er­ten Min­der­heit nicht Einhalt geboten wird, werden bald Men­schen­le­ben in Gefahr sein.“ KW

31 Aug.: Compact

Das auf­la­gen­starke Magazin Compact ver­brei­tet monat­lich rechts­extreme Erzäh­lun­gen und Ver­schwö­rungs­my­then. „Klima“ ist dabei ein wie­der­keh­ren­des Thema, das zumeist Kli­ma­ak­ti­vis­ten und grüne Poli­ti­ke­rin­nen zu poli­ti­schen Gegnern stilisiert.

So zeigt das Cover der Sep­tem­ber-Ausgabe mit dem Titel­thema “Heißer Herbst – Warum die Regie­rung Angst vor dem Volk hat” den Poli­ti­ker Robert Habeck hinter den als Gitter erschei­nen­den Zinken einer Heu­ga­bel mit geball­ten Fäusten kon­fron­tiert. Im Leit­ar­ti­kel beschwört Chef­re­dak­teur Jürgen Elsäs­ser einen Herbst voller Pro­teste und ver­weist dabei in abschät­zi­gem Ton auf Aus­sa­gen der Grünen Außen­mi­nis­te­rin: „Anna­lena Baer­bock ist nicht die hellste Kerze auf der Torte. Aber sie ist ein guter Sensor für Stim­mun­gen, die andere an sie her­an­tra­gen und die sie dann mit ihrem naiven Pfann­ku­chen­ge­sicht­chen wei­ter­plap­pert.“ Damit bezieht er sich auf Baer­bocks Hinweis auf mög­li­che Auf­stände im Kontext der Ener­gie­krise. An einer Stelle beschwört Elsäs­ser die berech­tigte „Angst der Regie­rung vor dem Volk“, die die Ener­gie­krise nicht in den Griff bekomme, an anderer die „auf­fla­ckernde Panik des Regimes“. Bisher stehe die noch in keinem Ver­hält­nis zu den Pro­tes­ten. „Und doch könnte sich die Situa­tion schlag­ar­tig ändern, wenn die Tem­pe­ra­tu­ren fallen und die Preise weiter steigen“, pro­phe­zeit Elsäs­ser. Wenig besänf­ti­gend kon­sta­tiert er weiter: “Niemand in Deutsch­land müsste im Winter frieren, wenn die Bun­des­re­gie­rung Nord Stream 2 öffnen würde”. Dass viele es angeb­lich doch müssten, lege allein daran, dass die “BRD-Eliten stur bei ihrem Nein bleiben”. Im Vorwort ordnete Elsäs­ser diese her­auf­be­schwo­re­nen Pro­teste noch einmal ideo­lo­gisch ein: „Gut möglich, dass sich die Quer­front ganz spontan auf der Straße zusam­men­fin­det.“ Gemeint sind damit keine klas­sisch linken oder kli­ma­ak­ti­vis­ti­schen Demons­tra­tio­nen, sondern ver­mut­lich so etwas wie eine Fort­set­zung der Coronaproteste.

Auch Mode­ra­to­rin Ste­pha­nie Eck­hardt wertet im Compact-TV-Beitrag “Wahn­sinn: Klima-Irre wollen Gas­an­la­gen spren­gen!” Kli­ma­ak­ti­vis­mus ab. Innen­mi­nis­te­rin Nancy Faeser iden­ti­fi­ziert sie als poli­ti­sche Geg­ne­rin: Sie habe sich zwar kri­tisch gegen­über diesem radi­ka­len Akti­vis­mus geäu­ßert, sei aber „ansons­ten den Links­ra­di­ka­len sehr zugetan”. Im wei­te­ren Verlauf ringt der Beitrag um die Dis­kurs­ho­heit beim Thema Ener­gie­ver­sor­gung in Deutsch­land und Protest – Politik und Umwelt­ak­ti­vis­ten soll das Feld nicht über­las­sen werden. Jürgen Elsäs­ser und TV-Chef Paul Klemm etwa dis­ku­tie­ren, was Compact und Kli­ma­be­we­gung ver­binde, aber auch radi­kale Pro­teste von Umwelt­ak­ti­vis­tin­nen. Klemm kommt schnell zu dem Schluss, dass trotz zum Teil gemein­sa­mer Inhalte hinter Kli­ma­ak­ti­vis­mus eine ganz andere Gefahr stecke: “Diese Leute, die da demons­triert haben, die wollen ja weder das Gas aus Russ­land noch das Gas von anderswo. Die wollen die kom­plette wirt­schaft­li­che Selbst­zer­stö­rung Deutsch­lands.” Elsäs­ser stimmt ein. Das Enga­ge­ment der Kli­ma­ak­ti­vis­tin­nen sieht er als eine “außer­par­la­men­ta­ri­sche Mobi­li­sie­rung der Irren“, die Grünen selbst in der “Rolle des nütz­li­chen Idioten”.  All dies ordnet Elsäs­ser in eine mit Ver­schwö­rungs­nar­ra­ti­ven gespickte große Erzäh­lung ein: “Der Main­stream der Eliten, zu dem auch jetzt Habeck und die mit­re­gie­ren­den Grünen gehören, die wollen den Sieg des Westens in der Kon­fron­ta­tion mit dem Osten, vor allem mit Russ­land und China. Dem wollen die andere Dinge unter­ord­nen, wie zum Bei­spiel Kli­ma­ziele. Aber der radi­kale Flügel, wozu die außer­par­la­men­ta­ri­schen Gue­ril­la­grup­pen gehören, die ihre Freunde im Spiegel haben. Die wollen den Unter­gang der gesam­ten west­li­chen, weißen Zivi­li­sa­tion”. KW

Preview_Fallstudie2

25 Aug.: Fall­stu­die 2: Compact

Durch kon­junk­tu­relle The­men­set­zun­gen und Ver­schwö­rungs­er­zäh­lun­gen ver­bin­det Compact poli­ti­sche Milieus. Dabei werden Themen auf Feind­bil­der zuge­spitzt und rechts­extreme Inhalte normalisiert.

24 Aug.: reitschuster.de

Gender-Fragen sind eines der Kern­the­men des Blog­gers Boris Reit­schus­ter. Sowohl in eigenen Kom­men­ta­ren als auch in auf seinem Blog ver­öf­fent­lich­ten Gast­bei­trä­gen schlägt sich der frühere Focus-Kor­re­spon­dent in Moskau klar auf die Posi­tion der Gegner:innen des Gen­derns. Erst vor wenigen Tagen durfte dort der Klein­ver­le­ger Kai Rebmann, ein ehe­ma­li­ger Poli­ti­ker u.a. für die Partei Bibel­treuer Chris­ten, wo überall ein ver­meint­li­cher „Krieg der Gen­der­stern­chen“ geführt werde – bei­spiels­weise in öffent­li­chen Ver­wal­tun­gen, an Uni­ver­si­tä­ten und im öffent­lich-recht­li­chen Rund­funk. In München solle die „höchst umstrit­tene (…) Gen­der­spra­che“ ver­wen­det oder gar Teil der Aus­bil­dung werden, schrieb Rebmann, und an anderer Stelle, „Gender-Ideo­lo­gen“ würden an ver­schie­de­nen Uni­ver­si­tä­ten nach dem „‘Prinzip Ein­schüch­te­rung‘“ ver­fah­ren. Und: „Wie so oft ist es auch bei der Dis­kus­sion um das Gen­der­stern­chen eine Min­der­heit, die der Mehr­heit ihren ideo­lo­gi­schen Willen auf­zu­zwin­gen versucht.“

Der Text reiht sich in Reit­schus­ters Blog ein in gene­relle Kritik an Initia­ti­ven für mehr Diver­si­tät und Gleich­be­rech­ti­gung – ob es nun um die zum Chris­to­pher-Street-Day im Juli über dem Reichs­tags­ge­bäude gehisste Regen­bo­gen­flagge geht, die Geschlechts­an­glei­chung von Min­der­jäh­ri­gen oder geschlech­ter­ge­rechte Sani­tär­an­la­gen an Uni­ver­si­tä­ten. Dass der Deut­sche Fuß­ball­bund nicht-binären und Trans-Fuß­bal­ler: innen erlaubt habe zu wählen, ob sie im Frauen- oder Män­ner­sport spiel­ten – oder, wie es auf reitschuster.de heißt „ihr Geschlecht frei wählen“ zu dürfen – mache ihn zum „Woke­ness-Welt­meis­ter“, wie Reit­schus­ter auf Twitter zusam­men­fasst. Rebmann, der sich bei diesem Thema beson­ders enga­giert, empört sich in einem wei­te­ren Gast­bei­trag mit dem Titel „Der Fußball im Schwitz­kas­ten der Ideo­lo­gen“, dass der Fuß­ball­ver­ein FC St. Pauli den Gen­der­stern neu­er­dings auf dem Trikot trägt.

Bemer­kens­wert ist, wie Reit­schus­ter sich beim Thema „Gender“ regel­mä­ßig gegen die Sprin­ger-Presse posi­tio­niert. Hier geht es zum Bei­spiel um die Ent­schei­dung von Ralf Schuler, seinen Posten als Leiter der Bild-Par­la­ments­re­dak­tion abzu­ge­ben – nach eigener Aussage auch gegen einen „zu unkri­ti­schen Umgang“ des Kon­zerns mit der LGBTQ-Bewe­gung „und eine Rich­tungs­ent­schei­dung der Füh­rungs­etage, sich auf die Seite der Queer-Akti­vis­ten zu schla­gen“. Reit­schus­ter feiert Schuler als „eine[n] der wenigen stand­haf­ten Felsen in der fast alles über­schwem­men­den Bran­dung des rot­grü­nen Hal­tungs­jour­na­lis­mus“, bietet ihm „jour­na­lis­ti­sches Asyl“ auf seinem Blog an. Tage später wirft er der Bild-Zeitung plumpes Framing vor. Die Zeitung hatte ein queer-feind­li­ches Trans­pa­rent von Rostock-Fans gegen „Gen­der­scheiß“ bei einem Heim­spiel von Hansa Rostock gegen den FC St. Pauli zum Thema gemacht. Was bitte an diesem Plakat ‚schwu­len­feind­lich‘ sein solle, fragte Reit­schus­ter auf Twitter. „Viele Homo­se­xu­elle haben die Nase genauso gestri­chen voll von der #Gen­der­agenda wie Heteros. Man kann diese Kritik teilen oder nicht. Aber ver­bie­ten? Wieso mani­pu­liert die #Bild ihre Leser mit so einem plumpen Framing?“

In einem Text über den angeb­li­chen „Great Reset“ schreibt Reit­schus­ter, „große Teile der Wirt­schaft bzw. der wirt­schaft­li­chen Elite (…) wollen im Schul­ter­schluss mit linken Akti­vis­ten die Welt umbauen“. Um diese These zu stützen, schlägt er den großen the­ma­ti­schen Bogen, in dem das Thema „Gender“ eine beson­dere Rolle spielt: „Was nicht in die eigene Ideo­lo­gie und das Welt­bild passt, was den Plänen für eine ‚strah­lende Zukunft‘ im Wege steht, das darf nicht sein. Gewalt-Pro­bleme mit Zuwan­de­rern aus fremden Kul­tur­krei­sen und Kri­sen­ge­bie­ten werden deshalb als Phan­ta­sien von ‚Nazis‘ ver­drängt. Ebenso wie die Tat­sa­che, dass es eben genau zwei bio­lo­gi­sche Geschlech­ter gibt. Oder das offen­sicht­li­che Schei­tern der Ener­gie­wende.“ Reit­schus­ter sieht u.a. in der Geschlech­ter­frage einen „Angriff auf die Grund­la­gen unserer Kultur (…) ins­be­son­dere die Tra­di­tio­nen, und hier vor allem wie­derum die Familie“. Eng ver­bun­den mit der These vom „Great Reset“ ist die Ver­schwö­rungs­theo­rie vom „Trans­hu­ma­nis­mus“, einer angeb­lich von Eliten vor­an­ge­trie­be­nen Ent­mensch­li­chung. Diese Theorie lässt Reit­schus­ter anklin­gen, wenn er schreibt: „Es geht – wieder einmal – um die Schaf­fung eines neuen Men­schen. Dazu müssen die kul­tu­rel­len, reli­giö­sen, ja und vor allem auch die geschlecht­li­chen Wurzeln des Ein­zel­nen auf­ge­bro­chen werden – um ihn zu einer Bio­masse zu machen, aus der sich der neue Mensch formen lassen kann.“

Kai Rebmann sorgt sich beim Thema „Gender“ nicht nur um Sprach­ge­brauch, wie sein Artikel auf reitschuster.de mit dem Titel „Medien feiern 10-jäh­ri­ges Trans­gen­der-Model – Die Per­ver­sion der west­li­chen Welt“ zeigt. Die Bemü­hun­gen für Gleich­be­rech­ti­gung indi­vi­du­el­ler Geschlech­ter­iden­ti­tä­ten wertet er hier als „Indok­tri­nie­rung und Unter­wer­fung der Gesell­schaft in der west­li­chen Welt“. Mit solchen Äuße­run­gen bedient er das Bild von einer kleinen Elite (hier der „Regen­bo­gen-Com­mu­nity“), die die Mehr­heit umer­zie­hen wolle. Trotz herr­schen­der Ver­samm­lungs- und Mei­nungs­frei­heit bemän­gelt Rebmann: „Gefühlt jede Woche findet in irgend­ei­ner anderen Stadt ein Chris­to­pher-Street-Day (CSD) statt, so dass das Thema in Medien und Gesell­schaft fast zwangs­läu­fig omni­prä­sent ver­tre­ten ist.“ Den selbst­ver­ständ­li­chen Umgang mit Viel­falt mar­kiert er als unnor­mal und pro­ble­ma­tisch: „Soge­nannte ‚Drag-Queens‘, die Vier­jäh­ri­gen Geschich­ten aus Kin­der­bü­chern vor­le­sen, gehören längst zur Tages­ord­nung. Und selbst im Kin­der­fern­se­hen wird den Jüngs­ten unserer Gesell­schaft vor­ge­gau­kelt, dass eine Geschlechts­um­wand­lung das Nor­malste der Welt sei.“ Auch wenn Rebmann in dem Text den Begriff „Per­ver­sion“ auf das kon­krete Ver­hal­ten von Eltern, Medien und Gesell­schaft im vor­lie­gen­den Fall anwen­det, erscheint dessen Ver­wen­dung im Zusam­men­hang mit seiner all­ge­mei­nen Gesell­schafts­kri­tik wohl kal­ku­liert. m.m./CB

24 Aug.: Compact

Das auf­la­gen­starke Magazin Compact ver­brei­tet monat­lich rechts­extreme Erzäh­lun­gen und Ver­schwö­rungs­my­then. Vor diesem Hin­ter­grund bezeich­nete es der Leiter des Ver­fas­sungs­schut­zes in Bran­den­burg, Jörg Müller, im Dezem­ber 2021 als “ideologische(n) Super­sprea­der für Ver­schwö­rungs­theo­rien“. Neben der deut­schen Coro­na­po­li­tik ist “Gender” ein wie­der­keh­ren­des Thema, im August 2021 war ihm sogar der Titel des Monats­hefts “Die schwule Repu­blik – Eliten, Transen, Gender-Irre” und ein Groß­teil der Artikel gewidmet.

Im Vorwort “Trans­hu­man und trans­gen­der” erklärt Chef­re­dak­teur Jürgen Elsäs­ser: “Im Great Reset wird der Huma­nis­mus der Moderne vom Trans­hu­ma­nis­mus ersetzt, und der Homo sapiens muss einer neuen Spezies weichen”. Unter „Trans­hu­ma­nis­mus“ ver­steht Elsäs­ser die angeb­lich gewalt­för­mige expe­ri­men­telle Ver­än­de­rung der mensch­li­chen DNA durch zum Bei­spiel Impf­stoffe. „Statt vor dem Grauen des kalten Ratio­na­lis­mus zurück­zu­schau­dern und wieder nach den Wurzeln des Mensch­seins und damit nach dem Gött­li­chen zu suchen, treiben Faust und Fran­ken­stein die böse Ent­wick­lung über sich selbst hinaus“. Diese Kritik an der moder­nen Gegen­wart kommt auf den ersten Blick als alter­na­tive, qua­si­re­li­giöse Sinn­su­che daher. Aber hier wird eine anti-moder­nis­ti­sche, die Werte der Auf­klä­rung ver­teu­felnde Welt­an­schau­ung bedient, die auch aus dem Natio­nal­so­zia­lis­mus bekannt ist und bis heute rechte Erzäh­lun­gen bestimmt. Gen­der­dis­kurse erschei­nen hier als Instru­ment dieser angeb­lich gewalt­vol­len Ver­än­de­rung: “Die Gender-Ideo­lo­gie treibt den Trans­hu­ma­nis­mus voran”, heißt es ent­spre­chend im Editorial.

Dass sich in Deutsch­land dieser „Regen­bo­gen-Kult“ in der Gesell­schaft ver­breite, behaup­tet der Autor Daniell Pföh­rin­ger in seinem Artikel “Die schwule Repu­blik”: “So rand­stän­dig der Queer- und Gen­der­kult erschei­nen mag, so tief ist er doch ins Gewebe der Gesell­schaft ein­ge­drun­gen. Längst spielen nicht mehr nur linke Par­teien auf der Regen­bo­g­en­kla­via­tur, auch die soge­nannte Mitte ist vom Homo-Virus infi­ziert”. In die­selbe Kerbe schlägt Phil Mehrens in “Der Gender-Sprach­durch­fall”. Auch “(f)ührende deut­sche Intel­lek­tu­elle sind infi­ziert von einem Virus, das die Gesell­schaft min­des­tens so stark spaltet wie Covid-19: dem Gender-Erreger“Und Jonas Glaser patho­lo­gi­siert in “Die Tränen der Transen” Trans­ge­schlecht­lich­keit sogar als “Symptom einer Persönlichkeitsstörung”.

Bis zuletzt berich­tet Compact regel­mä­ßig zu “Gender”-Themen. Im Gast­bei­trag “Gen­der­wahn: Ab 14 kann jeder sein Geschlecht wech­seln“ pole­mi­sie­ren Lucia Reimer und Erika Fischer auf Compact-Online gegen den aktu­el­len Bundes-Entwurf des Selbst­be­stim­mungs­ge­set­zes, das 2023 in Kraft treten soll. Nach ihrer Lesart bedeute der, dass “jeder Bürger ab 14 Jahren Geschlecht ein Mal pro Jahr wech­seln können” solle – später im Text heißt es: genauso “wie seine Klei­dung”. Eine trans­feind­li­che Inter­pre­ta­tion, die Trans- und Inter­iden­ti­tä­ten als ständig wech­selnde Laune dar­stellt. KW

11 Aug.: Eva Herman Offiziell

Früh­sexua­li­sie­rung“, „ange­ord­ne­ter Kin­des­miss­brauch“, „Ree­du­ca­tion“, „kul­tu­rel­ler Bür­ger­krieg“ – zum Thema „Gender“ wimmelt es auf den Kanälen der Ex-Nach­rich­ten­spre­che­rin Eva Herman nur so von Kampfbegriffen.

Seit Herman nach anti­fe­mi­nis­ti­schen und NS-ver­harm­lo­sen­den Äuße­run­gen aus den Öffent­lich-Recht­li­chen aus­schied, betä­tigt sie sich an der Schnitt­stelle von Rechts­po­pu­lis­mus, Ver­schwö­rungs­ideo­lo­gie und Chris­ten­tum. Die Erzäh­lung zu „Gender“ sind vor diesem Hin­ter­grund immer ähnlich. Herman und ihr Partner, der rechte Ver­schwö­rungs­ideo­loge Andreas Popp, ver­mu­ten hinter Gleich­stel­lungs- oder Reprä­sen­ta­ti­ons­be­stre­bun­gen („Woke-Politik“) sowie der Ver­mitt­lung von Viel­falt („Abrich­tung“) eine ver­bor­gene Agenda. In deren Rahmen nutze eine kleine Elite („Regen­bo­gen-Struk­tu­ren“) das Gender-Thema, um eigene Inter­es­sen durchzusetzen.

Dahin­ter steht eine radi­kale Ein­tei­lung der Welt in Gut und Böse. Herman etwa behaup­tet eine „Welt­tei­lung in Sachen Gender-Main­strea­ming“. „Das ist genau diese Woke-Politik, die Trump auch anpran­gert“, sagt Herman in einem Podcast, „und die auch auf großen Wider­stand gesto­ßen ist, als es darum ging auch östlich vom Balkan so was zu instal­lie­ren. Da hat auch Wla­di­mir Putin die Grenze zuge­macht und gesagt: Kommt bei uns nicht in Frage.“ – Ob hier auf den Über­fall auf die Ukraine ange­spielt wird, der in ver­schwö­rungs­ideo­lo­gi­schen Kreisen oft als Notwehr gegen Nato und west­li­chen Lebens­stil gilt, ist unklar. Russ­land mit seiner feind­li­chen Politik gegen Homo­se­xu­elle und Queers wird so jeden­falls zum posi­ti­ven Gegen­ent­wurf zur west­li­chen „Woke-Politik“.

Hier wird deut­lich, dass es beim Thema „Gender“ selten um kon­kre­te Inhal­te geht, es dient als Pro­jek­ti­ons­flä­chen für die Ableh­nung einer viel­fäl­ti­gen Gesell­schaft, die geschlecht­li­che und sexu­elle Selbst­be­stim­mung einschließt.

Die eta­blier­ten Medien, ohnehin ein festes Feind­bild, werden regel­mä­ßig für viel­falt­s­of­fene Sen­de­for­mate geschol­ten. Popp sieht in diesem Ansatz eine „ver­bre­che­ri­sche, kin­des­ver­ach­tende Politik dieser öffent­lich-recht­li­chen Medien“. Im gemein­sa­men Podcast spricht Herman von der Ver­ant­wor­tung der Betei­lig­ten und spe­zi­fi­ziert: „das ist ein schwe­rer see­li­scher Schaden, es ist eine Ver­wir­rung, die bei den Kindern her­bei­ge­führt wurde, die sie aus ihrer natür­li­chen Iden­ti­tät als Person, als Junge, als Mädchen, als gesun­des natür­li­ches Kind her­aus­ho­len sollen, um diese Kinder zu desta­bi­li­sie­ren in Seele, Geist und Körper.“ Die Sorge um das Kin­des­wohl ist eine bekannte Dis­kurs­stra­te­gie in rechts­extre­men Kreisen und unter christ­li­chen Fun­da­men­ta­lis­tin­nen, um den Druck auf Insti­tu­tio­nen und Eltern zu erhöhen und ihr Podium für LGBTIQ+-feindliche Inhalte zu ver­grö­ßern. Auch Herman und Popp nutzen dies gezielt.

Und immer wieder wird nicht nur an die Ver­ant­wor­tung der Zuhö­re­rin­nen für das Kin­des­wohl im Herman’schen Sinne appel­liert, sondern auch jenen gedroht, die „Gender“-Themen wei­ter­trü­gen. Popp zählt auf: Lehrer, Richter, Staats­an­wälte, Inten­dan­ten, Repor­ter – sie alle würden irgend­wann den Trüm­mer­hau­fen erken­nen, „den sie hin­ter­las­sen haben, und dann dra­ma­tisch dafür gera­de­ste­hen müssen.“ svo

11 Aug.: Auf1

Der öster­rei­chi­sche Online-TV-Sender Auf1.TV möchte sich stärker auf Deutsch­land kon­zen­trie­ren. Dies sagte Chef­re­dak­teur Stefan Magnet, bekannt für seine lang­jäh­ri­gen Bezie­hun­gen in die rechts­extreme Szene, im Juli in einem Auf1-Beitrag. Darin stellte er den Berlin-Kor­re­spon­den­ten vor: Martin Müller-Mertens, zuvor TV-Chef beim rechts­extre­men Compact-Magazin. Die redak­tio­nelle Expan­sion solle „ein oppo­si­tio­nel­les breites Milieu“ infor­mie­ren und anderen „Men­schen über­haupt erst die Mög­lich­keit [geben] auf­zu­wa­chen“, so Müller-Mertens.

Erwa­chen“ steht bei Auf1 ver­mut­lich für die Emp­fäng­lich­keit für Ver­schwö­rungs­er­zäh­lun­gen und Nar­ra­tive der extre­men Rechten, die der Sender trotz vor­nehm­lich bür­ger­li­cher Rhe­to­rik bedient. Das wird bei­spiels­weise in Berich­ten über „Gender“, sexu­elle Gleich­stel­lung oder geschlech­ter­sen­si­ble Sprache deut­lich, Themen, die bei Auf1 häufig unter Schlag­wör­tern, wie „Gender-Wahn“ und „Gen­de­ris­mus“ – einem anti­fe­mi­nis­ti­schen und rechts­po­pu­lis­ti­schen Kampf­be­griff – ver­han­delt werden. Dar­un­ter werden Gleich­be­rech­ti­gungs­for­de­run­gen von zum Bei­spiel Homo­se­xu­el­len oder Frauen als Ver­weich­li­chung der Gesell­schaft verunglimpft.

Auf diese Weise argu­men­tiert auch der Beitrag „Gen­de­ris­mus und Femi­nis­mus: West­li­che Männer sind ver­weich­licht“ und führt als Beweis dafür eine US-ame­ri­ka­ni­sche Studie an, die belegen soll, dass die Stärke des Hän­de­drucks von Männern seit den 80ern abge­nom­men habe. „In kaum einem Land hat man das Sol­da­ten­tum so sehr ver­teu­felt wie in Deutsch­land. Jetzt möchte man aber die Wehr­pflicht wieder ein­füh­ren, um even­tu­ell gegen Russ­land in den Krieg zu ziehen“, heißt es dort. Den „virile(n) Kämpfer(n), die bereit sind, für diesen Kon­flikt für Volk und Vater­land ihr Leben zu ris­kie­ren“ stellt der Beitrag die angeb­li­che Rea­li­tät ent­ge­gen: „westliche(n) Männer wurden Jahr­zehn­te­lang sys­te­ma­tisch verweichlicht“.

Als posi­ti­ves Bei­spiel erscheint hier Russ­land. Der Beitrag „Russ­land pfeift auf den Gender-Wahn: Putin bekämpft den Kul­tur­mar­xis­mus“ lobt das 2013 erlas­sene Gesetz gegen soge­nannte „homo­se­xu­elle Pro­pa­ganda“ als „wahre Ver­nunft (...), die wir von hie­si­gen in ihrem Gender-Irrsinn gefan­ge­nen Poli­ti­kern längst schon vermissen“.

In einem aktu­el­len Beitrag wird die ganze Trag­weite des Gender-Themas als Teil einer glo­ba­len Ver­schwö­rung benannt: „Die neue Welt­ord­nung, die immer mehr mit sub­ti­ler Gewalt­an­dro­hung von den öko-kom­mu­nis­ti­schen linken Globo-Homo-Eliten durch­ge­setzt werden soll, beinhal­tet nicht nur die Corona-Plan­de­mie und den Kli­ma­schwin­del, sondern auch den Trans­gen­der-Ideo­lo­gie.“ KW

11 Aug.: Apolut

Die Autoren des dem Ver­schwö­rungs­ideo­lo­gen Ken Jebsen nahe­ste­hen­den Portals Apolut sehen die „Gender-Ideo­lo­gie“ sehr kri­tisch bis ableh­nend. Autor Paul Soldan bei­spiels­weise schrieb zu den „Ver­ir­run­gen des Gen­de­ris­mus“. Aus dieser Bewe­gung, die nach mehr Gleich­be­rech­ti­gung und Selbst­be­stim­mung der Geschlech­ter strebe, hätten sich „fana­ti­sche, teils sogar fun­da­men­ta­lis­ti­sche Strö­mun­gen her­aus­ge­bil­det, die mit den Aus­gangs­the­men nur noch wenig bis gar nichts mehr gemein haben“.

In der Gender-Ideo­lo­gie sollen tat­säch­li­che Natur­ge­setze ‚aus­ge­he­belt‘ und neue künst­li­che instal­liert werden“, schreibt Soldan. Der Autor zieht den Ver­gleich zum Trans­hu­ma­nis­mus, der seiner Meinung nach genauso eine „Ideo­lo­gie“ der „Über­win­dung des bis­he­ri­gen Mensch­seins“ ist. Er fragt, ob das Ziel die „Über­win­dung von Geschlecht­lich­keit und Sexua­li­tät“ sei und ant­wor­tet selbst: „Dies habe die Ent­mensch­li­chung des Men­schen zur Folge: Der Mensch als ein von der Gesell­schaft sowie der per­sön­li­chen Gemein­schaft ent­frem­de­tes Indi­vi­duum, ein iso­lier­ter, geschlechts­lo­ser Ein­zel­kämp­fer.“ Hier wird der Ein­druck erweckt, bei einem Konzept jen­seits der binären Geschlecht­lich­keit handele es sich um etwas Unmensch­li­ches. Immer wieder knüpft der Autor an den Trans­hu­ma­nis­mus an, eine von Ver­schwö­rungs­ideo­lo­gen umge­münzte Theorie nach der das Ziel die Erschaf­fung eines wil­lens­lo­sen Unter­ta­nen sei und in der die „Gender-Ideo­lo­gie“ als wich­ti­ges Instru­ment auf dem Weg dorthin erscheint.

Der Autor Hubert von Brunn kri­ti­siert in einem Artikel die vor­geb­li­che „Ver­hun­zung unserer schönen deut­schen Sprache“ infolge des „Gender-Wahn(s)“. Als Bei­spiel führt er die gram­ma­ti­ka­lisch falsche Ver­wen­dung von Gen­der­stern­chen mit dem Bei­spiel „Vorbilder*innen“ an, die er auf der Ein­la­dungs­karte eines Ber­li­ner Museums gesehen habe – Bezug genom­men wird hier auf eine Aus­stel­lung zu Femi­nis­mus in Comics, die jedoch das „falsche“ Stern­chen ganz bewusst im Titel einsetzt.

Doch beim Reiz­thema „Gender“, der Ver­än­de­rung von Sprache oder Selbst­be­stim­mungs­rech­ten, und dies ist typisch für das Thema, bleiben die Texte selten stehen. Oft geht es um etwas anderes, nämlich den unter­schwel­li­gen Vorwurf eines über­grif­fi­gen Staates mit ideo­lo­gi­scher Agenda. „Wogegen ich mich wehre, ist, dass selbst­er­nannte Sprach­neue­rer mir vor­schrei­ben wollen, was ich sagen darf und was nicht“, so schreibt etwa von Brunn zu Debat­ten über dis­kri­mi­nie­rungs­be­wusste Sprache. „Die Schere im Kopf ist das Mord­in­stru­ment für jeg­li­che Sprach­kul­tur.“ ssp

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27 Juli: Moni­to­ring August

Gender-Ideo­lo­gie“, „Regen­bo­gen-Agenda“, „Indok­tri­na­tion“ – wenn es um das Thema Gender, schla­gen die Wellen beson­ders hoch. Über kaum ein anderes Thema wird in soge­nann­ten „Alter­na­tiv-“ und rechts­po­pu­lis­ti­schen Medien abwer­ten­der geschrie­ben. In diesem Monat schauen wir uns an, warum das so ist und was gemeint ist, wenn es um „Gender-Gaga“ geht.

Joerg Farys - www.dieprojektoren.de

13 Juli: Aus Prinzip dagegen: Über iden­ti­täts­ge­trie­bene Pro­zesse in der Meinungsformierung

Im Inter­view beschreibt der Sozi­al­wis­sen­schaft­ler Holger Marcks, wie poli­ti­sche Hal­tun­gen immer stärker aus der reflex­haf­ten Ableh­nung des Anderen gebil­det werden. Auch für soge­nannte „alter­na­tive Medien“ gehören grund­le­gende Geg­ner­schaft zu eta­blier­ten Medien und Sys­tem­op­po­si­tion zum Selbstverständnis.

28 Juni: Anti-Spiegel

Der rus­si­sche Angriffs­krieg gegen die Ukraine hat die Auf­merk­sam­keit für den 2018 gestar­te­ten Blog Anti-Spiegel, der unter einer rus­si­schen Domain ver­füg­bar ist, gewal­tig erhöht. Laut dem Portal Bell­tower-News der Amadeu-Antonio-Stif­tung ver­bin­den sich in dem von Thomas Röper als „Ein-Mann-Betrieb“ ver­ant­wor­te­ten Angebot rus­si­sche Pro­pa­ganda und Ver­schwö­rungs­my­then. Der Anti-Spiegel wird dort zu den wich­tigs­ten „Des­in­for­ma­ti­ons­me­dien“ gezählt. Par­al­le­len gibt es zum Tele­gram-Kanal Neues aus Russ­land von Alina Lipp und wohl nicht zufäl­lig arbei­ten beide zusam­men. Beide prä­sen­tie­ren sich als Alter­na­tive zum rus­si­schen Aus­lands­sen­der RT DE, dessen Inhalte nach Kriegs­be­ginn in der EU ver­bo­ten wurden. Auf Tele­gram hatte Anti-Spiegel – Offi­zi­el­ler Kanal zuletzt rund 79.000 Abonnenten.

Stark fokus­siert sich der Anti-Spiegel bei seiner Kritik auf die west­li­chen Qua­li­täts­me­dien – in ihnen sieht er ein inein­an­der ver­wo­be­nes System, in dem Fakten nicht inter­es­sie­ren. Nament­lich dem Nach­rich­ten­ma­ga­zin Der Spiegel – als nega­ti­ver Bezugs­punkt nicht zuletzt Namens­ge­ber des Portals – wird eine „anti-rus­si­sche Pro­pa­ganda-Offen­sive“ unter­stellt, er habe sich zur „Pres­se­stelle von Nato und US-Regie­rung“ ent­wi­ckelt. „Selbst­er­nannte Fak­ten­che­cker“ würden demnach von west­li­chen Regie­run­gen geför­dert – und „hyperaktive(n)“ Stif­tun­gen. Deren Berichte fänden dann Eingang in die hie­si­gen Medien. Konkret heißt es etwa: „Der Sigrid Lausen Trust finan­ziert alles und jeden, der Russ­land doof und die neo­na­zis­ti­schen Maidan-Regie­run­gen der Ukraine toll findet und über Soros brauche ich wahr­schein­lich nicht viel zu sagen, der ist ohnehin bekannt.“

Röper sieht den Staat im Kampf gegen Kri­ti­ker, Men­schen, „die eine von der Bun­des­re­gie­rung abwei­chende Meinung ver­tre­ten“, drohten Haft­stra­fen. Sie könnten fol­gen­los als „Volks­feinde“ bezeich­net werden. Zudem würden Regie­rungs­kri­ti­ker „vom Ver­fas­sungs­schutz beob­ach­tet, also aus­spio­niert und abge­hört“, wie es unter Hinweis auf die neue Kate­go­rie des Geheim­diens­tes „Ver­fas­sungs­schutz­re­le­vante Dele­gi­ti­mie­rung des Staates“ heißt. Der Blogger ver­gleicht die aktu­el­len Zustände in Deutsch­land im Kontext der Coro­na­pan­de­mie mit der Situa­tion zur Macht­er­grei­fung der Nazis 1933: „Alle, die den Maß­nah­men der Regie­rung Beifall klat­schen oder ihnen gleich­gül­tig gegen­über­ste­hen, sind die­je­ni­gen, die auch 1933 Beifall geklatscht oder gleich­gül­tig zuge­schaut hätten. (…) Par­al­le­len zu 1933 zu ziehen, ist nicht über­trie­ben.“ m.m.

28 Juni: Auf1

Der öster­rei­chi­sche Online­ka­nal Auf1.TV ver­steht sich als “der erste wirk­lich zu 100% unab­hän­gige und alter­na­tive TV-Sender im deutsch­spra­chi­gen Raum”. Chef­re­dak­teur ist der durch seine eins­ti­gen Ver­bin­dun­gen in die rechts­extreme Szene bekannte Stefan Magnet. Bei Auf1 finden sich zahl­rei­che Ver­schwö­rungs­nar­ra­tive – unter anderem auch das von einem mäch­ti­gen, alles beherr­schen­den System, das gegen die Inter­es­sen des ein­fa­chen Volkes arbeite. Dieses System – oder, wie es bei Auf1 auch heißt: das „Corona-System“ – stecke zum Bei­spiel hinter dem in Öster­reich wieder abge­schaff­ten soge­nann­ten Corona-„Impfzwang“, berich­tet Magnet in einem Nach­rich­ten­bei­trag. Darin bewer­tet er die Rück­nahme der Impf­pflicht als einen “große(n) Sieg” der Demons­tra­tio­nen und „alter­na­ti­ven Medien“: “Der Wider­stand der Frei­heits­be­we­gung, die seit zwei Jahren jede Woche uner­müd­lich auf den Straßen unter­wegs ist, hat das System nicht frei walten und schal­ten lassen. Die gewal­ti­gen Men­schen­mas­sen in Öster­reich, Deutsch­land und der Schweiz und weiter dann in ganz Europa und auf der Welt haben dem System einen Riegel vor­ge­scho­ben.” Damit sei jedoch der Kampf gegen das System kei­nes­falls beendet. Viel­mehr müsse man, laut Magnet, mit Rück­schlä­gen rechnen – „das System“ nämlich mache einen Schritt zurück und dann „bei güns­ti­ger Gele­gen­heit zwei Schritte nach vorne“ – und sich diesen ent­ge­gen­stel­len. “Es wird ein heißer Herbst werden. Doch (...): Die Herr­schen­den fürch­ten sich vor einem Bür­ger­krieg”, heißt es in dem Beitrag.

Zum Wider­stand ruft auch ein Beitrag gegen die Ein­füh­rung von smarten Strom­zäh­lern in Pri­vat­haus­hal­ten auf. Im TV-Inter­view “‘Smart­me­ter’. Die neue Total­über­wa­chung kommt heim­lich über den Strom­zäh­ler” warnt der Elek­tro­tech­ni­ker Fritz Loindl vor einer umfas­sen­den Über­wa­chung der Bevöl­ke­rung als Teil einer grö­ße­ren „Agenda“ und davor, dass der Netz­be­trei­ber “mehr Befug­nisse (habe) als die Polizei.” Als Pro­fi­teure dieser Über­wa­chung sieht er Akteure der freien Wirt­schaft – Kon­zerne wie Google oder einfach “die Mil­li­ar­däre“, wie Bern­hard Riegler von Auf1 ergänzt – und der Politik. So betreibe laut Loindl der ehe­ma­lige öster­rei­chi­sche Bun­des­kanz­ler Chris­tian Kern mit seiner Ehefrau eine Firma, die diese Daten aus­werte. Nahezu aus­weg­los mache dieses Über­wa­chungs­sze­na­rio, dass die Ver­ur­sa­cher kaum zu greifen seien. “Überall ist halt niemand zustän­dig. (...) Und leider ent­schei­den die meisten Dinge sehr wenige Men­schen, die gar nicht gewählt sind”, fährt Loindl fort. „Die Schlinge geht zu“, spitzt Riegler zu. Als ein­zi­ger Ausweg erscheint auch hier eine enga­gierte Masse an durch Alter­na­tiv­me­dien auf­ge­klär­ten Bürgern, die sich zur Wehr setzten. KW

28 Juni: Apolut

Geheime Kräfte domi­nie­ren das Welt­ge­sche­hen und sind für die Masse der unwis­sen­den Bürger ver­bor­gen. Nach diesem ver­schwö­rungs­ideo­lo­gi­schen Muster „ent­lar­ven“ die Autor/​innen der Online­platt­form Apolut ein hinter allem ste­hen­den­des „System“, das ver­schie­den benannt wird. Der Leser wird damit zum Mit­wis­ser einer ver­heim­lich ver­bor­ge­nen Wahr­heit. Im Format „The Wolff of Wall­street“ etwa schreibt Ernst Wolff: „Diese globale Gleich­schal­tung zeigt, dass es eine Kraft gibt, die mehr Macht hat als jede der zurzeit etwa 200 Regie­run­gen auf unserem Pla­ne­ten. Diese Kraft hat einen Namen: Es handelt sich um den digital-finan­zi­el­len Komplex. An seiner Spitze stehen auf der Digi­tal­seite die fünf größten IT-Kon­zerne der Welt: Apple, Alpha­bet, Amazon, Micro­soft und Meta, früher Face­book, und auf der Finanz­seite die größten Ver­mö­gens­ver­wal­ter, Black­Rock und Van­guard.“ Die IT-Kon­zerne, meint Wolff, bil­de­ten „eine neue Weltmacht“.

Konsens bei Apolut besteht darin, dass dieses System eine Bedro­hung für die Men­schen dar­stelle: Der „digital-finan­zi­elle Komplex“ sei durch die Kon­zen­tra­tion von Macht und Geld gezwun­gen „immer auto­ri­tä­rer und dik­ta­to­ri­scher zu handeln“, behaup­tet Wolff.

Die Maß­nah­men gegen die Coro­na­pan­de­mie werden in dieser Logik häufig als Krieg gegen die Bevöl­ke­rung inter­pre­tiert. Die Autorin Runa Ranelli etwa behaup­tet im Artikel „Krieg gegen den Körper als Wirt­schafts­fak­tor“, einige Wirt­schafts­zweige pro­du­zier­ten „Waffen“ – im Krieg gegen das Coro­na­vi­rus waren das „Masken, Tests, Imp­fun­gen“ mit ent­spre­chen­den „Kol­la­te­ral­schä­den“ –, um daran zu ver­die­nen. Dies lehnt Ranelli ab: „Wie kommen wir von einem System, das Krieg als Wirt­schafts­fak­tor braucht, in ein System, in dem Frieden herr­schen kann?“, fragt sie.

Auch Chris­tian Hamann meint, dass Krieg und Gewalt „sys­tem­be­dingt“ seien. Dies sei der Grund für den Krieg in der Ukraine und nicht etwa der Angriff Russ­lands: „Die Ursa­chen und Zusam­men­hänge haben nur rand­lich mit der Ukraine und Russ­land zu tun, umso mehr aber mit dem west­li­chen System.“ Ent­spre­chend sieht Hamann als Ver­ur­sa­cher das west­li­che Mili­tär­bünd­nis Nato, das er als „inof­fi­zi­el­les Macht­in­stru­ment einer Geld­aris­to­kra­tie“ kenn­zeich­net. Hamann warnt vor den Kon­se­quen­zen zum Bei­spiel der Rück­erobe­rung der Krym: eine „selbst her­auf­be­schwo­rene atomare Apo­ka­lypse“. ssp

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17 Juni: Moni­to­ring Juni

Das System“ kommt in soge­nann­ten „alter­na­ti­ven“ Medien sehr häufig vor. Aber was ist damit gemeint? In unserer Juni-Ausgabe widmen wir uns der Behaup­tung, dass nicht zufäl­lig geschehe und ein kom­ple­xes System im Inter­esse einiger Weniger gegen die Mehr­heit der Bevöl­ke­rung arbeite.

16 Juni: Quer­den­ken auf Telegram

Das Spek­trum reicht von rechts bis rechts­extrem: Auf dem Tele­gram-Haupt­ka­nal von Quer­den­ken (711 – Stutt­gart) aus dem Stamm­sitz, werden neu­er­dings Videos von Julian Rei­chelt, dem ehe­ma­li­gen Chef­re­dak­teur der Bild-Zeitung geteilt. Aber auch zum Bei­spiel Posts und Texte von Tichys Ein­blick, vom „Quer­den­ker­an­walt“ Ralf Ludwig oder vom rechts­extre­men Compact-Magazin. Miss­trauen wird zum Bei­spiel sys­te­ma­tisch gestreut gegen öffent­lich-recht­li­che Medien. Aber der Haupt­feind, wenn es um die Aus­ein­an­der­set­zung mit „dem System“ geht, ist aktuell das Bun­des­amt für Verfassungsschutz.

Im vor wenigen Tagen vor­ge­stell­ten Jah­res­be­richt 2021 des Ver­fas­sungs­schut­zes taucht erst­mals der neue Phä­no­men­be­reich „Ver­fas­sungs­schutz­re­le­vante Dele­gi­ti­mie­rung des Staates“ auf, geschaf­fen im Kontext der Coro­na­pro­teste, die aus Sicht des Geheim­diens­tes nicht immer in die klas­si­schen extre­mis­ti­schen Kate­go­rien wie den Rechts­extre­mis­mus fallen. Rei­chelt etwa stellt in einem von Quer­den­ken geteil­ten Post fest, die neue Bun­des­in­nen­mi­nis­te­rin Nancy Faeser „betreibt eine Art Wahr­heits­mi­nis­te­rium beim Inlands­ge­heim­dienst“ und „über­wacht deut­sche Staats­bür­ger, die die Regie­rung zu scharf kri­ti­sie­ren“. Anwalt Ludwig bestrei­tet eine „Anschluss­fä­hig­keit“ der „Quer­den­ker“ für Extre­mis­ten und gibt Tipps zu Buß­geld­be­schei­den, die etwa wegen des Ver­sto­ßes gegen Ver­samm­lungs­auf­la­gen bei Coro­na­pro­tes­ten ver­hängt wurden. Compact sieht, weil ihm vom Ver­fas­sungs­schutz das Ziel eines Sturzes des ver­meint­li­chen „Regimes“ vor­ge­wor­fen wird, die „Pres­se­frei­heit in Gefahr“. Unisono soli­da­ri­sie­ren sich die so ver­netz­ten Akteure mit angeb­lich unter Gene­ral­ver­dacht gestell­ten Bürgern – und ziehen zugleich staat­li­ches Handeln ins Lächerliche.

Die von Michael Ballweg gegrün­dete Orga­ni­sa­tion Quer­den­ken hat zuletzt in der Szene der Coro­na­leug­ner und Impf­skep­ti­ker an Rele­vanz ver­lo­ren. Radi­ka­ler noch als Quer­den­ken selbst geben sich auf Tele­gram viele Gruppen, die aus der Bewe­gung ent­stan­den sind. Nachdem ein Arzt in Lever­ku­sen wegen der Aus­stel­lung von zahl­rei­chen fal­schen Impf­at­tes­ten inhaf­tiert wurde, teilt Frei­Sein­Frei­burg auf Tele­gram ein Posting des Quer­den­ken-Anwalts Markus Haintz, der schreibt: „Das Régime macht mit seinen Ein­schüch­te­rungs­ver­su­chen weiter.“ Und der Coro­na­leug­ner Bodo Schiff­mann ver­brei­tet auf seinem Kanal Alles Ausser Main­stream die For­de­rung von Prof. Mark Crispin Miller, dass, sich die Mas­sen­de­mons­tra­tio­nen jetzt auf die Medien kon­zen­trie­ren sollten. Sie hätten sich „der Volks­ver­het­zung zum GENOZID SCHULDIG“ gemacht, „weil sie die­je­ni­gen dämo­ni­sie­ren, die sich nicht haben ‚IMPFEN‘ lassen“. m.m.

16 Juni: Demo­kra­ti­scher Widerstand

Im „System“ sind die Fronten klar: Eine auf Eigen­nutz bedachte Elite hat die Macht an sich geris­sen – ent­rech­tete Men­schen stehen dem wehr- und schutz­los gegen­über. So ver­ein­facht der Demo­kra­ti­scher Wider­stand, Organ der „Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stelle Demo­kra­ti­scher Wider­stand“ rund um die in ver­schwö­rungs­gläu­bi­gen Kreisen popu­lä­ren Coro­na­ver­harm­lo­ser Anselm Lenz und Hendrik Soden­kamp, kom­plexe gesell­schaft­li­che Struk­tu­ren. Die Autoren schaf­fen ein Bedro­hungs­sze­na­rio, das die Leser zum Protest mobi­li­sie­ren soll. Der Auf­ma­cher der ersten Juni-Ausgabe etwa spricht im Kontext der Coro­na­krise von einem „Krieg gegen die Bevöl­ke­rung“. Die Bürger würden zu Befehls­emp­fän­gern degra­diert, eine Tendenz, die sich auch in einer als ver­ord­net dar­ge­stell­ten Soli­da­ri­tät mit der Ukraine fort­setze. „Die Men­schen haben gelernt, wer jetzt nicht kuscht, wird ver­leum­det, geschla­gen, ver­haf­tet und ver­liert seine Rechte“, heißt es im Auf­ma­cher. Es wird unter­stellt, dass die Politik sys­te­ma­tisch die Inter­es­sen der Bürger miss­achte und sie belüge: „Mit ‚Frieden‘ meinen sie Krieg und Auf­rüs­tung. Beim Wort ‚Demo­kra­tie‘ denken sie an sich selbst und ihre Posten. Mit ‚Frei­heit‘ ist gemeint, dass Regie­rung und Kon­zerne machen können, was sie wollen.“ Die über allem schwe­bende Warnung: Mit ihrem ver­ant­wor­tungs­lo­sen Handeln rissen eben diese Regie­rung und Kon­zerne die Men­schen in den Untergang.

Die Sys­tem­kri­ti­ker des Demo­kra­ti­schen Wider­stands erwe­cken den Ein­druck, dass die Demo­kra­tie nur eine Fassade sei und sie selbst die „wahren“ Demo­kra­ten. In Wahr­heit nämlich sei die Gewal­ten­tei­lung längst auf­ge­ho­ben, pos­tu­liert etwa Autorin Anke Behrend. „Seit zwei Jahren haben sich alle drei Gewal­ten zu einem Macht­mo­no­pol ver­schmol­zen und den Rechts­staat ad absur­dum geführt“, heißt es im Unter­ti­tel ihres Bei­trags. Ähnlich sieht es der Leiter des Wirt­schafts­res­sorts Hermann Ploppa: Die Ampel-Regie­rung sei „kata­stro­phal“, aber auch Oppo­si­ti­ons­füh­rer Fried­rich Merz nur ein „Insol­venz­ver­wal­ter der Demo­kra­tie“. Merz, so wird der Anschein erweckt, ver­trete vor allem die Inter­es­sen US-ame­ri­ka­ni­scher Olig­ar­chen in Deutsch­land. In einem wei­te­ren Beitrag beschreibt Ploppa, wie „die Super­rei­chen wie Elon Musk und Jeff Bezos“ die Macht an sich reißen, indem sie „Poli­ti­ker, Medien, Wis­sen­schaft­ler“ kauften. Ploppa greift ein für radi­kale Sys­tem­kri­ti­ker der „alter­na­ti­ven“ Medien typi­sche Ver­schwö­rungs­theo­rie vom „Great Reset“ auf. Der „Great Reset“ sei „das schwarze Loch, in dem alles ver­schwin­det (…). Ent­mach­tung und Ent­ker­nung der Staaten. Mas­sen­ver­elen­dung. Ein gigan­ti­sches Kartell ver­nich­tet alles“ – so wird es schon im Titel zu Ploppas Beitrag zusam­men­ge­fasst. Um den ver­meint­li­chen Unter­gang zu stoppen, rufen die Her­aus­ge­ber Soden­kamp und Lenz ihre Anhän­ger zu Groß­de­mons­tra­tio­nen auf. ssp

25 Mai: Compact

Das vom Ver­fas­sungs­schutz als rechts­extrem ein­ge­stufte Compact-Magazin hat nach eigenen Angaben eine Auflage von monat­lich 40.000 Exem­pla­ren. Inhalt­lich bedient es regel­mä­ßig Ver­schwö­rungs- und völ­kisch-natio­nale Erzäh­lun­gen. Vor diesem Hin­ter­grund nannte der Ver­fas­sungs­schutz Bran­den­burg Compact einen „ideo­lo­gi­schen Super­sprea­der, der Ver­schwö­rungs­theo­rien eine milieu­über­grei­fende Platt­form bietet, sie bündelt, ver­stärkt und ziel­ge­rich­tet weiterverbreitet“.

Auch apo­ka­lyp­ti­sche Nar­ra­tive sind zuneh­mend zu finden. So ist die Mai-Ausgabe mit dem Titel „Black­out – Kein Strom, kein Gas, kein Frieden“ über­schrie­ben. Dahin­ter ver­birgt sich das aktuell in ver­schwö­rungs­gläu­bi­gen Kreisen breit bespro­chene Kata­stro­phen­sze­na­rio eines durch den Angriffs­krieg auf die Ukraine dro­hen­den großen Strom­aus­falls. Chef­re­dak­teur Jürgen Elsäs­ser sieht hier eine natio­nale „Ver­elen­dung, wie sie die meisten von uns zu Leb­zei­ten nicht kannten“. Im beschwört er mit teil­weise ras­sis­ti­schen Refe­ren­zen eine dys­to­pi­sche Ent­wick­lung, die er mit der Hyper­in­fla­tion der 1920er ver­gleicht: „Tat­säch­lich weist die heutige Situa­tion Par­al­le­len zu den Anfangs­jah­ren der Wei­ma­rer Repu­blik auf. Es hat sich ein rie­si­ger Schul­den­berg auf­ge­türmt – damals für die Finan­zie­rung des Ersten Welt­kriegs, heute für Asyl­kos­ten und Corona-Hilfen.“

Während Elsäs­ser sich auf die deut­sche Wirt­schaft kon­zen­triert, ent­wirft Autor Feder­ico Bisch­off im Artikel „Black­out – was der Staat plant“ ein End­zeit­sze­na­rio, das vor allem die Bevöl­ke­rung betrifft. Unter den auf­stö­ren­den Zwi­schen­über­schrif­ten „Man­gel­er­näh­rung und Hunger“, „Eva­ku­ie­rung von Mil­lio­nen“ und „Wenn es dunkel wird“ mischt er Infor­ma­tio­nen aus einer Studie des Bun­des­amts für Bevöl­ke­rungs­schutz und Kata­stro­phen­hilfe. Neben der Lahm­le­gung der gesam­ten Indus­trie, des Kom­mu­ni­ka­ti­ons­net­zes und der Lebens­mit­tel- und Was­ser­ver­sor­gung pro­phe­zeit Bisch­off einen quasi anar­chi­schen Zustand, in dem jeder ums Über­le­ben kämpfe. Er wendet sich dabei direkt an die Leser­schaft: „Dann schlägt die Stunde der Plün­de­rer: Bewaff­nete Banden ziehen in die rei­che­ren Vororte und hinaus aufs Land. Wenn Sie über­fal­len werden, sind Sie ver­lo­ren“. Der Schul­dige ist – wie so oft in Compact – der als ille­gi­tim dar­ge­stellte Staat. So endet Bisch­offs Artikel mit den Worten: „Das Volk wäre beim Black­out auf sich selbst gestellt, vom soge­nann­ten Staat ver­ra­ten und verkauft.“

Als apo­ka­lyp­ti­sche Erzäh­lung ver­steht Compact diese Inhalte aller­dings nicht. Im Heft wird sich dezi­diert gegen „reli­giöse End­zeit­vor­stel­lun­gen“ abge­grenzt, die laut Michael Kump­mann „Hoch­kon­junk­tur“ hätten. Im Artikel „Pro­phe­ten der Apo­ka­lypse“ beschreibt er etwa eine Auswahl von End­zeit­er­zäh­lun­gen – in der jüdi­sche Glau­bens­ge­mein­schaf­ten genauso Platz finden wie der Mas­sen­mör­der Charles Manson. Kump­manns Artikel endet mit einem Verweis auf die Black Lives Matter-Pro­teste in den USA und die mili­tante rechts­extreme Boo­ga­loo-Bewe­gung, die angeb­lich beide Seiten unter­stützte – „damit es zu mög­lichst hef­ti­gen Aus­schrei­tun­gen kommt“. KW

25 Mai: Apolut

Das Portal Apolut warnt in zahl­rei­chen Bei­trä­gen vor dem bal­di­gen öko­no­mi­schen und mili­tä­ri­schen Unter­gang Deutsch­lands. Apolut kommt aus dem Umfeld von Ken Jebsen, der vor allem unter Ver­schwö­rungs­gläu­bi­gen bekannt ist. Auch Inhalte von Jebsens ehe­ma­li­gem Online­por­tal KenFM, sind über die Website weiter abruf­bar. KenFM war offline gegan­gen, nachdem die Medi­en­an­stalt Berlin-Bran­­­­den­­­­burg 2021 ein Ver­fah­ren wegen Ver­let­zung der jour­na­lis­ti­schen Sorg­falts­pflicht ein­ge­lei­tet hatte. Die Unter­stüt­zung für die Ukraine im Krieg und die Sank­tio­nen gegen Russ­land seien für Deutsch­land schäd­lich und zer­stö­re­risch, so ein auch auf Apolut weit ver­brei­te­tes Nar­ra­tiv. Die Autoren Fried­helm Kling­ham­mer und Volker Bräu­ti­gam bei­spiels­weise kri­ti­sier­ten in einem Artikel mit dem Titel „Habeck wird Deutsch­land rui­nie­ren“ Wirt­schafts­mi­nis­ter Robert Habeck scharf. Inter­es­sant ist die Geschichte der beiden Autoren: Der ehe­ma­lige Redak­teur der Tages­schau, Bräu­ti­gam, und der dama­lige Mit­ar­bei­ter des NDR, Klink­ham­mer, waren mit Kritik an den eta­blier­ten Medien bekannt gewor­den, in ihrem Buch „Die Macht um acht: Der Faktor Tages­schau“ kri­ti­sier­ten sie die ARD-Nach­rich­ten­sen­dung. Auch Apolut greift immer wieder auf die Kritik der soge­nann­ten Main­stream­m­e­dien zurück und stellt sich selbst als unab­hän­gige Alter­na­tive dar.

Bei Apolut werfen die Autoren Habeck vor, dass er mit dem geplan­ten Öl-Embargo gegen Russ­land die Öffent­lich­keit täusche: „Er ver­kauft seine Zuhörer für dumm. Er drängt die deut­sche Wirt­schaft in den Abgrund.“ Die Dar­stel­lung, die deut­sche Regie­rung sei eine Mario­nette der USA, die hinter dem Krieg gegen Russ­land stünden, ist weit ver­brei­tet und auch in diesem Artikel zu finden. Kling­ham­mer und Bräu­ti­gam bezeich­ne­ten Habeck als einen „waffenschiebende(n) US-Lakai“, der statt Frieden die Eska­la­tion von Gewalt „gegen die Inter­es­sen breiter Teile der Bevöl­ke­rung“ pro­pa­giere und damit den dritten Welt­krieg pro­vo­ziere. Die Autoren warnen zudem vor explo­die­ren­den Preisen für Energie und unter­stel­len Habeck, er nehme „schwere soziale Schäden einer Rezes­sion“ in Kauf.

Die Gefahr eines dritten Welt­krie­ges beschwört auch Autor Wolf­gang Effen­ber­ger in seinem Kom­men­tar „Über den Ukrai­ne­kon­flikt in den dritten Welt­krieg?“ Effen­ber­ger sieht die USA als trei­bende Kraft, die über Ost­eu­ropa und Eura­sien „zur Herr­schaft über die Welt“ gelan­gen wolle. Effen­ber­ger zitiert dazu den ame­ri­ka­ni­schen Öko­no­men Paul Craig Roberts: „Wenn der Groß­teil der Mensch­heit nicht bald auf­wacht und diesem Wahn­sinn ent­schlos­sen ent­ge­gen­tritt, wird Washing­ton die Welt ver­nich­ten!“ ssp

24 Mai: Rubikon

Drei von drei mög­li­chen Balken, starke Ver­schwö­rungs­nei­gung – so ordnet Con­fes­sio, ein Bil­dungs­an­ge­bot der evan­ge­lisch-luthe­ri­schen Lan­des­kir­che Sach­sens, Rubikon ein. Ein, wie es weiter heißt, „ten­den­zi­ell eher linkes Portal mit sehr starker ver­schwö­rungs­ideo­lo­gi­scher Grund­stim­mung“. Zu einer ähn­li­chen Bewer­tung kommt Bell­tower News, der Blog der Amadeu-Antonio-Stif­tung, laut dem Rubikon während der Coro­na­pan­de­mie zu einer „wich­ti­gen Quelle für ver­schwö­rungs­ideo­lo­gi­sche Querdenker:innen und Pandemieleugner:innen“ wurde. Sich selbst bezeich­net das Online­por­tal als „Magazin für die kri­ti­sche Masse“.

Trotz dieser kri­ti­schen Ein­schät­zun­gen ist die hinter Rubikon ste­hende gGmbH als gemein­nüt­zig ein­ge­stuft, Spenden sind also steu­er­lich abzugs­fä­hig. Zuletzt kam der Rubikon-Verlag mit meh­re­ren Büchern, unter anderem adres­siert ans „Querdenker“-Milieu, auf die Spiegel-Best­sel­ler­liste – es scheint also gut zu laufen. Das zustän­dige Finanz­amt Mainz ver­wei­gert unter Hinweis auf das Steu­er­ge­heim­nis Aus­künfte zum kon­kre­ten Fall.

Rubikon beschreibt eine düstere Ent­wick­lung der Welt. Zuletzt hieß es in einem Beitrag über die „Neue Welt­ord­nung“ ver­schwö­re­risch: „So lenken ‚Cancel Culture‘, grenz­de­bi­les Framing und algo­rith­mi­sierte Zensur den Durch­schnitts­kon­su­men­ten davon ab zu erken­nen, dass es sich beim herr­schen­den poli­ti­schen System in Kom­bi­na­tion mit der mono­po­li­sie­ren­den Platt­form­öko­no­mie um die Voll­endung von Mus­so­li­nis Vision des per­fek­ten Faschis­mus handelt.“

In einem anderen Beitrag wird unter der Über­schrift „Die zukünf­tige Welt­re­gie­rung“ behaup­tet, dass die Welt­ge­sund­heits­or­ga­ni­sa­tion WHO ent­ge­gen der Rea­li­tät am „Pan­de­mie­not­stand“ fest­halte. Es ist die Rede vom „Zustand per­ma­nen­ter Alarm­be­reit­schaft, eine Art endlose Schock­stra­te­gie“. Die WHO solle umfas­sende Macht­be­fug­nisse wider die staat­li­che Sou­ve­rä­ni­tät bekom­men. Auf diese Weise werde alle Macht bei einer „nicht gewähl­ten, tech­no­kra­ti­schen Welt­re­gie­rung“ gebün­delt, die ledig­lich die Inter­es­sen ihrer „Haupt­spon­so­ren“ ver­trete. Diese „Schock­stra­te­gie“ mache die Men­schen „in dau­er­haf­tem Gehor­sam und Unter­wer­fung zu Ver­suchs­ka­nin­chen und Zwangs­kon­su­men­ten von Phar­ma­zeu­tika“. Jede Grip­pe­welle könne nun zur Pan­de­mie erklärt werden, „wie es ja mit der Schwei­negrippe und Corona auch gesche­hen ist“. Mit in Haftung für diese ver­meint­li­chen Pläne nimmt Rubikon nament­lich auch Bun­des­ge­sund­heits­mi­nis­ter Karl Lau­ter­bach. m.m.

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18 Mai: ‌„Z“ wie End­kampf – Die ver­schwö­rungs­ideo­lo­gi­sche Renais­sance der Apokalypse

Apo­ka­lyp­ti­sche Erzäh­lun­gen und End­zeit­fan­ta­sien sind in „Alter­na­tiv­me­dien“ ver­brei­tet. Neben extre­men Zuspit­zun­gen wird häufig auf reli­giös-fun­da­men­ta­lis­ti­sche Ele­mente zurück­ge­grif­fen. An diesem Punkt werden Ver­schwö­rungs­theo­rien zu radi­ka­li­sier­ten Verschwörungsideologien.

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13 Mai: Moni­to­ring Mai

Im Mai setzen wir uns mit der Apo­ka­lypse aus­ein­an­der. Pseu­do­rea­lis­ti­sche Deu­tun­gen gesell­schaft­li­cher Rea­li­tä­ten, wie sie in den Gegen­me­dien weit ver­brei­tet sind, gehen sehr häufig über in End­zeit­er­zäh­lun­gen. Teil davon sind Kata­stro­phen­dia­gno­sen von Lebens­mit­tel­knapp­heit bis Bür­ger­krieg genauso wie große Ver­schwö­rungs­er­zäh­lun­gen von „Great Reset“ bis „Trans­hu­ma­nis­mus“. Die Bot­schaft ist: alles wird erstmal immer schlimmer.

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13 Mai: Apo­ka­lypse

Ein dys­to­pi­sches und apo­ka­lyp­ti­sches Welt­bild ist unter vielen Prot­ago­nis­tIn­nen der „alter­na­ti­ven“ Medien in ver­schie­de­nen Aus­prä­gun­gen ver­brei­tet. Gemein­sam ist ihnen, dass der Blick in die Zukunft angst­voll, düster und ohne Hoff­nung ist. Trotz­dem wird die Apo­ka­lypse beinah sehn­suchts­voll erwar­tet als gewalt­sa­mer Aus­bruch aus dem Status Quo. Dabei gibt es viele aktu­elle Abwand­lun­gen der dys­to­pi­schen Erzäh­lung – die einen wähnen sich in einer Dik­ta­tur (zum Bei­spiel der „Corona-Dik­ta­tur“) oder am Rande eines Bür­ger­krie­ges (zum Bei­spiel aus­ge­löst durch den „Großen Aus­tausch“ oder pro­vo­zierte Lebens­mit­tel­eng­pässe), die anderen vor dem Dritten Welt­krieg (zum Bei­spiel durch eine angeb­lich vom Westen insze­nierte Kon­fron­ta­tion mit Russ­land), und wieder andere fan­ta­sie­ren die Aus­lö­schung oder Umpro­gram­mie­rung der Mensch­heit (zum Bei­spiel durch Covid-Imp­fun­gen oder „Trans­hu­ma­nis­mus“) usw.

12 Mai: Qlobal-Change auf Telegram

In Deutsch­land gibt es die größte, nicht-eng­lisch­spra­chige QAnon-Gemeinde. Die Tele­gram­gruppe Qlobal-Change ist mit knapp 140.000 Abon­nen­ten der größte QAnon-Kanal im deutsch­spra­chi­gen Raum. Mehr­mals täglich werden hier über­setzte Nach­rich­ten im Sinne der US-ame­ri­ka­ni­schen QAnon-Ideo­lo­gie aus­ge­spielt. Die zen­trale Behaup­tung dahin­ter ist, dass die Welt von einer ein­fluss­rei­chen sata­ni­schen Elite regiert werde, die das Blut ent­führ­ter Kinder trinke und Teil eines angeb­li­chen “Deep State” – eines welt­po­li­ti­schen Macht­ge­flechts hinter den offi­zi­el­len Struk­tu­ren – sei. Dieser arbeite auf einen gesell­schaft­li­chen Eska­la­ti­ons­zu­stand hin, der im “Great Reset”, einem Umsturz durch eine elitäre Gruppe, gipfele.

In diesem Sinne berich­tet das QAnon-nahe Nach­rich­ten­for­mat X22 Report über den Angriffs­krieg auf die Ukraine als Vor­ge­schmack auf ein gesell­schaft­li­ches End­sze­na­rio: “In der Ukraine wird uns vor­ge­führt, was gesche­hen wird, wenn sie mit ihrer Neuen Welt­ord­nung vor­an­schrei­ten.” Dabei kri­ti­siert der Beitrag nicht die rus­si­sche Inva­sion – viel­mehr wird die Ukraine als eigent­li­cher Aggres­sor benannt.

Qlobal-Change zitiert auf Tele­gram einen Tweet des US-ame­ri­ka­ni­schen Rechts­an­walts Robert Barnes und behaup­tet: “Die Ukraine prahlt mit der Ver­haf­tung von Men­schen wegen ihrer Bei­träge in den Sozia­len Medien.” Barnes hat 2016 ein Ver­mö­gen mit Wetten auf den Wahl­sieg Donald Trumps ver­dient. In seinem Tweet zieht er Par­al­le­len zwi­schen diesen ver­meint­li­chen Repres­sio­nen in der Ukraine und dem kürz­lich ins Leben geru­fe­nen US-ame­ri­ka­ni­schen Gremium Dis­in­for­ma­tion Gover­nance Board, welches das Minis­te­rium für Innere Sicher­heit berät. Qlobal-Change über­setzt Barnes mit fol­gen­den Worten: “Schau dir jetzt den Minis­ter gegen Fehl­in­for­ma­tio­nen an. Dann weißt du, worauf das hinausläuft.”

Gemeint ist Nina Jan­kowicz, Direk­to­rin des Dis­in­for­ma­tion Gover­nance Board. Seit ihrer Ernen­nung wird sie in QAnon-Kanälen als Teil des angeb­li­chen „Deep State“ ver­un­glimpft. Noch die kleinste per­sön­li­che Geschichte, wird dabei im Sinne der QAnon-Ideo­lo­gie aus­ge­schlach­tet. X22 Report etwa berich­tete fol­gen­der­ma­ßen dies: “Nina Jan­kowicz, die das neue Wahr­heits­mi­nis­te­rium des Hei­mats­schutz­mi­nis­te­ri­ums leiten soll, war Mit­glied einer Zau­be­rer­rock­band namens die Mau­len­den Myrten (The Moaning Myrtels), in der sie über den Sex von toten Kindern mit Harry Potter sang und eine Nummer schmet­ter­ten, in der sie Jungen in Mäd­chen­toi­let­ten als gru­se­lig bezeich­ne­ten.” Die 2005 im Tee­an­ger­al­ter gegrün­dete Fan­fic­tion­band von Jan­kowicz dient im QAnon-Bericht als Beweis für deren angeb­lich man­gelnde fach­li­che Exper­tise – Jan­kowicz‘ Tweets seien auch schon früher nur “nach­ge­plap­perte Pro­pa­ganda aus den Fake-News-Medien” gewesen. KW

12 Mai: R​T​ D​E

Wenn Deutsch­land die Ukraine im Krieg gegen Russ­land weiter unter­stützt, wird dies zum Unter­gang führen – das ist die alar­mie­rende Bot­schaft von RT DE. Der rus­si­sche Aus­lands­sen­der ist trotz der EU-Sank­tio­nen, welche die Ver­brei­tung aller RT-Inhalte euro­pa­weit ver­bie­ten, auf Web­sei­ten mit neuen URLs erreich­bar, der Live­stream des TV-Pro­gramms ist mit VPN zugäng­lich. Wirt­schaft­li­che Sank­tio­nen gegen Russ­land und Waf­fen­lie­fe­run­gen an die Ukraine seien gefähr­lich, so der Tenor der meisten Bei­träge. RT-Autor Gert Ewen Ungar etwa behaup­tet, der Pakt der Deut­schen mit der Ukraine sei einer mit dem Faschis­mus. „Die Ideen vom sla­wi­schen Unter­men­schen schwe­len noch immer und sind leicht akti­vier­bar.“ Auf­grund dieser „ras­sis­ti­schen Irr­lehre“ sei das Ziel: „Deutsch­land will Russ­land wirt­schaft­lich ver­nich­ten, Deutsch­land will in diesem Krieg siegen.“ Dieser Krieg werde jedoch ver­lo­ren, so Ungars Pro­gnose. „Die Sank­tio­nen berei­ten dem Wohl­stand der Deut­schen das Grab.“ Über die Faschis­ten in der Ukraine und ihre deut­schen Unter­stüt­zer müsste ein neues Nürn­ber­ger Tri­bu­nal richten, fordert der Autor.

Ein anderer Beitrag auf der Website sieht die Welt „am Abgrund“. Autor Rainer Rupp, ein ehe­ma­li­ger Stasi-Agent, kri­ti­siert darin den Beschluss des Bun­des­tags zur Lie­fe­rung schwe­rer Waffen in die Ukraine. Rupp zitiert den ehe­ma­li­gen rus­si­schen Prä­si­den­ten Dmitrij Med­we­dew, der auf dem Mes­sen­ger­dienst Tele­gram auf die Nie­der­lage der Deut­schen im Zweiten Welt­krieg anspielte, als er schrieb: „Schade um das Par­la­ment. So etwas nimmt gewöhn­lich ein trau­ri­ges Ende.“ Rupp bezeich­net den Beschluss zu Waf­fen­lie­fe­run­gen als „hoch­ge­fähr­li­chen Irrsinn“ und schließt den Text mit dieser Zuspit­zung: „Aber bitte keine Panik, es könnte sich ‚nur‘ um einen Atom­krieg handeln.“

In der Bericht­erstat­tung von RT DE erscheint Deutsch­land als Werk­zeug US-ame­ri­ka­ni­scher Pläne zur Schwä­chung und Ver­nich­tung Russ­lands. Dazu werden häufig linke Poli­ti­ker zitiert wie der ehe­ma­lige Spit­zen­po­li­ti­ker von Die Linke, Oskar Lafon­taine. Lafon­taine bezeich­nete in einem Beitrag in der Schwei­zer Welt­wo­che die Grünen als „gefähr­lichste US-Vasal­len“. „Außen­mi­nis­te­rin Anna­lena Baer­bock bedient sich schon mal faschis­to­ider Sprache und will Russ­land ´rui­nie­ren´“, zitiert RT DE Lafon­taine. Baer­bock stehe in der Tra­di­tion der ver­stor­be­nen ehe­ma­li­gen US-Außen­mi­nis­te­rin Made­leine Alb­right, die als pro­to­ty­pi­sche Ver­tre­te­rin der USA und der aus linker Sicht miss­glück­ten „Inter­ven­ti­ons­kriege“ im Nahen Osten beson­ders scharf kri­ti­siert wird. Lafon­taine sieht eben­falls die Gefahr eines Atom­krie­ges. RT DE titelte: „Amerika treibt Europa in einen Atom­krieg.“ ssp

12 Mai: Eva Herman Offiziell

Das ist der klas­si­sche Kampf, Licht gegen Dunkel, und der läuft jetzt“, wir befin­den uns in einer Trans­for­ma­tion, die man „das Jüngste Gericht nennen“ könne, in einem „End­zeit­ge­sche­hen“, der „Anti­christ“ sei unter uns. Solch düs­te­ren Zukunfts­vi­sio­nen ver­brei­tet Ex-Nach­rich­ten­spre­che­rin und Ver­schwö­rungs­ideo­lo­gin Eva Herman mit ihrem Partner Andreas Popp vor allem auf Tele­gram. Bei mehr als 3000 Bei­trä­gen pro Monat ist es kaum möglich, einen Über­blick zu behal­ten. Doch zwi­schen all den emo­tio­na­li­sie­ren­den Buz­zwords und Wer­be­ein­blen­dun­gen bleibt die Stoß­rich­tung klar: auf­peit­schende Kri­sen­sze­na­rien, die sich an poli­ti­schen Ereig­nis­sen ent­lang­han­geln und mit Ver­schwö­rungs­er­zäh­lun­gen ver­setzte Unter­gangs­pro­gno­sen. In stun­den­lan­gen Pod­casts breiten Herman und Popp sie in allen mög­li­chen Facet­ten aus.

So behaup­tet etwa Popp, der „kleine Ukraine-Kon­flikt“ sei eine „Ablen­kung. Das eigent­li­che Problem läuft ganz woan­ders“ und Herman sagt, „Wir reden ja über dieses andere große Problem: die Welt­wirt­schaft, die zusam­men­bricht durch die kol­la­bie­ren­den Lie­fer­ket­ten“. Während die vor­geb­li­chen Beweise für den Kollaps vari­ie­ren – mal geht es um Lebens­mit­tel­ver­knap­pung, mal um die Infil­trie­rung des Men­schen durch Künst­li­che Intel­li­genz, um mit Impf­stof­fen ver­setzte Salat­köpfe – bleibt die Schluss­fol­ge­rung gleich: „Das ist der Zusam­men­bruch. Der Great Reset. Das ist auch das Ziel eben der Leute, die sich die Welt unter­tan machen wollen.“

Dazu passt das Abend­gebt, in dem sich Herman per Audio­bot­schaft an ihre Fol­lower wendet. In Anspra­chen, die wohl als besinn­lich daher­kom­men sollen, geht es um viel um die Seele, um Licht, Karma, Gott­ver­trauen und „dem Dunkel den Garaus“ zu machen. Denn die Kehr­seite der End­zeit­sze­na­rien ist die Heils­er­war­tung der Aus­er­wähl­ten, also jener, die sich zum Bei­spiel nicht weiter von eta­blier­ten Medien oder Poli­ti­ke­rIn­nen ein­lul­len lassen. So kommt es, dass die noch so obskure Ver­schwö­rung als Wahr­heit, die niemand sehen möchte, prä­sen­tiert werden kann. Immer wieder wird an die Ein­zel­nen appel­liert, dass es nun an ihnen sei sich zu ent­schei­den – die Wahr­heit zu erken­nen, sich zu wappnen, aus­zu­wan­dern. Dazu passt, dass Herman die pas­sen­den Sur­vi­val-Uten­si­lien selbst auf Tele­gram bewirbt und gemein­sam mit Popp Semi­nare anbie­tet – in Kanada, wohin sie bereits aus­ge­wan­dert ist. svo

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25 Apr.: Was Coro­na­skep­ti­ke­rIn­nen zu Putin­fans macht

Seit über zwei Jahren demons­trie­ren Coronaskeptiker:innen gegen Pan­de­mie­maß­nah­men und für „Frieden, Frei­heit, Demo­kra­tie“. Viele ihrer Posi­tio­nen tauchen nun in Bezug auf den Ukrai­ne­krieg wieder auf – Sym­pa­thie mit einem auto­kra­ti­schen Russ­land, anti­west­li­che Haltung, Skepsis gegen­über eta­blier­ten Medien und Verschwörungserzählungen.

20 Apr.: Epoch Times

Es ist die Light-Version der Fake News: False Balance, falsche Aus­ge­wo­gen­heit. Ein Mus­ter­bei­spiel dafür ist der Beitrag „Infor­ma­ti­ons­krieg um Butscha-Mas­sa­ker“ von Bettina Schwarz, der am 8. April auf Epoch Times erschie­nen ist. Es ist eine recht bizarre Ansamm­lung von Berich­ten zu den mut­maß­li­chen Kriegs­ver­bre­chen in der Stadt nahe Kyjiw – und immer­hin zwei Quellen werden zitiert, die von einem rus­si­schen Mas­sa­ker aus­ge­hen. Zum einen das US-Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­rium, dessen Spre­cher von „Gräu­el­ta­ten“ spricht. Und zum anderen „ein über­le­ben­der Ukrai­ner“, dem­zu­folge die Truppen des tsche­tsche­ni­schen Macht­ha­ber Ramsan Kadyrow in Butscha gewütet hätten.

Die Gegen­po­si­tion aber wird wesent­lich breiter abge­bil­det und spie­gelt die rus­si­sche Staats­pro­pa­ganda wieder – zum Bei­spiel mit Zitaten von Dmitrij Pol­an­s­kij, Ver­tre­ter Russ­lands bei den UN, des bela­rus­si­schen Geheim­diens­tes KGB, einer Erklä­rung des rus­si­schen Mili­tärs, die vom rus­si­schen Aus­lands­sen­der Russia Today (RT) im Wort­laut ver­öf­fent­licht wurde, einem RT-Inter­view mit dem „Ersten Stell­ver­tre­ten­den Infor­ma­ti­ons­mi­nis­ter der Volks­re­pu­blik Donezk (DVR), Daniil Bes­so­now“ und dem Bericht des Kriegs­re­por­ters der Kom­so­mol­skaja Prawda (eine rus­si­sche Zeitung, die als Kreml-nah ein­ge­ord­net wird). Als wei­te­rer Beleg für die Dar­stel­lung des Kremls wird der pro­rus­si­sche Akti­vist und selbst­er­nannte „Volks­gou­ver­neur“ von Donezk Pawel Gubarew zitiert. All diese Quellen ergeben eine Eng­füh­rung des Textes hin zu jener Legende, Butscha sei „eine Insze­nie­rung“ mit dem Ziel „medi­en­wirk­sa­mer Bilder“ gewesen (wie es Bes­so­now im Sender RT sagte). Am Ende solcher Berichte, die formal aus­ge­wo­gen wirken sollen, steht Ver­wir­rung – und der brutal geführte Angriffs­krieg wird verharmlost.

Die Linie der Epoch Times ist nicht ein­deu­tig. Tat­säch­lich bemüht sich das Portal in den ver­gan­ge­nen Wochen seit Beginn des Angriffs­kriegs am 24. Februar immer wieder auch um jour­na­lis­ti­sche Pro­fes­sio­na­li­tät. In zahl­rei­chen nach­richt­li­chen Texten, oft mit inter­na­tio­na­len Nach­rich­ten­agen­tu­ren wie AFP und dpa als Quellen, wird über den Krieg mit Erklä­run­gen von rus­si­scher aber auch ukrai­ni­scher Seite berich­tet, etwa wenn es um die Kämpfe um den Donbass oder Mariu­pol geht, Explo­sio­nen an der Front oder um die vom rus­si­schen Außen­mi­nis­te­rium behaup­tete Betei­li­gung Deutsch­lands an ukrai­ni­schen Bio­la­bo­ren. Und in einem anderen Beitrag, der am 14. April von der chi­ne­si­schen Epoch Times über­nom­men wurde, wird dann auch das Mas­sa­ker in Butscha klar benannt, nicht nur als „Tra­gö­die“ und „schwe­res Ver­bre­chen gegen die Mensch­lich­keit“, sondern mit dem Satz: „Es ist ‚Völ­ker­mord‘.“ m.m.

20 Apr.: Nach­Denk­Sei­ten

Ver­kehrte Welt: Aus­ge­rech­net die Nach­Denk­Sei­ten, die immer wieder Ver­schwö­rungs­ideo­lo­gien ver­brei­ten und einer aktu­el­len Geg­ner­ana­lyse-Fall­stu­die zufolge „ein­sei­tige Mei­nungs­ma­che“ betrei­ben, bekla­gen „Metho­den der Mani­pu­la­tion“ in den Qua­li­täts­me­dien. Im Zusam­men­hang mit der Bericht­erstat­tung über den Krieg gegen die Ukraine behaup­tet Her­aus­ge­ber Albrecht Müller, solche Metho­den würden „ständig“ benutzt. Andere Autoren des Portals beob­ach­ten eine „anti­rus­si­sche Kam­pa­gne“ und schrei­ben, die „deut­sche Medi­en­land­schaft“ sei beim Thema Ukrai­ne­krieg „end­gül­tig im Rausch“ und an „mas­si­ver Pro­pa­ganda“ betei­ligt, die „selbst die Corona-Kam­pa­gne über­trifft“. Als Bei­spiele genannt werden Berichte des Deutsch­land­funks, der ARD-Tages­schau, der Welt und des Spiegel. In einem anderen Text heißt es zusam­men­fas­send: „Erstaun­lich viele glauben den west­li­chen Erzählungen.“

Nur ein kleiner Teil der Medi­en­land­schaft wird von dieser Kritik aus­ge­nom­men: „einige Alter­na­tiv­me­dien“, der in der EU ver­bo­tene rus­si­sche Pro­pa­gan­da­sen­der RT, die links­ra­di­kale Junge Welt, teil­weise auch die Ber­li­ner Zeitung sowie Der Freitag. Die Rede ist von „Aus­nah­men in dem nie­der­schmet­tern­den Gesamt­bild“. Die Erwäh­nung des Freitag in dieser Auf­zäh­lung ist inso­fern bemer­kens­wert, weil die Wochen­zei­tung gerade die Zusam­men­ar­beit mit dem lang­jäh­ri­gen Russ­land-Kor­re­spon­den­ten Ulrich Heyden wegen Kreml-naher Posi­tio­nie­run­gen einst­wei­len aus­ge­setzt hat – der schreibt nun regel­mä­ßig für die Nach­Denk­Sei­ten. Aktuell unter­wegs war Heyden für das Portal Ende März in der inter­na­tio­nal nicht aner­kann­ten „Volks­re­pu­blik Donezk“, im „von Russ­land erober­ten Gebiet“. Er berich­tet: „Der Blick gleitet über eine fried­li­che Land­schaft mit Hügeln und geegg­ten Feldern.“ Die Pres­se­reise war vom rus­si­schen Ver­tei­di­gungs­mi­nis­te­rium orga­ni­siert, das alles getan habe, „um Gefah­ren von uns fernzuhalten“.

Erdrü­ckende Beweise, dass es sich beim Mas­sa­ker in Klein­stadt Butscha um ein rus­si­sches Kriegs­ver­bre­chen handelt, igno­rie­ren die Nach­Denk­Sei­ten. Solche Ein­schät­zun­gen seien „ver­früht“, die Vor­gänge seien „unge­klärt“, und „jede Pro­pa­ganda und jede Politik“, die auf solchen angeb­lich „nicht bewie­se­nen Schuld­zu­wei­sun­gen gegen Russ­land“ basiere, sei „unse­riös“. Der pro­rus­si­sche Kurs zeigt sich auch in der Auswahl der ver­öf­fent­lich­ten Leser­briefe. Über­wie­gend wird dort Ver­ständ­nis für den Angriffs­krieg gegen die Ukraine geäu­ßert. Für die Min­der­heit erwi­dert ein Leser: „Das ist doch reine Pro­pa­ganda à la Kreml! (…) Wozu werden gerade die NDS (Nach­Denk­Sei­ten, Anm. d. Red.) miss­braucht und in welchem Auftrag?“ Albrecht Müller ver­si­chert: „Die Nach­Denk­Sei­ten sind von nie­man­dem beauf­tragt und werden auch nicht miss­braucht. Keiner von uns in der Redak­tion hätte das nötig.“ m.m.

13 Apr.: reitschuster.de

‘Krieg! Wir gegen Euch! Bis zur völ­li­gen Ver­nich­tung!‘ Die schreck­li­chen Ankün­di­gun­gen von Putins Kriegs-Laut­spre­cher“, twit­tert Boris Reit­schus­ter anläss­lich des Todes des rus­si­schen Ultra­na­tio­na­lis­ten Wla­di­mir Schi­ri­no­w­ski. – „Panik­ma­cher Reit­schus­ter! Wie die Poli­ti­ker und Medien bei Corona!“, ant­wor­tet ein Fol­lower. Fast 30.000 Abon­nen­ten hat Boris Reit­schus­ter seit dem Über­fall Russ­lands auf die Ukraine auf Tele­gram ein­ge­büßt. Der Grund: ein Teil der Fans nimmt dem Blogger, der populär gewor­den ist durch pau­schale Medien-Schelte und Halb­wahr­hei­ten zu Corona, die vehe­mente Posi­tio­nie­rung gegen Kreml-Pro­pa­ganda und Krieg übel.

Anders als im ver­gan­ge­nen Monat gibt es bei reitschuster.de im April nicht mehr allzu viel zum Krieg in der Ukraine. Aber ein Wider­spruch ist dabei Thema: Wie ist zu erklä­ren, dass die­sel­ben Medien, die zu Corona wegen angeb­lich sys­te­ma­ti­scher Lüge ver­un­glimpft wurden, nun auf einer Linie mit Reit­schus­ter sind? „Beson­ders dra­ma­tisch ist, dass auch Men­schen, die in Sachen Corona die Pro­pa­ganda in den deut­schen Medien durch­schaut haben, nun der Pro­pa­ganda der rus­si­schen Medien auf den Leim gehen“, schreibt Reit­schus­ter in einem Artikel über die Mas­sa­ker in Butscha.

Der Erklä­rungs­ver­such: Weil die Men­schen wegen angeb­lich sys­te­ma­tisch fal­scher Bericht­erstat­tung zu Corona kein Ver­trauen mehr in die Medien hätten, fielen sie nun auf die rus­si­sche Pro­pa­ganda herein. In einem Gast­bei­trag schreibt Eka­te­rina Quehl, dass „Putins Nar­ra­tive“ vor allem in Kanäle „alter­na­tive“ Medien ver­mit­telt würden, um auf diese Weise „Ver­trauen bei kri­ti­schen Lesern“ zu gewin­nen. „Doch über den Angriff Putins auf die Ukraine berich­ten sie nichts anderes als der Erste Kanal in Russ­land“, schließt daraus Quehl.

Doch Reit­schus­ter wäre nicht Reit­schus­ter, wenn er nicht doch einen Weg fände, Deutsch­land mit dem auto­ri­tä­ren Régime in Russ­land zu ver­glei­chen. Denn so sehr sich deut­sche Medi­en­be­richte zur Ukraine von den rus­si­schen unter­schei­den, so sehr ähnel­ten sich beide Staaten im Umgang mit ihren Kri­ti­ke­rin­nen. Reit­schus­ter schreibt, ein „Insider“ habe ihm ver­ra­ten, die Anre­gung, ihn aus der Bun­des­pres­se­kon­fe­renz aus­zu­schlie­ßen, sei von „‚ganz oben‘“ gekom­men. Und er liefert auch eine Begrün­dung: „Nachdem ich schon beim Thema Corona die Regie­rung (…) zur Weiß­glut gebracht hätte, habe man beim Thema Ukraine noch mehr Angst vor kri­ti­schen Nach­fra­gen gehabt, weil Scholz ein dop­pel­tes Spiel spiele.“ svo

12 Apr.: Auf1

Der öster­rei­chi­sche Online­ka­nal Auf1.TV ver­steht sich als „der erste wirk­lich zu 100% unab­hän­gige und alter­na­tive TV-Sender im deutsch­spra­chi­gen Raum“. Chef­re­dak­teur ist der u.a. durch seine Ver­bin­dun­gen in die rechts­extreme Szene bekannte Stefan Magnet. The­ma­tisch stand bei Auf1 im April vor allem der Angriffs­krieg auf die Ukraine im Vor­der­grund. In diesem Zusam­men­hang ver­spricht der Online­sen­der: „Bei AUF1 finden Sie wie immer Stand­punkte, Infor­ma­tio­nen und Inter­views, die die Main­stream-Medien garan­tiert nicht zeigen“. So wird der Angriffs­krieg zu einem angeb­li­chen „Stell­ver­tre­ter­krieg Russ­land – USA/​NATO“ umge­deu­tet oder zum Aus­druck des „Kampfes der soge­nann­ten alten gegen die neuen Werte“ und mit Ver­schwö­rungs­er­zäh­lun­gen ver­mischt. Demnach wurde zum Bei­spiel die gegen­wär­tige Ener­giek­riese von den west­li­chen Staaten absicht­lich ver­ur­sacht. „Die trans­at­lan­ti­schen Lobbys, die auf Grund einer per­fi­den Stra­te­gie Europa erschüt­tern wollen, seien anschei­nend ein inof­fi­zi­el­les Bündnis mit links­grü­nen Ideo­lo­gen ein­ge­gan­gen, denen die klas­si­schen, zuver­läs­si­gen Ener­gie­trä­ger wie Gas, Öl und Kohle ein Dorn im Auge sind, weil sie an die pseu­do­wis­sen­schaft­li­che Theorie vom men­schen­ge­mach­ten Kli­ma­wan­del glauben“, fasst Auf1 ein Gespräch mit dem „Strom­ex­per­ten“ Jürgen Mein­hart zusammen.

Immer wieder inter­viewt Auf1 soge­nannte Exper­ten, die auch in ver­schwö­rungs­gläu­bi­gen Kreisen populär sind. So sprach Stefan Magnet in einem Auf1-Spezial mit dem deut­schen Publi­zis­ten Chris­toph Hörstel. Auf einer Mos­kau­reise, von der er gerade zurück­ge­kehrt sei, so Magnet in der Anmo­de­ra­tion, habe Hörstel sich einen eigenen Ein­druck ver­schafft und „wich­tige Per­sön­lich­kei­ten“ getrof­fen. Das Inter­view ist geprägt von einem Putin-freund­li­chen Blick auf den Angriffs­krieg sowie einer sys­te­ma­ti­schen Täter-Opfer-Umkehr. Nicht die rus­si­sche Regie­rung benennt Hörstel als Aggres­sor, sondern die west­li­chen Mächte: „Der Westen hat Putin pro­vo­ziert, dieser musste zum Krieg schrei­ten“. Im wei­te­ren Verlauf des Inter­views bezeich­net Hörstel den Krieg in seiner Genese als „Schutz­ak­tion“ und ist damit ganz auf Kreml-Linie. Den ukrai­ni­schen Prä­si­den­ten Wolo­dymyr Selen­skyj nennt er eine „CIA-Puppe“ die die Eska­la­tion des andau­ern­den Krieges in der Ukraine für eine Wie­der­wahl brauche. KW

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07 Apr.: Zwi­schen Pro­pa­ganda und Zensur: Das Problem mit R‌T

Seit Anfang März dürfen die Inhalte von RT in der EU nicht mehr ver­brei­tet werden. Zunächst vor­über­ge­hend. Während einige dies als not­wen­di­gen Schritt sehen, um die destruk­tive Wirkung rus­si­scher Staats­pro­pa­ganda ein­zu­däm­men, warnen andere Stimmen vor einer Ein­schrän­kung der Pressefreiheit. 

06 Apr.: Neues aus Russland

Neues aus Russ­land“ – das ist ein deutsch- und rus­sisch­spra­chige Tele­gram-Kanal, mit dem Alina Lipp mit aktuell 120.000 Abon­nen­ten regen Zuspruch erfährt. Lipp ist eine Amateur-Jour­na­lis­tin aus Deutsch­land, die nach eigenen Angaben zunächst auf die Krim aus­wan­derte und jetzt im Donbass lebt. Lipp berich­tet über den Krieg in der Ukraine, ins­be­son­dere im Donbass. Sie bezeich­net sich selbst als „Frie­dens­jour­na­lis­tin“ und laut einem T‑Online-Artikel als „offi­zi­elle Kriegs­kor­re­spon­den­tin“ für den staat­li­chen Medi­en­kon­zern Rossija Segodnja, für den sie als freie Mit­ar­bei­te­rin tätig sei.

Lipp bedient in ihrem Kanal das Kreml-Nar­ra­tiv vom Kampf Russ­lands gegen den angeb­li­chen Nazis­mus in der Ukraine. Die Angriffe der rus­si­schen Armee auf ukrai­ni­sche Zivi­lis­ten werden geleug­net, indem sie immer wieder als Insze­nie­run­gen der ukrai­ni­schen Seite dar­ge­stellt werden. Dazu werden angeb­li­che Augen­zeu­gen­be­richte, Videos und Fotos meist von anderen Social Media-Platt­for­men wie Face­book und Tele­gram her­an­ge­zo­gen, deren Authen­ti­zi­tät nicht über­prüft wird. Ein Video, über­nom­men aus einem rus­sisch­spra­chi­gen Tele­gram­ka­nal, kom­men­tierte Lipp zum Bei­spiel so: „Das ukrai­ni­sche Militär berei­tet eine ‚Leiche‘ vor, ver­mut­lich für künf­tige ‚scho­ckie­rende Auf­nah­men der rus­si­schen Aggres­sion‘, ver­mu­tet man in rus­si­schen Kanälen.“ In einem wei­te­ren Video, eben­falls über­nom­men aus einem rus­sisch­spra­chi­gen Tele­gram­ka­nal, behaup­tete eine Yana aus Mariu­pol, das ukrai­ni­sche Militär atta­ckiere in der Hafen­stadt Wohn­vier­tel. Im deutsch­spra­chi­gen Pos­ting­text wird sie so zitiert: „In unserer Nach­bar­schaft (…) waren alle Geschütze der ukrai­ni­schen Sol­da­ten zu sehen, die auf alle Teile der Stadt feu­er­ten und einen rus­si­schen Angriff imitierten“.

Mit ähn­li­chen Bei­trä­gen rela­ti­viert Lipp auch die Mas­sa­ker der rus­si­schen Armee in Butscha. Ein Beitrag etwa zeigt Screen­shots eines Face­book-Posts mit zwei Fotos einer jungen Frau, ein Porträt, sowie ein Bild auf dem sie leblos auf dem Boden liegt, schein­bar ermor­det, auf dem steht: „I was killed by Russian sol­diers because I was Ukrai­nian.“ Dies ist jedoch bereits eine Fäl­schung, wie man mit ein paar Klicks her­aus­fin­den kann. Im Ori­gi­nal-Post der abge­bil­de­ten jungen Frau wird deut­lich, dass es sich um eine Aktion handelt, die auf den Krieg auf­merk­sam machen soll, der Text dazu lautet nämlich: „Das Foto rechts (der schein­bar toten Frau, Red.) HÄTTE ICH SEIN KÖNNEN. HÄTTE JEDER VON UNS SEIN KÖNNEN“.

Die Gewalt­ta­ten der rus­si­schen Armee an Zivi­lis­ten in Butscha wurden von inter­na­tio­na­len Medien veri­fi­ziert. Lipp ver­brei­tet auch Nach­rich­ten rus­si­scher Staats­me­dien, etwa die Äuße­rung des Kreml­spre­chers Dmitrij Peskow, der den Abzug der rus­si­schen Truppen aus Kyjiw als „Geste guten Willens“ bezeich­nete. Damit macht Lipp sich zum Sprach­rohr der rus­si­schen Führung.

Alina Lipp ist keine Unbe­kannte. 2019 star­tete ihr Youtube-Kanal „Glück­lich auf der Krim“, darauf folgte „Druschba FM“, wo sie Nato-Kri­ti­ker und Akteure wie den Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker Daniele Ganser inter­viewte. ssp

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06 Apr.: Moni­to­ring April

Der rus­si­sche Angriffs­krieg auf die Ukraine ist wei­ter­hin ein domi­nie­ren­des Thema in „Alter­na­tiv­me­dien“. Im April-Moni­to­ring ver­su­chen, nicht nur die großen, sich wie­der­ho­len­den Nar­ra­tive zu unter­su­chen und ein­zu­ord­nen, sondern auch ganz kon­krete, häufig falsche, Behaup­tun­gen, Falsch­in­for­ma­tio­nen oder Metho­den wie False Balancing.

22 März: Apolut

Apolut über­nimmt zahl­rei­che rus­si­sche Nar­ra­tive zum Krieg in der Ukraine. Zentral ist die Täter-Opfer-Umkehr, nach der nicht Russ­land der Aggres­sor sei, sondern die Ukraine und der Westen, vor allem die Nato. So schreibt etwa Autor Uli Gel­ler­mann, dass ein Rückzug der rus­si­schen Truppen kon­tra­pro­duk­tiv sei, da dies den Krieg zuguns­ten der Ukraine nur beschleu­ni­gen würde. „Zugleich wäre die Aus­deh­nung und Stärke der Nato-Kriegs­ma­schine garan­tiert.“ Seine Schluss­fol­ge­rung: Ein Rückzug Russ­lands würde sogar die nächs­ten Kriege der Nato vor­be­rei­ten. In dieser Logik schließt Gel­ler­mann sich der rus­si­schen For­de­rung nach einer Neu­tra­li­tät der Ukraine an, denn dies „könnte den Krieg fried­lich beenden“. Auch die Legende von der angeb­lich von Nazis domi­nier­ten Ukraine wird häufig ver­brei­tet. In einem von Frie­de­mann Wil­le­mer über­nom­me­nen Beitrag ver­gleicht dieser den ukrai­ni­schen Prä­si­den­ten Wolo­dymyr Selen­skyj mit Hitler, der sein Volk wis­sent­lich in den Abgrund gezogen habe. Selen­skyj handele genauso – „im Auftrag des ame­ri­ka­ni­schen Hegemon“. Und weiter: „Selen­ski soll mög­lichst lange grau­en­volle Bilder für die Welt­öf­fent­lich­keit liefern, damit das anglo­ame­ri­ka­ni­sche Ziel der Zer­stö­rung Russ­lands als eben­bür­ti­ger Partner erreicht werden kann.“ Dies nimmt die häufig wie­der­holte Behaup­tung der rus­si­schen Führung auf, der Westen wolle Russ­land bedrän­gen und zerstören.

Ebenso ver­brei­tet Apolut das Nar­ra­tiv, die Ukraine sei kein echter Staat und die Ukrai­ner keine echte Nation. Autor Hermann Ploppa bedient in seiner pseudo-wis­sen­schaft­li­chen Sendung „HIStory“ die Behaup­tung, die Ukraine sei ein künst­li­ches Gebilde, und spricht dem Staat so letzt­lich das Recht auf Sou­ve­rä­ni­tät ab. Er schreibt: „Doch es wird künst­lich eine ukrai­ni­sche Sprache gezüch­tet. Der Versuch, dieses Retor­ten­pro­dukt auch den im Osten leben­den Ukrai­nern auf­zu­zwin­gen, wird von den Men­schen dort ener­gisch zurück­ge­wie­sen.“ Um die Leser von Apolut auch über das eigene Angebot hinaus mit der rus­si­schen Per­spek­tive auf den Krieg zu ver­sor­gen, emp­fiehlt die Redak­tion Platt­for­men, auf denen der staat­li­che rus­si­sche Aus­lands­sen­der RT DE, trotz des EU-Verbots wegen Ver­brei­tung von Des­in­for­ma­tion zum Krieg in der Ukraine weiter genutzt werden kann.

Das Online­an­ge­bot Apolut ist ein Projekt aus dem Umfeld von Ken Jebsen und vor allem unter Ver­schwö­rungs­gläu­bi­gen beliebt. Auf Apolut ist das Archiv von Jebsens ehe­ma­li­ger Platt­form KenFM ein­ge­bun­den, auch kenfm.de leitet auf Apolut weiter. Die Medi­en­an­stalt Berlin-Bran­­den­­burg hatte 2021 ein Ver­fah­ren gegen KenFM wegen Ver­let­zung der jour­na­lis­ti­schen Sorg­falts­pflicht ein­ge­lei­tet – dieses wurde ein­ge­stellt, weil das Angebot offline ging. ssp

21 März: Eva Herman Offiziell

Direkt zu Beginn des ersten Pod­casts nach Beginn des rus­si­schen Angriffs­krie­ges gegen die Ukraine führt Andreas Popp mit Eva Herman aus, wie „die großen Tages­ge­sche­hen genutzt werden, um in deren Wind­schat­ten (…) Ent­schei­dun­gen auch gegen das Volk“ vor­zu­neh­men. Konkret gehe es dabei um eine angeb­li­che Ver­schär­fung der Coro­na­maß­nah­men, die durch viele Berichte aus der Ukraine ver­deckt werde.

Die ehe­ma­lige Nach­rich­ten­spre­che­rin Eva Herman und ihr Partner, der Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker Andreas Popp, betrei­ben von Kanada aus einen der reich­wei­te­stärks­ten „alter­na­ti­ven“ Medi­en­ka­näle. Auf Tele­gram hat Herman rund 213.000 Abon­nen­ten. Haupt­thema des Kanals ist eigent­lich die Kritik an den Coro­na­maß­nah­men. Zuneh­mend prägen aber Erzäh­lun­gen von sich zuspit­zen­den Kata­stro­phen­sze­na­rien, die angeb­lich durch eine globale Elite orches­triert werden, den Kanal. Die Coro­na­maß­nah­men wie der Krieg sind in dieser Logik nur eine Station. Lebens­mit­t­knapp­heit, stei­gende Roh­stoff­preise, Lie­fer­ket­ten­zu­sam­men­brü­che – hinter all dem ver­mu­ten Popp und Herman eine „stra­te­gi­sche Abar­bei­tung einer Agenda“. Mal spricht Herman von angeb­li­chen „Nah­rungs­mit­tel­eng­päs­sen“ in der EU, dann werden Fotos leerer Super­markt­re­gale geteilt oder Werbung für Selbst­ver­sor­ge­ru­ten­si­lien wie Getreidetonnen.

Immer wieder werden neue Aspekte großer Ver­schwö­run­gen dis­ku­tiert. Popp führt zum Bei­spiel dieses „Gedan­ken­mo­dell“ aus: Russ­land wolle die Ukraine viel­leicht gar nicht beset­zen und Deutsch­land laufe mit seiner Bereit­schaft zu Waf­fen­lie­fe­run­gen „in eine offene Falle“, Europa werde dadurch „kom­plett zer­rie­ben“, was wie­derum im Inter­esse der USA sei. Und so steht am Ende wie in so vielen Ver­schwö­run­gen die Fan­ta­sie einer US-domi­nier­ten neuen Weltordnung.

Berei­tet euch auf alles Mög­li­che vor“, warnt Eva Herman in einer Podcast-Folge. Vor dem Hin­ter­grund der ständig wie­der­hol­ten Ver­schwö­run­gen gegen die Bevöl­ke­rung kann das nur eines heißen: Glaubt nie­man­dem, weder Politik, Medien noch Wis­sen­schaft. Ein fatales und apo­ka­lyp­ti­sches Welt­bild, was auf Dauer das Ver­trauen in Demo­kra­tie und Gesell­schaft erschüt­tert. svo

17 März: Compact

Der grund­le­gende Tenor der Bericht­erstat­tung des rechts­extre­men Maga­zins Compact zum Krieg gegen die Ukraine ist Putin-freund­lich. So stellt Chef­re­dak­teur Jürgen Elsäs­ser gleich im Edi­to­rial der März-Ausgabe klar: „Putin hat die Eska­la­tion jeden­falls nicht zu ver­ant­wor­ten.“ Statt­des­sen sieht Elsäs­ser Ursa­chen für den Kriegs­aus­bruch im „Great Reset“ – einer unter Ver­schwö­rungs­gläu­bi­gen weit ver­brei­te­ten Fan­ta­sie, der zufolge eine globale Elite zu ihrem Vorteil Kata­stro­phen­sze­na­rien orches­triert. Laut Elsäs­ser geht es im rus­si­schen Krieg gegen die Ukraine eigent­lich darum, die „CO2-basierte Indus­trie­struk­tur“ zu zer­stö­ren und – wie schon durch die angeb­li­che „Corona-Insze­nie­rung“ ver­sucht – „die ren­di­te­träch­ti­gen Fran­ken­stein-Tech­no­lo­gien der Pharma‑, Nano, Bio- und Gen­bran­che“ an ihre Stelle zu setzen.

Auch die deut­sche Bun­des­re­gie­rung habe ihren Teil zum Aus­bruch des Kriegs bei­getra­gen, betont Elsäs­ser im Edi­to­rial der aktu­el­len Son­der­aus­gabe mit dem viel­sa­gen­den Titel „Feind­bild Russ­land. Die NATO mar­schiert“. Darin behaup­tet er: „Immer, wenn die Grünen in die Regie­rung kommen, gibt es Krieg.“ Und führt aus, Außen­mi­nis­te­rin Anna­lena Baer­bock habe auf ihrer Reise nach Kyjiv „den Starr­sinn der dor­ti­gen Regie­rung an(ge)stachelt“.

In vielen Texten domi­niert eine radikal anti­west­li­che Haltung. Die Ableh­nung „euro­päi­scher Werte“ und ganz konkret die Ableh­nung sexu­el­ler und repro­duk­ti­ver Selbst­be­stim­mungs­rechte dient in dieser Logik dazu, den rus­si­schen Angriffs­krieg zu rela­ti­vie­ren. Im Online-Artikel „‘Euro­päi­sche Werte‘ ver­tei­di­gen? Nein danke!“ findet es Autor Phil Mehrens „grotesk und ver­lo­gen, sich über Putins aggres­sive Rhe­to­rik zu empören und gleich­zei­tig klaglos hin­zu­neh­men, dass mit einem zyni­schen Pro­pa­gan­da­be­griff wie ‘repro­duk­tive Rechte’ ein Ver­bre­chen gegen die Mensch­lich­keit bemän­telt wird“. Ähnlich anti­de­mo­kra­ti­sche Argu­men­ta­tio­nen finden sich in einer Inter­view­reihe mit dem rechts­extre­men rus­si­schen Theo­re­ti­ker Alek­sandr Dugin in der März-Ausgabe. Im Gespräch mit Alex­an­der Mar­ko­vics, Akti­vist der Iden­ti­tä­ren Bewe­gung, warnt er vor dem west­li­chen Libe­ra­lis­mus als Trieb­fe­der des „Great Reset“: „Die Durch­set­zung der west­li­chen Moderne zog eine Spur der Ver­wüs­tung durch unsere Gemein­schaf­ten und führte die Welt in den Abgrund.” Auf­hal­ten könne das nur „Das große Erwa­chen“ (Titel seiner jüngs­ten Publi­ka­tion) und das Abwen­den von der west­li­chen Moderne und ihren Werten. KW

15 März: Nach­Denk­Sei­ten

Der Krieg gegen die Ukraine ist zen­tra­les Thema auf den Nach­Denk­Sei­ten seit dem 24. Februar – wobei, das macht Her­aus­ge­ber Albrecht Müller in einem Kom­men­tar deut­lich, die For­mu­lie­rung „Putins Krieg“, wie sie in einem fol­gen­den Artikel ver­wen­det wird, als „undif­fe­ren­ziert“ zu gelten habe. Es gibt eine gewisse Unei­nig­keit auf dem Portal, ob und wie scharf die Inva­sion zu ver­ur­tei­len ist. Dennoch herrscht bei vielen Autoren Ver­ständ­nis und zum Teil gar Recht­fer­ti­gung für das Vor­ge­hen des rus­si­schen Prä­si­den­ten Wla­di­mir Putin vor. Schon am Tag des Kriegs­be­ginns gibt Autor Jens Berger die Linie vor. Er spricht davon, dass die „Inva­sion der Ukraine durch rus­si­sche Truppen“ – dar­auf­fol­gend als „Mili­tär­ak­tion“ umschrie­ben – „auch für uns über­ra­schend“ gekom­men und „klar zu ver­ur­tei­len“ sei. Aber ande­rer­seits: Letzt­end­lich sei die Inva­sion in der Ukraine das „trau­rige Ergeb­nis einer fehl­ge­lei­te­ten Eska­la­ti­ons­po­li­tik des Westens“. Anstatt eine dau­er­hafte Frie­dens­ord­nung zu ent­wer­fen, habe man Russ­land ein­ge­kes­selt und gedemütigt.

Eben­falls am 24. Februar nennt Oskar Lafon­taine, ehe­ma­li­ger Vor­sit­zen­der von SPD und Die Linke, den „Angriffs­krieg“ in einem Gast­bei­trag einen „bru­ta­len Bruch des Völ­ker­rechts“, der auch durch die „völ­ker­rechts­wid­ri­gen Kriege der USA und ihrer Ver­bün­de­ten“ nicht zu recht­fer­ti­gen sei. Lafon­taine warnt vor Sank­tio­nen, welche ledig­lich die „Dop­pel­mo­ral und Heu­che­lei“ der west­li­chen „Lügen­ge­mein­schaft“ offen­ba­ren würden. Her­aus­ge­ber Müller sieht Russ­land „in die Enge getrie­ben“. Er skiz­ziert eine Allianz zwi­schen „trans­at­lan­ti­schen Dumpf­ba­cken“ wie Kanzler Olaf Scholz, Außen­mi­nis­te­rin Anna­lena Baer­bock und CDU-Chef Fried­rich Merz, die gemein­sam mit den „weit­ge­hend mit ihnen kor­re­spon­die­ren­den Medien“ den Zusam­men­hang zwi­schen der Ent­schei­dung Moskaus und dem „Vorlauf trans­at­lan­ti­scher und auch mili­tä­ri­scher ‚Tätig­keit‘ in der Ukraine“ nicht wahr­neh­men wollten.

In unter­schied­li­che Rich­tun­gen weisend und mit jeweils vor­sich­ti­ger Distan­zie­rung der Redak­tion ragen zwei Texte heraus: Der schot­ti­sche Akti­vist Craig Murray äußerst zwar „großes Ver­ständ­nis für die rus­si­schen Sicher­heits­be­den­ken“, warnt ande­rer­seits vor einem Regime­wech­sel in Kyjiv und der Instal­lie­rung eines Putin-freund­li­chen „Mario­net­ten­re­gimes“, das aus seiner Sicht nur durch Auto­ri­ta­ris­mus und extreme Repres­sion auf­recht­erhal­ten werden könne. Tobias Riegel, regel­mä­ßi­ger Autor der Nach­Denk­Sei­ten, dagegen liegt voll auf der pro­pa­gan­dis­ti­schen Linie des Kremls – und möchte den rus­si­schen Kriegs­ein­satz „teil­weise als Notwehr ein­ord­nen“. m.m.

10 März: R​T​ D​E

RT DE ver­kehrt in der Bericht­erstat­tung über den Krieg gegen die Ukraine die Tat­sa­chen in ihr Gegen­teil: Nicht Russ­land sei der Aggres­sor, sondern die Ukraine, der Westen und ins­be­son­dere die Nato. So schrieb RT-Autor Ulrich Heyden, dass der Westen „sich beharr­lich gewei­gert (habe), Russ­land Sicher­heits­ga­ran­tien zu geben“. Die angeb­li­che Bedro­hung Russ­lands durch die Nato ist ein ständig wie­der­hol­tes Nar­ra­tiv: „Putin sieht die Ukraine als Auf­marsch­ge­biet der NATO. Deren Raketen werden auch ohne NATO-Mit­glied­schaft der Ukraine näher an Russ­land her­an­rü­cken“, behaup­tet Heyden. Am Tag des Angriffs auf die Ukraine, dem 24. Februar, leug­nete Putin, dass Russ­land plane, die Ukraine zu beset­zen. Der Angriff wurde als „Son­der­ope­ra­tion“ bezeich­net. „Russ­land wolle ledig­lich die Men­schen im Donbass schüt­zen, die seit acht Jahren einem Völ­ker­mord durch das Kyjiwer Régime aus­ge­setzt seien“, zitierte RT DE den rus­si­schen Prä­si­den­ten. Für den Vorwurf des Völ­ker­mords aller­dings gibt es keine Belege. Ebenso wurde bei RT DE regel­mä­ßig behaup­tet, Russ­land greife keine Städte oder Zivi­lis­ten an – zahl­rei­che Berichte unab­hän­gi­ger Quellen zeugen hin­ge­gen vom Gegen­teil. Bereits seit der Anne­xion der Krim im Jahr 2014 ver­brei­ten rus­si­sche Staats­me­dien sys­te­ma­tisch eine Falsch­dar­stel­lung, um das mili­tä­ri­sche Ein­grei­fen Russ­lands zu recht­fer­ti­gen: nämlich dass Nazis in der Ukraine die Rus­sisch­spra­chi­gen bedroh­ten. So diene auch diese Inter­ven­tion der „Ent­na­zi­fi­zie­rung“ der Ukraine, berich­tete RT DE, womit der Sender ein wei­te­res Kreml-Nar­ra­tiv wiederholt.

Am 2. März verbot die EU die Ver­brei­tung der Inhalte der rus­si­schen Aus­lands­me­dien RT und Sputnik, da sie laut Kom­mis­si­ons­prä­si­den­tin Ursula von der Leyen „Pro­pa­ganda und Des­in­for­ma­tion“ über den rus­si­schen Angriff auf die Ukraine ver­brei­te­ten. RT DE wei­gerte sich zunächst, dieses Verbot umzu­set­zen. Die Medi­en­an­stalt Berlin-Bran­den­burg setzte deshalb nach eigenen Angaben ein Zwangs­geld von 25.000 Euro fest. Das Fern­seh­pro­gramm als Live­stream wurde mitt­ler­weile ein­ge­stellt. Für die Web­seite wurden jedoch drei ver­schie­dene URL ein­ge­rich­tet, sodass sie weiter zugäng­lich ist. Der zuletzt stark gewach­sene Tele­gram-Kanal sowie alle wei­te­ren Social-Media-Kanäle von RT DE wurden gesperrt. ssp

07 März: reitschuster.de

Vielen Fans des Blog­gers Boris Reit­schus­ter gefällt nicht, was er seit Ende Februar schreibt. Auf den Kanälen des ehe­ma­li­gen Russ­land-Kor­re­spon­den­ten nämlich kann von Putin-Ver­harm­lo­sung oder der Legende von der Ein­krei­sung Russ­lands durch die Nato, wie sie von vielen „alter­na­ti­ven“ Medi­en­ka­nä­len ver­brei­tet wird, keine Rede sein. Reit­schus­ter ver­ur­teilt die „Kriegs­trei­be­rei“ von Putins Russ­land, schreibt, nichts recht­fer­tige „einen blu­ti­gen Angriffs­krieg“ oder bezeich­net die Kreml-Behaup­tung, die ukrai­ni­sche Regie­rung sei eine „durch einen Putsch an die Macht gekom­mene faschis­ti­sche Junta“ als „Pro­pa­ganda“. In seiner Wochen­mail erklärt er, warum die rus­si­sche Pro­pa­ganda so erfolg­reich sei: „weil so zynisch gelogen wird von Moskau und seinen Sprach­roh­ren, weil die Lüge so gigan­tisch ist, dass sie für jeman­den, der kein Rus­sisch kann, kaum zu durch­schauen ist – selbst für die­je­ni­gen, die durch­schaut haben, wie viel Pro­pa­ganda unsere Medien betreiben“.

Reit­schus­ter war die Pan­de­mie lang nicht müde gewor­den, mit Sug­ges­tiv­fra­gen und Halb­wahr­hei­ten Miss­trauen gegen­über Medien, Politik und Ent­schei­dungs­trä­ge­rin­nen zu schüren. Ent­spre­chend liest sich nun das Unver­ständ­nis für seine Putin-kri­ti­sche Haltung. „Langsam wird’s pein­lich“, kom­men­tiert ein Twitter-Fol­lower, „Ich weiß ja nicht ob er hier eine neue Ein­tritts­karte für die Bun­des­pres­se­kon­fe­renz lösen will“, schreibt Bodo Schiff­mann auf Tele­gram. In zwei Wochen verlor Reit­schus­ter auf Tele­gram über 15.000 Abonnenten.

Hier zeigt sich, dass das Corona-Nar­ra­tiv die Bünd­nisse zwi­schen den poli­ti­schen Lagern zwar nicht nach­hal­tig sichern konnte. Aber Reit­schus­ter wagt einen Spagat. „Der Krieg ist die Fort­set­zung der Pan­de­mie“, kom­men­tiert Nutzer BoriS auf Tele­gram – und macht aus einer angeb­lich gesteu­er­ten Pan­de­mie einen angeb­lich insze­nier­ten Krieg. Trotz klarer Haltung zum Krieg gegen die Ukraine wird auch auf reitschuster.de ver­sucht, das Corona-Maß­nah­men-Bashing mit dem Kriegs­thema zu ver­söh­nen. „Ber­li­ner Senat: Flücht­linge aus der Ukraine schnell gegen Corona impfen. Befrem­dende Aus­wüchse des Impf­wahn­sinns“, heißt es in einer Über­schrift und in einer anderen wird der wach­sende Hass auf Russen für das pas­sende Corona-Nar­ra­tiv instru­men­ta­li­siert: „Droht jetzt neue Hetze – gegen Russen statt Unge­impfte?“ Genauso bleibt Raum für radikal anti­west­li­che oder rechts­po­pu­lis­ti­sche Res­sen­ti­ments – so spricht Reit­schus­ter im März mit dem rechts­of­fe­nen ehe­ma­li­gen Ver­fas­sungs­schutz­prä­si­den­ten Hans-Georg Maaßen genauso wie mit Linken-Poli­ti­ker Diether Dehm, der erzählt, wie Putin sich zum Angriffs­krieg habe „pro­vo­zie­ren lassen“. svo

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07 März: Moni­to­ring März

Auch in soge­nann­ten „alter­na­ti­ven“ Medien ist der Angriffs­krieg von Putins Russ­land auf die Ukraine ein beherr­schen­des Thema. In unserer März-Ausgabe widmen wir uns darum inten­siv der Dar­stel­lung und Kom­men­tie­rung des Krieges in der Ukraine in den Gegen­me­dien und ordnen die Behaup­tun­gen und Argu­mente ein.

28 Feb.: Quer­den­ken auf Telegram

Es ist der min­des­tens indi­rekte Aufruf zum Wider­stand. Immer wieder in den ver­gan­ge­nen Tagen ver­brei­tete Quer­den­ken-711, der Tele­gram-Kanal am Stamm­sitz der Bewe­gung mit aktuell rund 55.000 Abon­nen­ten, Reklame für Demons­tra­tio­nen zum „Freedom Day“, bei­spiels­weise in Stutt­gart und in Dresden. Initia­tor Michael Ballweg wie­der­holt sein Dogma: „Die Bevöl­ke­rung ent­schei­det, wann die Pan­de­mie vorbei ist.“ Zugleich werden die Anhän­ge­rin­nen der Bewe­gung auf­ge­for­dert, sich auch juris­tisch zu wehren – etwa in Aus­ein­an­der­set­zun­gen um den Gene­se­nen­sta­tus oder um Poli­zei­ein­sätze bei „Querdenker“-Protesten. Ballweg erklärt, es sei das „Ziel erreicht“, die „dezen­trale Demons­tra­ti­ons­be­we­gung hat sich ver­selbst­stän­digt“. Im Umkehr­schluss heißt das: Wie die Anhän­ger der Quer­den­ken-Bewe­gung die von ihnen ver­langte Gegen­wehr konkret umset­zen, ist der Kon­trolle von ihm und seinen Mit­strei­tern längst entzogen.

Im Quer­den­ken-Umfeld populär ist bei­spiels­weise die Website www.20–03-freedom.day, auf der, ohne Impres­sum und ohne Hinweis auf die Urheber, appel­liert wird, nach dem 20. März „gemein­schaft­lich keine Corona-Maß­nah­men mehr zu akzep­tie­ren“– weder Kon­takt­be­schrän­kun­gen noch Mas­ken­pflicht, Impf- oder Test­nach­weise. Und fast täglich lässt sich im Tele­gram-Kanal der rechts­extre­men „Freien Sachsen“ (fast 148.000 Abon­nen­ten) nach­le­sen, wie unver­hoh­len Gewalt ange­kün­digt wird. In Kom­men­ta­ren dort heißt es, es dürfe „erst nach­ge­las­sen werden, wenn SÄMTLICHE Ter­ror­maß­nah­men gefal­len sind“ und „ALLE, die das Ter­ror­re­gime stütz­ten und ermög­lich­ten, vor Gericht stehen“. Mit Blick auf Sach­sens Gesund­heits­mi­nis­te­rin Petra Köpping (SPD), gegen die mit einem Fackel­marsch vor ihrem Wohn­haus demons­triert wurde, schreibt ein Anhän­ger der „Freien Sachsen“: „Die TOTESSTRAFE UND NICHTS ANDERES FÜR DIE ROTE BRUT.“

Doch die Pro­test­be­reit­schaft ist nicht auf die extreme Rechte beschränkt. Laut einer reprä­sen­ta­ti­ven Studie des Centers für Moni­to­ring, Analyse und Stra­te­gie (CeMAS) erklär­ten 4,3 Prozent aller Befrag­ten, sie seien bereit, auch an ille­ga­len Aktio­nen gegen die Corona-Schutz­maß­nah­men teil­zu­neh­men. Der Aussage „Die Zeit des fried­li­chen Wider­stan­des gegen die Maß­nah­men ist vorbei“ stimm­ten 13,7 Prozent eher bzw. voll­kom­men zu. m.m.

28 Feb.: Nach­Denk­Sei­ten

Die Ver­bin­dung ist bereits seit län­ge­rer Zeit doku­men­tiert. Viele, die derzeit Ver­schwö­rungs­my­then über das Coro­na­vi­rus ver­brei­ten oder gleich dessen Exis­tenz leugnen, haben sich 2014 in der soge­nann­ten „Mahn­wa­chen­be­we­gung“ enga­giert. Dies hat zum Bei­spiel Tages­spie­gel-Jour­na­list Sebas­tian Leber bereits in dem Buch „Feh­len­der Min­dest­ab­stand“ ana­ly­siert. Der Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­ker Ken Jebsen gehörte zu diesen Kreisen, in denen bei­spiels­weise die Anne­xion der Krim als „Notwehr“ bezeich­net wurde und in denen von „Kriegs­hetze gegen Russ­land“ die Rede ist. Nun schließt sich dieser Kreis – bei den Nach­Denk­Sei­ten. Dort nimmt Autor Tobias Riegel am 23. Februar, nach der völ­ker­rechts­wid­ri­gen Aner­ken­nung der und rus­si­schen Inva­sion in die – zunächst – soge­nann­ten „Volks­re­pu­bli­ken“ der Ost­ukraine das Stich­wort „Notwehr“ auf. Er schreibt in einem Kom­men­tar: „Ich inter­pre­tiere den Schritt (die Aner­ken­nung der soge­nann­ten „Volks­re­pu­bli­ken“ durch Moskau, Anm. d. Red.) auch als Akt der Notwehr durch Russ­land (…)“. Derweil richte sich „der Ein­fluss der USA auf die Ukraine“, so Riegel, „gegen den Welt­frie­den und euro­päi­sche Interessen“.

Eine Woche zuvor hatte sich der­selbe Riegel mit der Corona-Politik in Deutsch­land befasst und ver­langte bereits im Titel, „die Corona-Geister müssten von den Bürgern ver­trie­ben werden – Andere werden es nicht tun“. Er for­derte zur „Gegen­wehr“ gegen den „Hygie­ne­staat“ auf. Die Bürger müssten „das end­gül­tige und voll­kom­mene Ende der Pan­de­mie-Politik ein­for­dern und eine Wie­der­ho­lung aus­schlie­ßen“. Dass Riegel wenig davon hält, sich von Ver­schwö­rungs­theo­re­ti­kern zu distan­zie­ren, hatte er 2014 in einem Beitrag für das Neue Deutsch­land deut­lich gemacht: „Man sollte selbst Ken Jebsen zuge­ste­hen, dass er mit seiner Unter­schrift die linken Losun­gen des Frie­dens­win­ters akzep­tiert“, schrieb Riegel dort. Und: „Wirk­sa­mer Wider­stand kommt ohne son­der­bare Bett­ge­nos­sen nicht aus.“ Auf den „ver­dien­ten Mit­be­grün­der der ‚Nach­denk­sei­ten‘, Albrecht Müller“ und die von ihm ange­pran­ger­ten „‘Dif­fa­mie­run­gen und Spal­tungs­ver­su­che‘ gegen die Frie­dens­be­we­gung“ nahm der regel­mä­ßige Autor des Portals damals positiv Bezug. m.m.

28 Feb.: R​T​ D​E

Bis fast zum Ende des Febru­ars standen die Demons­tra­tio­nen gegen die Corona-Maß­nah­men welt­weit im Fokus der Bericht­erstat­tung von RT DE. Dabei werden die Pro­tes­tie­ren­den als Kämpfer für die Frei­heit glo­ri­fi­ziert, die sich gegen einen als unge­recht und auto­ri­tär emp­fun­de­nen Staat zur Wehr setzen. „‘Wir werden stand­haft bleiben‘ – Kana­di­sche Demons­tran­ten wollen sich von Not­stands­ge­setz nicht ein­schüch­tern lassen“, titelte RT DE zum Bei­spiel zu einem Video über die „Frei­heits­kon­voi“ genann­ten Pro­teste kana­di­scher Lkw-Fahrer gegen die Impf­pflicht, wie sie bei Grenz­über­trit­ten in die USA und nach Kanada gilt und all­ge­meine Coro­na­re­geln. Die Autorin Dagmar Henn kom­men­tierte dieses Thema so: „Men­schen, die im Glauben, sich in einem demo­kra­ti­schen Staat zu befin­den, einen fried­li­chen Protest begin­nen, sehen sich plötz­lich behan­delt wie Geäch­tete, ohne jede Mög­lich­keit einer gericht­li­chen Über­prü­fung.“ Die rigo­rose Reak­tion der kana­di­schen Regie­rung kri­ti­siert sie hin­ge­gen als „mit­tel­al­ter­li­ches Rechts­in­stru­ment“ mit dem Zweck „die Pro­teste zu brechen“.

Ein ähn­li­ches Video zeigt die Corona-Pro­teste in Öster­reich: „Hupende Öster­rei­cher kopie­ren Kanada: ‚Das schlimmste Virus ist blinder Gehor­sam‘“ – so der Titel, der die Auf­schrift auf der Fahne eines Demons­tran­ten zitiert. Hier zeigt sich ein Muster: Die RT-Redak­teure setzen zuge­spitzte, ver­un­glimp­fende Bezeich­nun­gen etwa für die Corona-Maß­nah­men mög­lichst schon in den Titel der Bei­träge, wie etwa in einem Text über den Aufruf eines kana­di­schen Offi­ziers gegen die Corona-Maß­nah­men – oder wie es im Titel heißt: gegen die „‚Corona-Tyran­nei‘“. So sind Klicks sicher und die Leser werden schon beim Ein­stieg auf die gewünschte Spur gebracht.

RT DE ruft zwar nicht direkt zum Wider­stand auf, aber beför­dert diesen durch die posi­tive Bericht­erstat­tung über die Pro­teste. Außer­dem soli­da­ri­siert sich RT DE mit den Pro­tes­tie­ren­den, indem es ihre Bewer­tun­gen wie „Corona-Tyran­nei“ unkri­tisch über­nimmt. Auch in eigener Sache probt der rus­si­sche Aus­lands­sen­der den Wider­stand. Denn die Kom­mis­sion für Zulas­sung und Auf­sicht der Medi­en­an­stal­ten (ZAK) unter­sagte am 1. Februar die Ver­brei­tung des TV-Pro­gramms, weil keine Sen­de­li­zenz in Deutsch­land bean­tragt wurde – sondern in Serbien. Gegen das Sen­de­ver­bot geht die RT DE Pro­duc­tions GmbH nun beim Ver­wal­tungs­ge­richt Berlin vor. Derweil sendete RT DE trotz Verbot weiter, über Live­stream und Satel­lit. Ende Februar dann wurde bekannt, dass die EU im Kontext des rus­si­schen Angriffs­krie­ges auf die Ukraine plant, RT DE zu ver­bie­ten. ssp

28 Feb.: Compact

Das seit Dezem­ber 2021 vom Ver­fas­sungs­schutz als „gesi­chert“ rechts­extre­mis­tisch ein­ge­stufte Monats­heft Compact – Magazin für Sou­ve­rä­ni­tät bezeich­net sich selbst als „Licht in der Fins­ter­nis“. Das Magazin prä­sen­tiert sich mit dem Slogan „Mut zur Wahr­heit“, den auch die AfD ver­wen­det – im Februar nun wirbt Compact auf diese Weise auch um finan­zi­elle Unter­stüt­zung. Gegen eine zah­lende Mit­glied­schaft im 2022 gegrün­de­ten „Compact-Club“ erhebt die Redak­tion Sym­pa­thi­san­tin­nen ideell zu patrio­ti­schen Wider­stands­kämp­fe­rin­nen gegen „den unge­heu­ren Druck des Regimes“: „Im neuen Compact-Club wächst das geheime Deutsch­land: Wir sind die Gemein­schaft der Freien, der Stand­haf­ten. Seien Sie dabei, gemein­sam ver­hin­dern wir die Impf­pflicht und holen uns unser Land zurück.“

Ein wie­der­keh­ren­des Thema sind die soge­nann­ten (Montags-)„Spaziergänge“, also Demons­tra­tio­nen gegen die Corona-Politik der Bun­des­re­gie­rung. Autor Lars Poelz lobt anstei­gende Teil­neh­mer­zah­len als „neue Rekorde“. Jene, die Anfang Februar in Thü­rin­gen demons­trier­ten, bezeich­net er als „Strei­ter für Frei­heit und Demo­kra­tie“ und „Speer­spitze des Pro­tests”. Was uner­wähnt bleibt: Im Rahmen eben dieser Pro­teste kommt es immer wieder zu Ver­stö­ßen gegen das Ver­samm­lungs­recht oder Angrif­fen auf Polizisten.

Compact berich­tet aber nicht nur, das Magazin mobi­li­siert auch selbst. Für Ende Februar zum Bei­spiel hat Chef­re­dak­teur Jürgen Elsäs­ser gemein­sam mit anderen rechts­extre­men Akteu­ren wie den „Freien Sachsen” in einem in den sozia­len Medien viel­fach geteil­ten Video zum soge­nann­ten „Impf-Streik“ auf­ge­ru­fen. Dabei wird nicht nur zu „Spa­zier­gän­gen“ vor Kli­ni­ken mobi­li­siert, sondern auch das Gesund­heits­per­so­nal zum Schul­ter­schluss mit den Pro­tes­tie­ren­den aufgefordert.

Im Februar macht auch Martin Sellner, Kopf der rechts­extre­men Iden­ti­tä­ren Bewe­gung Öster­reichs, die Pro­teste zum Thema seiner monat­li­chen Compact-Kolumne „Sell­ners Revo­lu­tion“. Unter dem Titel „Spa­zier­gang als Waffe“ beschreibt er die Radi­ka­li­sie­rung der Pro­teste als einen „neue(n) Stil“, der ihm gefalle. „Anders als die offen auto­ri­täre DDR lässt sich die tota­li­täre Version á la BRD nicht allein durch Demos brechen”, schreibt Sellner und fan­ta­siert ganz unver­hoh­len von einem Umsturz: „Es braucht daher bereits jetzt einen Plan für den zweiten Schritt. Was tun die Spa­zier­gän­ger, wenn sie die Straße erobert haben?“ KW

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28 Feb.: Wann gilt ein Recht auf Widerstand?

Nicht erst seit den Corona-Pro­­tes­­ten bean­spru­chen sys­tem­op­po­si­tio­nelle Milieus ein Wider­stands­recht. Indem demo­kra­ti­sche Insti­tu­tio­nen zum Unrechts­sys­tem erklärt werden, wird hieraus ein Wider­stands­recht abge­lei­tet – nicht zuletzt mit Verweis auf das Grundgesetzt....

28 Feb.: Demo­kra­ti­scher Widerstand

Bei dieser Zeitung ist der Name Pro­gramm: Demo­kra­ti­scher Wider­stand. Die Leser­schaft wird auf­ge­ru­fen, ihren Wider­stand auf Demons­tra­tio­nen zu zeigen. Auf einer ganzen Seite sind bun­des­weite Termine auf­ge­lis­tet. Die Her­aus­ge­ber berufen sich auf das Grund­ge­setz, das als eine Art Leit­schrift der Zeitung prä­sen­tiert wird. Die ersten 20 Artikel sind in jeder Ausgabe auf der letzten Seite auf­ge­führt. Der Artikel 20 Absatz 4. ist her­vor­ge­ho­ben: „Gegen jeden, der es unter­nimmt, diese Ordnung zu besei­ti­gen, haben alle Deut­schen das Recht zum Wider­stand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.“

Die Her­aus­ge­ber der Zeitung sind der Ansicht, dass die Regie­rung mit den Corona-Maß­nah­men die Ver­fas­sung breche und deshalb Wider­stand Pflicht sei. Die Corona-Pro­teste werden mit großen Lettern und Fotos auf der Titel­seite gewür­digt. Die Ausgabe von Anfang Februar zum Bei­spiel titelt zu einer Blo­ckade von Lkw-Fahrern in Kanada: „Sie­ges­zug der Frei­heit. Kana­di­sche LKW-Fahrer stoßen Revo­lu­tion an.“

Die Ukraine und Russ­land sind in der dar­auf­fol­gen­den Ausgabe Thema. Rainer Rupp, ehe­ma­li­ger Spion der Stasi, kri­ti­siert die „US-geführte(n) Nato“, die angeb­lich Russ­land bedrohe. Fol­ge­rich­tig begrüßt die Zeitung auch den Protest gegen eine angeb­li­che Nato-Aggres­sion, welche in direk­ten Zusam­men­hang mit den Corona-Maß­nah­men gestellt wird: „Deut­sche und rus­si­sche Demo­kra­ten demons­trie­ren Seite an Seite gegen Corona-Dik­ta­tur und Kriegs­trei­be­rei“, heißt es auf der Titel­seite, „Wir wollen: Frieden, Frei­heit, Дружба (Freund­schaft)!“ Dazu wird eine Karte von 1945 gezeigt, die die Trup­pen­be­we­gun­gen der Roten Armee abbil­det. „Mil­lio­nen Deut­sche würden die Russen heute als Befreier begrü­ßen“, heißt es in der Bild­un­ter­schrift, womit offen­sicht­lich die Befrei­ung von der „Corona-Dik­ta­tur“ gemeint ist. Bei ihrer idea­li­sier­ten Dar­stel­lung von Russ­land lassen die Her­aus­ge­ber aller­dings außer Acht, dass es sich um einen auto­ri­tä­ren Staat handelt, in dem Mei­nungs- und Ver­samm­lungs­frei­heit stark ein­ge­schränkt sind.

Am 21. Februar erkannte Russ­land die beiden „Volks­re­pu­bli­ken“ in der Ost­ukraine als unab­hän­gig an. Drei Tage später begann die rus­si­sche Inva­sion in der Ukraine, ein völ­ker­recht­lich ver­bo­te­ner Angriffs­krieg, der die ter­ri­to­riale Inte­gri­tät des Nach­bar­lan­des weiter zer­störte. Die Russen als Befreier zu bezeich­nen, als Russ­land mehr als 150.000 Sol­da­ten an der Grenze zur Ukraine auf­mar­schie­ren ließ, ist mehr als zynisch und zeugt von der abso­lu­ten Unkennt­nis der Rea­li­tät in Ost­eu­ropa. ssp

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28 Feb.: Moni­to­ring Februar

Auch wenn derzeit der Angriffs­krieg Wla­di­mir Putins auf die Ukraine alles andere über­schat­tet, wollen wir Ihnen das Februar-Moni­to­ring zum Thema „Wider­stand als Pflicht“ nicht vor­ent­hal­ten – es ent­stand vor der dem rus­si­schen Über­fall. In unserer kom­men­den März-Ausgabe werden wir uns darum inten­siv mit der Dar­stel­lung und Kom­men­tie­rung des Krieges in der Ukraine in den Gegen­me­dien widmen.

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02 Feb.: ‌„Abschal­ten würde dazu führen, dass die Com­mu­nity woan­ders hin­wan­dert“ – Inter­view mit Jea­nette Hofmann

Poli­tik­wis­sen­schaft­le­rin Jea­nette Hofmann forscht zu Demo­kra­tie und Digi­ta­li­sie­rung. Im Inter­view spricht sie über den Mess­an­ger­dienst Tele­gram, die Ent­wick­lung des digi­ta­len Raums hin zu geschlos­se­nen Öffent­lich­kei­ten – und wie man dieser pro­ble­ma­ti­schen Tendenz begeg­nen kann

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31 Jan.: Moni­to­ring Januar

Lügenpresse“-Rufe vor dem ZDF-Haupt­stadt­stu­dio und dem SWR-Funk­haus in Stutt­gart, Plakate gegen die soge­nannte „Sys­tem­presse“ oder Bedro­hun­gen von Medi­en­schaf­fen­den bei Pro­tes­ten und Auf­mär­schen im Zusam­men­hang mit der Corona-Pan­de­mie: Die Feind­se­lig­keit gegen­über eta­blier­ten Medien und ihren Ver­tre­te­rin­nen ist sehr präsent.

31 Jan.: Auf1

Der öster­rei­chi­sche Online-Kanal Auf1 bezeich­net sich als „der erste wirk­lich zu 100% unab­hän­gige und alter­na­tive TV-Sender“ im deutsch­spra­chi­gen Raum. Hinter ihm steht laut eigenen Angaben der „Verein für basis­ge­tra­gene und unab­hän­gige Medi­en­viel­falt”. Mehr über das Selbst­ver­ständ­nis des Senders erfährt man im Beitrag „Gekaufte Medien: Unser größtes Übel“ von Elsa Mitt­manns­gru­ber: „Wir befin­den uns im Krieg, genauer gesagt im Infor­ma­ti­ons­krieg“, heißt es dort. Dieser Krieg umschließe alle Lebens­be­rei­che und könne „Welten ver­nich­ten“, kon­sta­tiert Mitt­manns­gru­ber. Die Chef­re­dak­teu­rin der rechten öster­rei­chi­schen Zeitung Wochen­blick hat mit „Auf­recht“ ihr eigenes Auf1-Sen­de­for­mat.

In diesem Krieg stünden „unab­hän­gige Medien“ wie Auf1 einer „Über­macht“ der „abhän­gi­gen, vom System gekauf­ten Medien“ – oder „System-Medien“, wie es in anderen Bei­trä­gen heißt – gegen­über. Dahin­ter, so die Logik dieser Erzäh­lung von unab­hän­gi­gen „alter­na­ti­ven“ versus als käuf­lich dar­ge­stell­ten „Main­stream­m­e­dien“, steck­ten Eigen­tü­mer­struk­tu­ren, die eine „Gleich­schal­tung“ von Mel­dun­gen ermög­li­chen. Im Januar mobi­li­sierte Auf1 regel­mä­ßig gegen die angeb­lich befan­gene Bericht­erstat­tung der „Main­stream-Medien“. So warnt der Beitrag „Corona-Fakten: Impf­ne­ben­wir­kun­gen lassen sich nicht länger ver­schwei­gen“ vor Infor­ma­tio­nen „der regime­treuen Sys­tem­presse“, welche Impf­stoffe gegen das Coro­na­vi­rus als sicher aus­wie­sen – aber dies sei eine „wirk­lich­keits­fremde Behauptung“.

Ein wei­te­res Thema waren Coro­na­pro­teste und Gegen­pro­teste in Deutsch­land. So warnt der Beitrag „Linker Terror: Maß­nah­men­kri­ti­ker im Visier der Antifa“ vor einem „moralische(n) Absturz Links­ter­ror-blinder Poli­ti­ker und Jour­na­lis­ten“. Diesen wird eine aktive und gewal­te­vo­zie­rende Ein­fluss­nahme auf Anti-Quer­den­ker-Pro­teste unter­stellt und indi­rekt auch ein Bündnis von Jour­na­lis­ten und Linken. Im Beitrag heißt es: „Auf­ge­hetzt werden solche linken Gewalt­mobs durch Politik und Main­stream-Medien, die Men­schen, die Angst oder andere berech­tigte Gründe vor einer Coro­na­imp­fung haben, als rechte Quer­den­ker oder Nazis dif­fa­mie­ren.“ KW

31 Jan.: Demo­kra­ti­scher Widerstand

Der Demo­kra­ti­sche Wider­stand ist das Organ der „Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stelle Demo­kra­ti­scher Wider­stand“ und erscheint wöchent­lich. Im Impres­sum bezeich­net es sich als „Stimme der par­tei­un­ab­hän­gi­gen libe­ra­len Oppo­si­tion und der kri­ti­schen Intel­li­genz in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land auf Basis des Grund­ge­set­zes“. Die Publi­ka­tion sieht sich als Auf­klä­rer über das „Lügen­ge­bäude des tota­li­tä­ren Corona-Regimes“ und ruft zum Wider­stand auf. Her­aus­ge­ber sind u.a. Autor Anselm Lenz und Dra­ma­turg Hendrik Soden­kamp, beide waren 2020 an den „Hygie­ne­de­mos“ vor der Volks­bühne betei­ligt und werden im Impres­sum als Chef­re­dak­teure und Vor­stand des hinter der Zeitung ste­hen­den Vereins „Kom­mu­ni­ka­ti­ons­stelle Demo­kra­ti­scher Wider­stand“ ange­ge­ben. Der Demo­kra­ti­sche Wider­stand ist in mehr als 70 Aus­ga­ben erschie­nen und gibt an, eine Auflage von durch­schnitt­lich über 200.000 Exem­plare zu haben – über­prüft werden kann diese Angabe nicht. Das Blatt erscheint auf der Web­seite und wird bei Corona-Pro­tes­ten verteilt.

Die „Sys­tem­presse“ ist eines der zen­tra­len Feind­bil­der, das vom Demo­kra­ti­schen Wider­stand ver­brei­tet wird. Den eta­blier­ten Medien wird zum Bei­spiel unter­stellt, die Bevöl­ke­rung zu täu­schen, um damit den Inter­es­sen der Regie­rung und einer Wirt­schafts­elite zu dienen. Die Medien erschei­nen als kor­rupte Befehls­emp­fän­ger – so eine sich wie­der­ho­lende Darstellung.

In der Ausgabe Anfang Dezem­ber schreibt Hermann Ploppa: „Und wenn wir gerade fas­sungs­los zur Kennt­nis nehmen, dass in den Medien welt­weit aus­schließ­lich die offi­zi­elle Erzäh­lung über Corona und der (sic) Unaus­weich­lich­keit der Zwangs­imp­fun­gen rauf und run­ter­ge­be­tet wird, dann finden wir die Erklä­rung darin, dass der derzeit zweit­reichste Mann der Welt, Bill Gates, ins­ge­samt 319 Mil­lio­nen Dollar über seine Stif­tung an Mul­ti­pli­ka­to­ren (u.a., Red.) in den Medien (…) gespen­det hat.“ Die Medien sollten in die öffent­li­che Hand über­ge­hen, fordert der Autor und schluss­fol­gert: „Ande­ren­falls sind die Medien ein wehr­lo­ses Opfer der neo­feu­da­len Olig­ar­chen – Pres­se­frei­heit nach Guts­her­ren­art eben.“

In einem Beitrag über die angeb­lich „alar­mie­rende Todes­rate“ bei dem Biontech/P­fi­zer-Vakzin kri­ti­siert Markus Fiedler, dass Studien, die dies beleg­ten, von den „Leit­me­dien“ ver­schwie­gen würden. Auch hier werden „opu­lente Geld­zu­wen­dun­gen“ der Bill-und-Melinda-Gates-Stif­tung als Erklä­rung ange­bo­ten und damit das Nar­ra­tiv kor­rup­ter Medien unter­stützt. ssp

31 Jan.: Qlobal-Change

Im Tele­gram­ka­nal Qlobal-Change sind Nar­ra­tive, die eine unab­hän­gige Presse in Frage stellen, weit ver­brei­tet. Mit mehr als 140.000 Abon­nen­ten ist Qlobal-Change der größte nicht-eng­lisch­spra­chige Kanal der QAnon-Gemeinde, die sich um in den USA ver­brei­tete Ver­schwö­rungs­my­then sammelt. Ein wesent­li­cher Erzähl­strang ist darum der behaup­tete Wahl­be­trug bei den US-ame­ri­ka­ni­schen Prä­si­dent­schafts­wah­len 2020. Hier, so heißt es in Posts, spiele die soge­nannte „Sys­tem­presse“ eine „mani­pu­la­tive“ Rolle – u.a. bevor­zuge sie den der­zei­ti­gen US-Prä­si­den­ten Joe Biden gegen­über seinem Vor­gän­ger Donald Trump. So heißt es in einem Beitrag: „In den Sys­tem­me­dien und im Inter­net gibt es auch zehn Monate nach seinem Auszug aus dem Weißen Haus noch immer eine Flut von Rufmord-Pro­pa­ganda gegen DONALD TRUMP.“

In diesem Zusam­men­hang der angeb­li­chen Par­tei­nahme spricht Qlobal-Change auch regel­mä­ßig vom „‚System Biden‘“, was ein Bündnis aus Politik und Presse sug­ge­riert. Auch auf anderer Ebene wird eta­blier­ten Medien Befan­gen­heit unter­stellt. In einem Repost der Tele­gram-Gruppe Volks­ent­scheid MF etwa berich­tet ein Autor, der sich mit „euer Micha“ vor­stellt, von seiner Recher­che über den ehe­ma­li­gen Thomson-Reuters-Manager James C. Smith. Diese habe ergeben, dass Smith sowohl Auf­sichts­rat des Impf­stoff-Her­stel­lers Pfizer als auch Chef des Medi­en­un­ter­neh­mens Thomson Reuters war – eine unter Ver­schwö­rungs­gläu­bi­gen im Januar kur­sie­rende Nach­richt, die häufig auf die Behaup­tung einer lukra­ti­ven Ver­bin­dung von Medien und wirt­schaft­li­chen Inter­es­sen ins­be­son­dere während der Corona-Pan­de­mie her­un­ter­ge­bro­chen wird. Im Repost auf Qlobal-Change wird diese Behaup­tung auf­ge­nom­men und grö­ße­ren Medien und Nach­rich­ten­diens­ten die Ver­brei­tung von Unwahr­hei­ten unter­stellt. Dort heißt es: „Einmal mehr, wurden die Main­stream Medien der Lüge über­führt und zwar, der vor­sätz­li­chen Lüge.“ Die jour­na­lis­ti­sche Arbeit wird so als Auf­trags­ar­beit dar­ge­stellt. Hinter den Bemü­hun­gen der eta­blier­ten Medien, Fakten zu prüfen und Fake News zu benen­nen, steht laut Ver­fas­ser Micha „massive Pro­pa­ganda“, die betrie­ben werde, „um Per­so­nen, sowie Per­so­nen­grup­pen zu schüt­zen“. KW

31 Jan.: R​T​ D​E

Die Leit­me­dien sind in den Händen einiger Kon­zerne und liegen auf Regie­rungs­li­nie – das ist das Nar­ra­tiv, das RT DE zu dem so genann­ten Main­stream der Medien ver­brei­tet. Die Folge: Um die Pres­se­frei­heit sei es „gar nicht gut“ bestellt, wird bei­spiels­weise im Unter­ti­tel eines Kom­men­tars von Dagmar Henn, einst Stadt­rä­tin der Linken in München, geur­teilt. In Deutsch­land sei die „Pres­se­frei­heit inzwi­schen auf die von fünf Kon­zer­nen geschrumpft“, schreibt die Autorin. In der Schweiz sei die Situa­tion nicht besser, wie Henn am Bei­spiel des Ringier-Verlags zeigen will: Der Vor­stands­vor­sit­zende Marc Walder sehe die Medien in der Pflicht, die Ver­laut­ba­run­gen der Regie­rung nicht nur wie­der­zu­ge­ben, sondern aktiv zu unter­stüt­zen – und das „noch beim gröbs­ten Unfug“, schreibt Henn.

Die mit dem Rund­funk­bei­trag finan­zier­ten öffent­lich-recht­li­chen „GEZ-Medien“, wie es bei RT DE heißt, werden beson­ders scharf kri­ti­siert. Die Öffent­lich-Recht­li­chen erzeug­ten den „Hass gegen Impf­pflicht­geg­ner und Maß­nah­men­kri­ti­ker (…) aktiv“ mit, schreibt Gert-Ewen Ungar. „Die GEZ-Medien haben viel zur Spal­tung der Gesell­schaft bei­getra­gen, indem sie zu einer die Kri­ti­ker abwer­ten­den, dif­fa­mie­ren­den Sprache griffen und jede Aus­ein­an­der­set­zung mit deren Argu­men­ten im öffent­li­chen Raum ver­wei­ger­ten. So züchtet man Sub­kul­tu­ren.“ Der „deut­sche Main­stream“ wolle nicht mehr infor­mie­ren, sondern die Gesell­schaft „erzie­hen“ und „auf Linie bringen“, lautet eine weit ver­brei­tete Behaup­tung, die sich auch häufig bei RT DE findet. Vom Main­stream abwei­chende Mei­nun­gen und „alter­na­tive“ Medien würden hin­ge­gen dis­kri­mi­niert. Autor Ungar sieht auch den Sender RT DE als Opfer dieser angeb­li­chen Dis­kri­mi­nie­rung. Und tat­säch­lich prä­sen­tiert RT DE ins­be­son­dere rus­si­sche Posi­tio­nen als so etwas wie eine bedrohte Min­der­hei­ten­mei­nung. So behaup­tet Autor Leo Ensel vor dem Hin­ter­grund einer angeb­li­chen Krise der Debat­ten­kul­tur: „Wer es auch nur wagt, für einen Moment die Per­spek­tive der rus­si­schen Seite ein­zu­neh­men und zu erläu­tern, gilt post­wen­dend als Spion oder Ver­rä­ter, bes­ten­falls als naiv!“ ssp

31 Jan.: Uncut-News

Unab­hän­gige News und Infos“ ver­spricht der Schwei­zer Nach­rich­ten-Blog Uncut-News. Rund 35 Tele­gram-Posts gibt es dazu pro Tag, meist führen sie auf die Website – und von dort oft weiter auf andere Quellen. Themen sind angeb­li­che Falsch­in­for­ma­tio­nen zu Corona und Kritik an den Maß­nah­men zur Ein­däm­mung der Pan­de­mie. Dazu gehören Click­baits wie „10 Dinge, die uns die Main­stream-Medien über COVID-19 hätten sagen sollen, aber ver­schwie­gen haben“. Die Titel sind oft auf­wie­gelnd wie „Reiner Fuell­mich und 50 Anwälte: (…) ‚Die Impf­stoffe sind zum Töten gedacht‘“.

Zwar hat Uncut-News.ch „Das Ori­gi­nal“ auf Tele­gram ledig­lich 74.200 Abon­nen­ten, gehört aber nach Erkennt­nis­sen des gemein­nüt­zi­gen „Center für Moni­to­ring, Analyse und Stra­te­gie“ zu den am häu­figs­ten geteil­ten „alter­na­ti­ven“ Medien auf Tele­gram. Dies mag auch an der Insze­nie­rung als Quelle „unma­ni­pu­lier­ter“ Infor­ma­tio­nen liegen. Im Gegen­satz dazu werden die eta­blier­ten Medien als käuf­lich abge­kan­zelt: Sie würden von „Big Pharma, Invest­ment­ban­ken und zahl­rei­chen Geheim­diens­ten finan­ziert“, heißt es in einem über­nom­me­nen Blog-Beitrag des in Moskau sit­zen­den Autors Edward Slavs­quat; der Publi­zist Omar Khan schreibt in einem Mei­nungs­stück, das ursprüng­lich auf Tri­al­Si­teNews erschien, Jour­na­lis­ten seien kein Schutz­wall gegen „will­kür­li­che Pro­pa­ganda“ mehr, „da die Medien von ihren Auf­trag­ge­bern finan­ziert“ würden.

Zu all dem gibt es einen ver­schwö­rungs­ideo­lo­gi­schen Unter­bau. Immer wieder geht es um Mas­sen­psy­cho­lo­gie. Die Behaup­tung: Die Bevöl­ke­rung werde trick­reich ruhig­ge­stellt. In einer Über­set­zung auf Uncut-News erklärt der US-Impf­for­scher Robert Malone, heute Sym­bol­fi­gur der Impf­kri­ti­ker, wie man mit „Edel­lü­gen“ auf die Men­schen ein­wirke: „Die­je­ni­gen, die durch diesen Prozess hyp­no­ti­siert wurden, sind nicht in der Lage, die Lügen und Falsch­dar­stel­lun­gen zu erken­nen, mit denen sie täglich bom­bar­diert werden“.

Dabei nimmt Uncut-News es mit den jour­na­lis­ti­schen Regeln selbst nicht beson­ders genau. Auf der Website fehlen mal Autoren­na­men, dann wieder sind Quellen kaum nach­voll­zieh­bar, ein Impres­sum fehlt ganz. svo

31 Jan.: Nach­Denk­Sei­ten

Wenn sich Qua­li­täts­me­dien wie Pro­dukte bei Amazon bewer­ten ließen, die Nach­Denk­Sei­ten würden pau­schal für alle ledig­lich einen von fünf Sternen ver­ge­ben. In den Texten auf dem Web­por­tal fehlt jedes Lob für kluge, spek­ta­ku­läre, inves­ti­ga­tive Recher­chen sowohl der öffent­lich-recht­li­chen Medien wie auch der eta­blier­ten Tages­zei­tun­gen und Maga­zine. Statt­des­sen ist die Rede von „Main­stream-Presse“, von „Pro­pa­ganda-Sen­dun­gen“, einer bedrü­cken­den „Selbst­gleich­schal­tung unserer Medien“, „Prin­zi­pi­en­lo­sig­keit als Leit­li­nie“. Und Tages­schau und Tages­the­men würden „beson­ders üble Ten­denz­be­richt­erstat­tung“ liefern.

So behaup­tete Nach­Denk­Sei­ten-Her­aus­ge­ber Albrecht Müller zum Bei­spiel Mitte Januar: „Nahezu alle Medien, die im Pri­vat­be­sitz befind­li­chen wie auch die öffent­lich-recht­li­chen Medien, haben ihre wich­tige Funk­tion als kri­ti­sche Beglei­ter des Gesche­hens auf­ge­ge­ben. Das ist eine wirk­li­che Gefahr für die demo­kra­ti­sche Ver­fas­sung.“ Presse und Rund­funk seien „kri­tik­un­fä­hige, ange­passte Laut­spre­cher des gän­gi­gen Denkens ohne Tief­gang, ohne eigene Meinung“. Begrün­det wird die harsche Kritik auf dem Portal aktuell vor allem mit der Corona-Bericht­erstat­tung der eta­blier­ten Medien. Sie sei mani­pu­lie­rend und dra­ma­ti­siere die vom Virus aus­ge­hen­den Gefah­ren, dem Viro­lo­gen Chris­tian Drosten werde Raum gegeben für seine „‚Fake-Fakten‘“, heißt es zum Bei­spiel in einem Text von Stefan Tasler. Außen­po­li­tisch – etwa, wenn es um das Ver­hält­nis zu Russ­land geht – bezich­ti­gen die Nach­Denk­Sei­ten „trans­at­lan­ti­sche Redak­teure“, in ihren Texten „Hetz­pro­pa­ganda“ zu über­neh­men. Der Begriff „Lügen­presse“ fällt nicht wört­lich. Aber indi­rekt pflegen die Nach­Denk­Sei­ten das Nar­ra­tiv und unter­gra­ben damit gezielt das Ver­trauen in die deut­sche Medi­en­land­schaft. m.m.

03 Jan.: reitschuster.de

Boris Reit­schus­ter ist bekannt für seine ein­sei­ti­gen Berichte von der Bun­des­pres­se­kon­fe­renz (BPK). Der Blogger nutze die BPK „als Bühne für Ver­schwö­rungs­my­then und Fake News“, schrieb die Süd­deut­sche Zeitung dazu. Im Dezem­ber stellte der Verein BPK fest, Reit­schus­ter erfülle die Vor­aus­set­zun­gen einer Mit­glied­schaft nicht mehr – wegen des Fir­men­sit­zes außer­halb Deutsch­lands. Reit­schus­ter legte Wider­spruch ein und bleibt darum bis auf wei­te­res Mit­glied. „Beginnt jetzt die ‚Säu­be­rung‘“, fragte Reit­schus­ter darauf auf Tele­gram und mut­maßte, er und seine Leser­schaft sollten „mundtot“ gemacht werden.

Der ehe­ma­lige Moskau-Kor­­­re­­s­­pon­­­dent des Maga­zins Focus ist heute Blogger und eine wich­tige Quelle für Quer­den­ker, Impf­skep­ti­ke­rin­nen und Ver­schwö­rungs­ideo­lo­gen. Während der Pan­de­mie stieg seine Reich­weite rasant. Reit­schus­ter übt sich im Schul­ter­schluss auch mit Kri­ti­kern der Corona-Maß­nah­men anderer poli­ti­scher Lager. So preist der Linken-Poli­ti­ker Diether Dehm im Inter­view mit reitschuster.de ein „Volks­front­bünd­nis gegen das Mono­pol­ka­pi­tal, den Biontech-Clan, die NATO“ – und zeich­net so das Bild einer ver­schwo­re­nen Min­der­heit, die gegen die Inter­es­sen der Bevöl­ke­rung herr­sche. Dies ent­spricht ganz dem Grund­ton des Blogs. Dort wird auch die neue Regie­rung als anti­de­mo­kra­tisch dar­ge­stellt. Was das „‚eigent­li­che Projekt‘“ des Gesund­heits­mi­nis­ters sei, fragt Reit­schus­ter etwa in einer Über­schrift und fährt mit dem Zitat einer namen­lo­sen Person fort, die meine: „Wenn man die Maß­nah­men der Regie­rung ana­ly­siere, bekomme man den Ein­druck, es gehe weniger um die Bekämp­fung von Corona, als viel­mehr um einen Umbau der Gesell­schaft und ein Abwi­ckeln der Demo­kra­tie hin zu einem auto­ri­tä­ren öko-sozia­lis­ti­schen Über­wa­chungs- und Erzie­hungs­staat nach chi­ne­si­schem Vorbild“.

Die Rede von einer vor­geb­li­chen Zensur genauso wie die Dis­kre­di­tie­rung der Politik als anti­de­mo­kra­tisch trägt zur Stim­mung gegen „die da oben“ bei, wie sie auch auf radi­ka­li­sier­ten Corona-Demos zu beob­ach­ten ist – mitsamt Dro­hun­gen gegen Poli­ti­ker und Angrif­fen auf Jour­na­lis­tin­nen. Es hat darüber hinaus etwas Auf­wieg­le­ri­sches, wenn etwa Bodo Neumann in einem Gast­bei­trag behaup­tet, Deutsch­land betreibe die „Spal­tung in eine erschöpfte, ver­un­si­cherte Mehr­heit und eine Wider­stand leis­tende Min­der­heit“ als „poli­ti­sches Mittel“. Denn welchen Schluss soll die Leser­schaft daraus ziehen, als selbst die Seite des Wider­stands zu wählen? svo

03 Jan.: Quer­den­ken auf Telegram

Der Kampf gegen die Insti­tu­tio­nen, das Miss­trauen gegen die Regie­rung, Behör­den, Polizei und auch die Wis­sen­schaft gehört für Quer­den­ken zum Stan­dard­pro­gramm. In ihrer jüngs­ten Rund­mail gab die Bewe­gung vom Stamm­sitz Stutt­gart aus Anlei­tun­gen zur Orga­ni­sa­tion soge­nann­ter „Spa­zier­gänge“ – also in der Regel nicht ange­mel­de­ter und damit ille­ga­ler Ver­samm­lun­gen. „Kurz­fris­tig ver­än­derte“ Termine soll es geben, „gemein­sa­mes Singen“ vor Kirchen, auch in Part­ner­bör­sen für Demons­tra­tio­nen gewor­ben werden. Wich­tigs­ter Kanal mit 58.000 Abon­nen­ten bleibt für „Quer­den­ken-711“ der Mes­sa­ging-Dienst Tele­gram. Dort und auch in anderen sozia­len Medien wird viel­fäl­tig gepos­tet und Inhalt aus anderen Kanälen geteilt: Hass gegen den „auto­ri­tä­ren kapi­ta­lis­ti­schen Staat“, der Amok laufe, dem „die Kon­trolle ent­glei­tet“. Bayerns Minis­ter­prä­si­dent Markus Söder etwa wird dort zum „Hass­pre­di­ger“ erklärt, der eine „Hetz­jagd auf unge­impfte Men­schen eröff­net“, die Polizei mit der Stasi ver­gli­chen. Wobei auf­fällt: Anlei­hen für die Argu­men­ta­tion werden bewusst immer wieder auch im linken Spek­trum genom­men – etwa bei der Linken-Poli­ti­ke­rin Sahra Wagen­knecht. Zen­tra­les Feind­bild in der Ampel­ko­ali­tion ist der neue Gesund­heits­mi­nis­ter Karl Lauterbach.

Wichtig für die Ein­ord­nung der Szene: „Die selbst­er­nannte Quer­den­ken-Bewe­gung ver­liert an Bedeu­tung gegen­über rechts­ra­di­ka­len Mobi­li­sie­run­gen“, wie der For­scher Mat­thias Quent vom Insti­tut für Demo­kra­tie und Zivil­ge­sell­schaft Jena beob­ach­tet hat. Deut­lich sicht­bar sei dies bei­spiels­weise an der rechts­extre­men Grup­pie­rung „Freie Sachsen“, die auf Tele­gram inzwi­schen 121.000 Abon­nen­ten hat. Hier wird weit deut­li­cher noch gegen eine ver­meint­li­che „Corona-Dik­ta­tur“ aus­ge­teilt. Sach­sens Minis­ter­prä­si­dent Michael Kret­schmer wird zum „Des­po­ten“ erklärt, die Bun­des­po­li­zei zu „Truppen der Ber­li­ner Zen­tral­re­gie­rung“. Es ist eine gefähr­li­che Ver­schie­bung zu gewalt­be­rei­ten Akteuren.

Auch Bodo Schiff­mann als wich­tige Figur der Szene teilt auf seinem Kanal Alles Ausser Main­stream viele rechts­extreme Inhalte. Und beflü­gelt den Kampf gegen eine Polizei, die Corona-Pro­teste auflöst: „Sie exe­ku­tie­ren die Order des Systems. Sie prügeln, quälen, erfas­sen, ernied­ri­gen und ver­fol­gen fried­fer­tige Men­schen.“ m.m.

03 Jan.: Eva Herman Offiziell

Im Sommer 2020 berich­tete der Spiegel, Eva Herman und Lebens­ge­fährte Andreas Popp errich­te­ten in Kanada eine Kolonie mit hun­der­ten Rechts­extre­men. Seither ist es in den eta­blier­ten Medien eher still um die ehe­ma­lige Nach­rich­ten­spre­che­rin gewor­den. Eva Herman Offi­zi­ell aber zählt mit rund 190.000 Abos zu den reich­wei­ten­stärks­ten der „alter­na­ti­ven“ Medien auf Telegram.

Der Output auf Tele­gram ist riesig. Durch­schnitt­lich über 100 Bei­träge pro Tag, meist Reposts anderer Medien – dar­un­ter „alter­na­tive“ Medien wie RT DE, Auf1, Reitschuster.de oder radikal rechte wie Junge Frei­heit.

Das Nar­ra­tiv „die da oben“ ist vor allem in beängs­ti­gen­den Ver­schwö­rungs­er­zäh­lun­gen von angeb­lich her­bei­ge­führ­ter Krisen wie etwa der „Ope­ra­tion Sunrise“ präsent – diese, so führte Andreas Popp bei Eva Herman Offi­zi­ell bereits im Novem­ber aus, habe das Ziel Chaos in der Gesell­schaft zu ver­brei­ten. Hermans Partner Popp ist u.a. Autor von Büchern wie „Das Matrix Syndrom: Die sys­te­ma­ti­sche Mani­pu­la­tion der Men­schen durch die ‚Macht‘“. Mit ihm spricht Herman u.a. den mehr­mals die Woche erschei­nen­den Podcast „Stabil durch den Wandel“.

Vor dem Hin­ter­grund einer mög­li­chen Regu­lie­rung von Tele­gram ora­kelte Popp in einer Audio-„Eilmeldung“, „dass wir ganz deut­lich Kennt­nisse haben aus obers­ter Ebene der ‚System-Politik‘ – sag‘ ich mal ganz vor­sich­tig –, dass da eben etwas geplant ist“. Im Kontext der Digi­ta­li­sie­rung ins­be­son­dere von Gesund­heits­da­ten spricht Popp von einem „Krieg gegen die Men­schen durch eine selbst­er­nannte Elite“.

Durch den Podcast zieht sich ein gera­dezu apo­ka­lyp­ti­sches Welt­bild, zum Bei­spiel in vielen Berich­ten zu angeb­lich dro­hen­den Ver­sor­gungs­eng­päs­sen. Dazu passen die vielen Pro­dukt­emp­feh­lun­gen – vom „kom­plett ausgestattete(n) Flucht­ruck­sack“ bis zu selbst gebas­tel­ten Tee­licht-Öfen für alle Fälle. Dies knüpft nahtlos an inhalt­li­che Bei­träge zu angeb­li­chen Ver­schwö­run­gen und dro­hen­den Krisen an. Die Lehre daraus? Traut „denen da oben“ nicht und wappnet euch selbst. svo

03 Jan.: Compact

Nachdem das Compact-Magazin im März 2020 vom Ver­fas­sungs­schutz als rechts­extre­mer Ver­dachts­fall ein­ge­stuft und fortan beob­ach­tet wurde, erfolgte im Dezem­ber 2021 die Ein­stu­fung als erwie­sen rechts­extre­mis­tisch. Es ist Teil der Compact-Magazin GmbH, die auch the­ma­ti­sche Son­der­aus­ga­ben her­aus­gibt und neben der Sendung Compact TV über einen Web­auf­tritt mit Youtube-Kanal verfügt. Das Magazin Compact erscheint monat­lich – nach eigenen Angaben – in einer Auflage von 40.000 Exem­pla­ren. Geschäfts­füh­rer und Chef­re­dak­teur ist Jürgen Elsäs­ser. Er gilt als zen­tra­ler Akteur der neu­rech­ten Szene.

Inhalt­lich bedient Compact völ­kisch-natio­nale Erzäh­lun­gen. So wird die neue Regie­rung als eine der „Deutsch­land­ab­schaf­fer“ bezeich­net, die direkt an die alte anknüpfe, indem sie „Über­frem­dung” und „Migran­ten­kri­mi­na­li­tät“ gut­heiße. Viele Texte stützen die Argu­mente von Impf­geg­nern und warnen vor einem angeb­li­chen „Impf­zwang“ und der „Coro­na­dik­ta­tur” – hinter beidem stünden die Regie­rungs­par­teien, die immer wieder als „das Régime“ bezeich­net werden.

In der Dezem­ber-Ausgabe ist die Erzäh­lung von „denen da oben“ sehr präsent – dabei wird auch auf anti­se­mi­ti­sche Ver­schwö­rungs­my­then zurückgegriffen.
Autor Sven Eggers mutmaßt, hinter der neuen Regie­rung steck­ten noch andere Kräfte: „Hinter den Kulis­sen haben NGOs die Fäden in der Hand“. Und weiter: Die par­tei­na­hen Stif­tun­gen Hein­rich-Böll sowie Rosa-Luxem­burg und die Orga­ni­sa­tion „See­brü­cke“ „hecken aus, was die Ampel am Ende als für die Zivil­ge­sell­schaft not­wen­dige und angeb­lich kon­sens­fä­hige Politik ver­kau­fen wird”. Aus der Regie­rung treten die Grünen als neue Feind­bil­der hervor, ins­be­son­dere Anna­lena Baer­bock – mit dem Zusatz „die ver­hin­derte neue Merkel“ wird die Minis­te­rin in direkte Kon­ti­nui­tät mit der vor­he­ri­gen Hass­fi­gur gestellt. Durch den Kli­mach­eck, so Eggers weiter, „wäre die neue Schalt­zen­trale ihrer Partei quasi ein Super­mi­nis­te­rium, das jedwede Geset­zes­ent­würfe per Veto aus­brem­sen könnte“. Der Plan sei, ‚Klima‘ bald zum „neue(n) Corona“ zu machen – und damit gibt uns Compact bereits einen Vor­ge­schmack auf zukünf­tige Debat­ten. KW

03 Jan.: Apolut

Die Online­platt­form Apolut, ein neues Projekt aus dem Umfeld von Ken Jebsen, ist eine Über­ra­schung. War bei dem Online­por­tal KenFM fast jedes Video mit Ken Jebsen, ist der vor allem unter Ver­schwö­rungs­gläu­bi­gen bekannte Publi­zist nun kaum mehr zu sehen – sehr präsent ist er dagegen im ein­ge­bun­de­nen KenFM-Archiv, kenfm.de leitet auf apolut.net weiter. Jebsen sei „als Berater für das neue Angebot im Hin­ter­grund aktiv“, berich­tete der Tages­spie­gel. Die Vor­ge­schichte: Die Medi­en­an­stalt Berlin-Bran­den­burg hatte ein Ver­fah­ren gegen KenFM wegen Ver­let­zung der jour­na­lis­ti­schen Sorg­falts­pflicht ein­ge­lei­tet – dies wurde ein­ge­stellt, weil das Angebot nicht mehr exis­tiert. KenFM wird u.a. laut Süd­deut­scher Zeitung vom Ber­li­ner Ver­fas­sungs­schutz als Ver­dachts­fall geführt.

Die da oben“ ist ein zen­tra­les Thema bei Apolut, das einer bestimm­ten Argu­men­ta­tion folgt: 1. Zwi­schen Bevöl­ke­rung und Regie­rung gibt es einen unüber­wind­li­chen Gegen­satz, denn die Macht der Herr­schen­den sei nicht demo­kra­tisch begrün­det und damit ille­gi­tim. 2. Die Herr­schen­den setzten die Men­schen zahl­rei­chen Gefah­ren aus, dies erfor­dere ihren Widerstand.

In einem aus dem Magazin Rubikon über­nom­me­nen Artikel etwa schreibt unter dem Titel „Impf oder stirb!“ die Autorin Susan Bonath: „Das impe­ria­lis­ti­sche Corona-Régime stellt uns vor die Wahl – ent­we­der die Spritze oder Exis­tenz­ver­nich­tung.“ Sie sti­li­siert die Unge­impf­ten zu Opfern: „Die herr­schende Klasse hat uns zu Sün­den­bö­cken für fast alle Übel der Welt erklärt.“ Dass die Pan­de­mie-Bekämp­fung nur ein Vorwand sei, um ein auto­ri­tä­res Régime zu errich­ten, wird häufig behaup­tet. Rainer Rupp, ehe­ma­li­ger Agent der Stasi, etwa schreibt auf Apolut: Die Metho­den, mit denen die „aktu­elle in Deutsch­land herr­schende Klasse ihre Unter­ta­nen ver­ängs­tigt“, seien „nicht weniger tota­li­tär und dik­ta­to­risch als jene, die wir aus den Anfangs­jah­ren des tota­li­tä­ren Dritten Reiches kennen“.

Einige Autoren werben für den Wider­stand. Die Corona-Maß­nah­men seien „saubere Folter“ mit der „die Herr­schen­den“ „blutige Volks­auf­stände pro­vo­zie­ren“, so der Autor Hermann Ploppa, der unter anderem auch für Rubikon schreibt. Er fordert in einem Kom­men­tar: „Ganz einfach: es müssen sich alle Frie­dens­be­weg­ten, ob nun geimpft oder nicht geimpft, mit Maske oder ohne Maske, endlich wieder zusam­men­tun, um die nackte Exis­tenz gegen den Zugriff der irren Kriegs­trei­ber zu schüt­zen.“ ssp

03 Jan.: Epoch Times

Die Masche ist die Mixtur – fak­ten­ba­sierte Infor­ma­tio­nen, oft von den inter­na­tio­na­len Nach­rich­ten­agen­tu­ren, doch immer nur gewollt selek­tiv. Auf hohe Klick­zah­len zie­lende „Mel­dun­gen“ wie zum Bei­spiel: „Ein Grizz­ly­bär macht einen Bauch­klat­scher in ein Schwimm­bad“. Dazu kommen nicht selten Verschwörungsideologien.

Nach diesem Muster ver­fährt das der reli­giö­sen Falun-Gong-Bewe­gung nahe­ste­hende Medium Epoch Times, etwa der Jour­na­list Kevin Roose 2020 in seiner Analyse der eng­lisch­spra­chi­gen Epoch Times-Ausgabe in der New York Times her­aus­ge­fun­den hat. Er nennt als ein Bei­spiel die in meh­re­ren Arti­keln auf­ge­stellte Behaup­tung, dass Bill Gates und andere Eliten die Covid-19-Pan­de­mie steuern würden, zugleich befeu­ert wird immer wieder das Nar­ra­tiv der „jüdi­schen Weltverschwörung“.

Auch wenn sich die inhalt­li­chen Schwer­punkte in der deut­schen Ausgabe unter­schei­den, ist die Masche doch ähnlich. Ein aggres­si­ves Mar­ke­ting der Epoch Times ist in Deutsch­land wie in den USA zu beob­ach­ten: Die deut­sche Website der Epoch Times erscheint seit Ende 2004, seit Juli 2021 gibt es auch wieder eine wöchent­li­che deut­sche Print­aus­gabe. Stark ver­brei­tet wird der deut­sche Ableger vor allem über Face­book (667.000 Likes).

Zur Stim­mung gegen „die da oben“ trägt die Epoch Times regel­mä­ßig bei, zuletzt im Dezem­ber etwa in einem Inter­view mit dem Bie­le­fel­der Pro­fes­sor Martin Schwab. Er zwei­felt an, dass es vor dem Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt ein „faires Ver­fah­ren“ zur Bun­des­not­bremse gegeben habe. Schwab wird als „Rechts­experte“ vor­ge­stellt. Dass er für die Corona-Ver­harm­lo­ser-Partei „Die Basis“ auf der Lan­des­liste zur Bun­des­tags­wahl 2021 stand, wird aller­dings nicht erwähnt.

Auch im Bericht zu einem Corona-Protest in Rostock darf ein Demons­trant ohne jede Ein­ord­nung die Exis­tenz einer ver­meint­li­chen Corona-Dik­ta­tur behaup­ten: „Die Maß­nah­men (...) haben nichts mehr mit Corona zu tun, sondern es geht einfach darum, die Bevöl­ke­rung zu unter­drü­cken.“ m.m.

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30 Nov.: Moni­to­ring Dezember

Berichte über die Radi­ka­li­sie­rung der Corona-Pro­teste häufen sich seit Wochen. Radi­kale Posi­tio­nen von Impf­geg­ner­schaft, Eli­ten­feind­schaft oder Ver­schwö­rungserzählung wirken unter anderem über „alter­na­tive“ Medien in die Mitte der Gesell­schaft. Die da oben ist eine wie­der­keh­rende Erzäh­lung – in den Medien wie auch bei den Protesten.

30 Nov.: QAnon auf Telegram

In Deutsch­land gibt es die größte nicht-eng­lisch­spra­chige QAnon-Gemeinde, die sich um in den USA ver­brei­tete Ver­schwö­rungs­my­then sammelt. Die Tele­gram-Gruppe Qlobal-Change ist mit knapp 150.000 Abon­nen­ten der größte QAnon-Kanal. Auch weitere Kanäle stehen dem QAnon-Nar­ra­tiv nahe. So etwa der Tele­gram-Kanal Fakten Frieden Frei­heit (gut 110.000 Abon­nen­tin­nen). Beide Gruppen ver­öf­fent­li­chen täglich ideo­lo­gisch stark ein­ge­färbte eigene Videos und Podcasts.

Das pro­mi­nen­teste Thema beider Kanäle ist die Corona-Politik der west­li­chen Länder. In vielen Bei­trä­gen wird die Exis­tenz des Virus abge­strit­ten, häufig geraten ein­zelne Viro­lo­gen und Poli­ti­ke­rin­nen ins Visier der Posts. Bei­spiels­weise wird der bri­ti­sche Viro­loge Neil Fer­gu­son in einem Beitrag als „Schande“ und als „Lügner“ bezeich­net, wenn er vor der Gefähr­lich­keit des Virus’ warnt. In einer Meldung wird dem ehe­ma­li­gen bri­ti­schen Gesund­heits­mi­nis­ter Matt Hancock und dem Par­la­ments­ab­ge­ord­ne­ten Luke Evans ein „Genozid“ an älteren Men­schen vor­ge­wor­fen – die beiden hätten ver­an­lasst, dass während des ersten Lock­downs in Groß­bri­tan­nien hos­pi­ta­li­sier­ten Covid-Erkrank­ten, die später ver­star­ben, mit Mid­azo­lam ein Arz­nei­stoff ver­ab­reicht worden sei, der für ihren Tod ver­ant­wort­lich wäre. In anderen Mel­dun­gen wird vor einem angeb­li­chen „Impf­zwang“ als Teil eines glo­ba­len „Great Reset“ gewarnt. Zudem wird regel­mä­ßig an rechte Dis­kurse ange­knüpft – etwa wenn auf Qlobal-Change der Frei­spruch Kyle Rit­ten­house’ ein Sieg gegen eine „linke(n) Vor­macht“ genannt wird. Rit­ten­house hatte 2020 auf einem Black-Lives-Matter-Protest in den USA zwei Demons­trie­rende erschos­sen und gilt seither als Gali­ons­fi­gur der extre­men Rechten. KW

30 Nov.: Nach­Denk­Sei­ten

Womög­lich hatte der ehe­ma­lige SPD-Poli­ti­ker Albrecht Müller ein Projekt vor­bild­li­cher Gegen­öf­fent­lich­keit im Sinn, als er 2003 die Nach­Denk­Sei­ten star­tete. Er ist nach wie vor Her­aus­ge­ber. Das Portal hat sich auf den ersten Blick ein jour­na­lis­ti­sches Profil gegeben. Kern des Blogs: werk­täg­li­che „Hin­weise des Tages“, eine Art Pres­se­spie­gel mit poin­tier­ten Kurz­kom­men­ta­ren. Doch Müllers Alli­an­zen sind recht ein­deu­tig. Er sucht die Nähe zu Ver­schwö­rungs­ideo­lo­gen wie dem nach Anti­se­mi­tis­mus­vor­wür­fen gefeu­er­ten rbb-Mode­ra­tor Ken Jebsen oder Links­sek­tie­rern wie dem lang­jäh­ri­gen Linken-Bun­des­tags­ab­ge­ord­ne­ten Diether Dehm. Müller und die beiden geben sich immer wieder wech­sel­sei­tig ein Podium. „Weg vom links­so­zi­al­de­mo­kra­ti­schen Main­stream, hin zum wahn­sin­ni­gen Rand“, kom­men­tierte 2015 die taz. Viele Bei­träge auf den Nach­Denk­Sei­ten werben für ein bes­se­res Ver­hält­nis mit Russ­land. Müller meint zum Bei­spiel, ohne (den rus­si­schen Pro­pa­gan­da­sen­der) RT DE „wären wir noch schlech­ter infor­miert“. Über China heißt es in einem Gast­bei­trag, das Land müsse sich, „was die Men­schen­rechte als auch was Demo­kra­tie anbe­langt, nicht hinter dem Westen ver­ste­cken“. Her­aus­ra­gen­des Thema aktuell ist die Corona-Politik. Mit Kritik an einer angeb­li­chen „Tyran­nei der Panik­ma­cher“ der Behaup­tung von „Hass“ der „öffent­lich-recht­li­chen Pro­pa­gan­da­ma­schi­ne­rie“ gegen Unge­impfte oder Kritik an einer „bürger- und demo­kra­tie­ver­ach­ten­den Politik“ der Bun­des­re­gie­rung befin­den sich die Nach­Denk­Sei­ten hier auf „Querdenker“-Niveau. m.m.

30 Nov.: reitschuster.de

Wie bei vielen „alter­na­ti­ven“ Medien auch steht bei reitschuster.de eine Person im Vor­der­grund: Boris Reit­schus­ter. Der ehe­ma­lige Moskau-Kor­re­spon­dent des Maga­zins Focus ist heute Blogger und eine wich­tige Quelle für Quer­den­ker, Impf­skep­ti­ke­rin­nen und Ver­schwö­rungs­ideo­lo­gen. Während der Pan­de­mie stieg die Reich­weite seiner Kanäle rasant: eine Viertel Mil­lio­nen Abos auf Tele­gram, über 300.000 auf Youtube. Nach Sper­run­gen wegen Falsch­in­for­ma­tio­nen zu Corona ver­öf­fent­licht er außer­dem auf Rumble – „im zen­sur­freien Inter­net“, so Reitschuster.
Das Haupt­thema ist auch hier die Pan­de­mie, die – ange­zwei­felte – Wirk­sam­keit von Imp­fun­gen und die Kritik an Maß­nah­men zur Ein­däm­mung des Virus, vor allem an jenen, die Unge­impfte betref­fen. In einem Wochen­brie­fing schreibt Reit­schus­ter von einer „aktiv von Medien und Politik betriebene(n) Hetze“ und folgert in einem anderen: „Wir werden in einen men­ta­len Bür­ger­krieg getrie­ben“. Oft sind es ein­zelne, auf­peit­schende Voka­beln und Über­schrif­ten, die den Ton der Texte machen. Wenn zum Bei­spiel Chris­tian Drosten zum „Staatsvirologe(n)“ wird, zahlt reitschuster.de einmal mehr auf das Konto einer angeb­li­chen poli­ti­schen Kon­trolle von Wis­sen­schaft und Medien ein.
Ähnlich funk­tio­nie­ren auch emo­tio­nale Geschich­ten von ver­meint­li­chen Imp­f­op­fern. Ein rei­ße­ri­scher Titel etwa lautet „15-jäh­ri­ges Mädchen nach Impfung gestor­ben“. Zwar wird schon in der Unter­über­schrift klar, dass die Todes­ur­sa­che „unbe­kannt“ sei. Für hun­derte Tele­gram-Kom­men­ta­to­rin­nen aber stehen die Ursa­chen bereits fest: Impfung und Corona-Politik. Hier zeigt sich ein Muster: Die Texte ver­schwei­gen Fakten oft nicht, doch sie ver­zer­ren sie extrem. Bei sol­cher­ma­ßen irre­füh­ren­den Über­schrif­ten und Spe­ku­la­tio­nen fällt dies aber kaum ins Gewicht. svo

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22 Nov.: Feld­ana­lyse – Gegen­me­dien als Radikalisierungsmaschine

So genannte „alter­na­tive“ Medien sind für einen rele­van­ten Teil der deut­schen Bevöl­ke­rung zu einer wich­ti­gen oder sogar zur maß­geb­li­chen Infor­ma­ti­ons­quelle gewor­den. Das zeigen die Reich­wei­ten dieser Medi­en­ka­näle, aber auch ihre Mobi­li­sie­rungs­kraft für die Corona-Pro­teste ab 2020. Welche Medien zählen zu den „alter­na­ti­ven“ und warum? Was lässt sie zur Radi­ka­li­sie­rungs­ma­schine werden?

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15 Nov.: Moni­to­ring November

Immer mehr Men­schen nutzen „alter­na­tive“ Medien als Infor­ma­ti­ons­quelle. In den ver­gan­ge­nen Jahren und vor allem im Schlepp­tau der Corona-Demons­­tra­­tio­­nen gewan­nen Kanäle jen­seits der eta­blier­ten Medi­en­land­schaft eine immer größere Reich­weite. Diese Medien wirken weit in die Gesell­schaft und schüren das Miss­trauen gegen die par­la­men­ta­ri­sche Demo­kra­tie, gegen Wis­sen­schaft und eta­blierte Medien.

14 Nov.: R​T​ D​E

Wir zeigen den feh­len­den Teil zum Gesamt­bild. Also genau jenen Part, der sonst ver­schwie­gen oder weg­ge­schnit­ten wird.“ – Mit diesem Anspruch betrat der rus­si­sche Aus­lands­sen­der RT 2014 den deut­schen Medi­en­markt, zunächst mit einem Online-Portal. Russ­lands welt­weite Medi­en­of­fen­sive war eine Antwort auf den Krieg in der Ukraine. RT DE ver­brei­tete die Version der angeb­li­chen Macht­er­grei­fung von „Faschis­ten“ – als Recht­fer­ti­gung für Russ­lands Anne­xion der Krim. RT sieht sich selbst als eine „Infor­ma­ti­ons­waffe“, wie Chef­re­dak­teu­rin Mar­ga­rita Simon­jan sagte. Ihre Stra­te­gie: eine alter­na­tive Gegen­öf­fent­lich­keit zu schaf­fen und die „Kämpfer gegen das System“ als Res­source „im nächs­ten Infor­ma­ti­ons­krieg“ zu nutzen.

Die Bericht­erstat­tung zeigt, dass diese Stra­te­gie erfolg­reich ist. Erst die Flücht­lings­krise, dann der Brexit, aktuell die Corona-Krise: RT DE nutzt die Unzu­frie­den­heit der Men­schen und stei­gert so seine Nut­zer­zah­len. Rechte Kreise und Pegida-Akti­vis­tin­nen, EU-Skep­ti­ker und Kri­ti­ke­rin­nen der Corona-Maß­nah­men finden bei RT DE eine publi­zis­ti­sche Bühne. RT DE stei­gerte sein Audi­to­rium auf 1,4 Mil­lio­nen Nutzer im Sep­tem­ber 2021 und prä­sen­tiert sich als „füh­rende alter­na­tive Nach­rich­ten­quelle“. Der Ver­fas­sungs­schutz warnte jedoch vor der Des­in­for­ma­tion, die RT DE zu Corona verbreitet.

Auch im Novem­ber kon­zen­triert sich RT DE auf die Krisen: Flücht­linge im pol­nisch-bela­rus­si­schen Grenz­ge­biet und die Corona-Pan­de­mie. Die Bei­träge kri­ti­sie­ren das harte Vor­ge­hen Polens gegen die Flücht­linge und sehen ein Ver­sa­gen der EU-Asyl­po­li­tik. Zu Corona ver­brei­tet RT DE, dass die Impfung mit west­li­chen Vak­zi­nen angeb­lich schwere Neben­wir­kun­gen und zahl­rei­che Todes­fälle ver­ur­sa­chen. RT DE soli­da­ri­siert sich mit den „Unge­impf­ten“ und schürt die Unzu­frie­den­heit mit der Corona-Politik, während in Russ­land eine Impf­licht für manche Berufs­grup­pen längst exis­tiert. ssp

14 Nov.: Quer­den­ken auf Telegram

Die Quer­den­ken-Bewe­gung in ihrem Stamm­land Baden-Würt­tem­berg speist sich stark aus dem anthro­po­so­phi­schen Milieu und aus der Alter­na­tiv-Szene – das haben die Baseler Sozio­lo­gen Nadine Frei und Oliver Nachtwey im Auftrag der Hein­rich-Böll-Stif­tung erhoben. Die Wis­sen­schaft­ler beob­ach­ten eine wach­sende Radi­ka­li­sie­rung der bür­ger­li­chen Mitte durch die Quer­den­ken-Bewe­gung, mit klaren Ver­bin­dun­gen zur extre­men Rechten und der Bereit­schaft zur Gewalt. „Grüne wegen Wäh­ler­schwund genervt“, kom­men­tierte etwa Quer­den­ken (711 – Stutt­gart) aus der Hei­mat­stadt von Gründer Michael Ballweg, „das übliche Bashing“.

Auf dem Tele­gram-Kanal der Gruppe, mit rund 58.000 Abon­nen­tin­nen ihrem wich­tigs­ten Medium, ist im Novem­ber bemer­kens­wert, worum es nicht geht: die Aus­schrei­tun­gen bei Pro­tes­ten gegen Corona-Maß­nah­men in den Nie­der­lan­den und in Belgien etwa. Kaum the­ma­ti­siert werden auch die zurück­hal­tende Impf­be­reit­schaft der Deut­schen und extrem stei­gende Inzi­den­zen. Statt­des­sen übt sich Quer­den­ken in Selbst­ver­tei­di­gung und feiert eine angeb­li­che inter­na­tio­nale Ver­net­zung von Wien über Zagreb bis Mel­bourne und São Paulo. Und legt einen Rechen­schafts­be­richt über die Demons­tra­tio­nen 2020 vor, die gut eine Million Euro gekos­tet hätten.

Der Medi­zi­ner und Ver­schwö­rungs­ideo­loge Bodo Schiff­mann, eine wich­tige Figur in der Coro­na­leug­ner-Szene, warnt auf seinem Tele­gram-Kanal Alles Ausser Main­stream mit 154.000 Abon­nen­ten vor einer Impf­pflicht für bestimmte Berufs­grup­pen. „Die Men­schen sterben an den Imp­fun­gen“, sagt er in einem Video. Und: Deutsch­lands „tota­li­täre Regie­rung“ voll­führe „einen Staats­streich“. m.m.

14 Nov.: Auf1

Auf1 ist ein öster­rei­chi­scher Online-TV-Sender, der seine Unab­hän­gig­keit betont. Er sendet täglich in ver­schie­de­nen Video­for­ma­ten im deutsch­spra­chi­gen Raum. Am 31. März 2021 ging Auf1.tv online und hat sich seitdem zu einem bekann­ten Medium unter Ver­schwö­rungs­gläu­bi­gen ent­wi­ckelt. Neben der Inter­net­seite verfügt Auf1 über eine Tele­gram-Gruppe mit mehr als 150.000 Abon­nen­tin­nen. Betrei­ber und Chef­re­dak­teur des Senders ist der Öster­rei­cher Stefan Magnet. Bis 2007 war er ein füh­ren­des Mit­glied der rechts­extre­men Ver­ei­ni­gung „Bund Freier Jugend“ und steht heute der FPÖ nah. Auf1 findet man unter der glei­chen Geschäfts­adresse wie Info-Direkt, ein rechtes, pro-rus­si­sches Ver­schwö­rungs-Magazin, und Wochen­blick, ein Online-Medium der Medien24 GmbH, das sich seit Anfang 2021 sehr inten­siv und mit einer anti-grünen Spitze dem deut­schen Wahl­kampf widmete.
The­ma­tisch bespielt Auf1 vor allem die Pan­de­mie­po­li­tik. Der Sender mobi­li­siert gegen einen soge­nann­ten „Impf­zwang“. Wie­der­holt werden die Covid-Imp­fun­gen als „sinnlos“ dar­ge­stellt oder sogar als „Mord“. Hierzu werden soge­nannte Exper­ten befragt, die zum Bei­spiel angeb­lich „töd­li­che Neben­wir­kun­gen“ ein­zel­ner Wirk­stoffe und den angeb­li­chen Expe­ri­men­tal­cha­rak­ter aller Impf­stoffe her­vor­he­ben. In der Bericht­erstat­tung wird häufig auf rechte und ver­schwö­rungs­theo­re­ti­sche Nar­ra­tive zurück­ge­grif­fen. In einem Bericht über den Zustand der Land­wirt­schaft etwa heißt es: „Die Glo­ba­lis­ten wollen alle Aspekte unseres Lebens kon­trol­lie­ren und inter­na­tio­nal gleich­schal­ten.“ Diese Ent­wick­lung wird in einen Zusam­men­hang mit dem „Great Reset“ gestellt, einer ver­brei­te­ten Ver­schwö­rungs­er­zäh­lung vom angeb­li­chen Plan einer wirt­schaft­li­chen Neu­ge­stal­tung durch die Covid-Pan­de­mie. KW

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28 Okt.: das System

Die Behaup­tung, ein kom­ple­xes System arbeite im Inter­esse einiger Weniger gegen die Mehr­heit der Bevöl­ke­rung Die Rede von „dem System“ taucht in vielen so genann­ten „Alter­na­tiv­me­dien“ auf. Mit dem Begriff,...

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28 Okt.: Wider­stand als Pflicht

Von der Über­zeu­gung Wider­stand leisten zu müssen, da alle anderen Mittel aus­ge­schöpft seien Die Demons­tra­tio­nen gegen die Maß­nah­men zur Ein­däm­mung der Corona-Pan­­de­­mie sind in den ver­gan­ge­nen Monaten zuneh­mend radi­ka­ler gewor­den: von...